In nahezu allen Branchen kann man diese Form der Erwerbstätigkeit finden: die selbstständige Tätigkeit im Auftrag Dritter – eine zugegebenermaßen sperrige Bezeichnung für eine sehr häufige Form der Freiberuflichkeit in Deutschland.

Freiberufliche Lehrkräfte im Auftrag Dritter – Rat und Hilfe. Foto: Elias Martin
Selbstständige Tätigkeiten im Auftrag Dritter
Menschen sind bei der selbstständigen Tätigkeit im Auftrag Dritter für einen Auftraggebenden oder mehrere Auftraggebende freiberuflich tätig. Die Auftragnehmenden rechnen ihre erbrachten Leistungen mit den Auftraggebenden ab, jeweilige Verträge mit den Endkunden werden durch die Auftraggebenden geschlossen. Soweit so klar und so einfach.
Ausgangspunkt
Aber: Insbesondere der Deutschen Rentenversicherung (DRV) waren diese Tätigkeiten schon lange ein Dorn im Auge. Bereits das sogenannte Ahaus-Urteil (B 12 R 3/17 R) vom März 2018 war mit Spannung erwartet worden. Der 12. Senat des Bundessozialgerichts hob dann alle anderslautenden Entscheidungen der Vorinstanzen und auch der DRV auf und befand die Lehrkraft als selbstständig tätig.
Im nächsten Musikschulfall aus Herrenberg allerdings wurde bereits vier Jahre später im Juni 2022 gegensätzlich entschieden. Zwar war der gesamte Fall auch anders gelagert, dennoch nahm die DRV das Herrenberg-Urteil (B12 R3/20R) zum Anlass, alle Tätigkeiten im Auftrag Dritter als scheinselbstständig einzustufen und dies branchenübergreifend.
Besonders im Bildungsbereich schlug diese Entwicklung hohe Wellen. Proteste wurden laut und über verschiedene Kanäle den politischen Entscheidungsträgern übermittelt. Das Bundesministerium unter der Federführung des damaligen Staatssekretärs Dr. Rolf Schmachtenberg initiierte Gespräche zwischen Akteuren des Bildungsbereichs und der Deutschen Rentenversicherung. Im Herbst jedoch zeichnete sich erkennbar ab, dass diese Bemühungen nicht zu einer tragfähigen Lösung führen würden. Es musste eine Gesetzesinitiative gestartet werden, welche wir heute unter dem Begriff „Übergangsregelung“ kennen. Es ist der § 127 im 4. Sozialgesetzbuch.
Übergangsregelung
Dieses Gesetz, welches am 30.01.2025 vom Bundestag beschlossen und am 14. Februar 2025 vom Bundesrat bestätigt wurde, sichert die selbstständigen Erwerbsverhältnisse von Lehrkräften bis zum 31. Dezember 2026 ab.
Wichtig ist jedoch, dass zwei Bedingungen erfüllt sind: beide Vertragsparteien müssen bei Vertragsschluss von einer selbstständigen Tätigkeit ausgegangen sein, außerdem müssen die Auftragnehmenden den selbstständigen Vertragsverhältnissen ausdrücklich schriftlich zustimmen. Der DTKV hat zur Übergangsregelung ein Orientierungspapier erstellt, welches auf der Website zu finden ist. Außerdem befindet sich dort das Muster einer Zustimmungserklärung. Spätestens ab März 2025 tritt die Pflicht zur Rentenversicherung in Kraft. Im Bildungsbereich sind Lehrkräfte versicherungspflichtig, für künstlerische Lehrtätigkeiten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (Siehe nmz-Interview mit Hans-Jürgen Werner in der Ausgabe April 2025).
Ausblick
Die Übergangsregelung hat allen Beteiligten aus dem Bildungsbereich Zeit verschafft, eine nachhaltige Lösung des Problems stellt sie jedoch nicht dar. Rückwirkende Forderungen der Versicherungsträger sind zwar weitestgehend vom Tisch, dennoch stellt sich die Frage, wie selbstständige Tätigkeiten im Auftrag Dritter künftig rechtssicher möglich sein können. Der DTKV hat bei der Fortsetzung seiner konstituierenden Sitzung des neu geschaffenen Bundesausschusses am 03. Juli 2025 einstimmig mit allen Landesverbänden den „Dualen Weg“ als politisches Ziel bestätigt.
Der DTKV macht sich dafür stark, dass abhängige Beschäftigungen und selbstständige Tätigkeiten weiterhin nebeneinander existieren können. Hierfür braucht es erneut eine Gesetzesinitiative. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat solch ein Gesetz bereits in Planung und es soll, laut Informationen aus dem Ministerium, Anfang 2026 als Entwurf vorgestellt werden. Das Besondere diesmal: es soll ein Gesetz für alle Branchen entstehen, nicht nur spezifisch für den Bildungsbereich. Des Weiteren existiert eine Bundesratsinitiative, angestoßen durch die Länder Berlin, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern. Auch diese könnte fortgeführt werden.
Es wird die Aufgabe der Kulturverbände sein, hier auf das Ministerium einzuwirken, damit das geplante Gesetz auch den Bedürfnissen von Künstlerinnen und Künstlern gerecht wird. Insbesondere die Kombination aus Selbstständigkeit in Verbindung mit der KSK stellt hier eine Besonderheit dar, welche Beachtung finden muss.
Hans-Jürgen Werner ist Justiziar des DTKV und des Deutschen Verbands für Tanzpädagogik. Schon im September 2023 entwickelte er das sogenannte „Werner-Konzept“. Ein Vertragsmodell, welches den Kriterien des Herrenberg-Urteils Rechnung trägt und dennoch selbstständige Tätigkeiten im Auftrag Dritter möglich macht.
Fragen an Hans-Jürgen Werner
Deutscher Tonkünstlerverband: Was ist das Charakterisierende an dem von Ihnen entwickelten Vertragskonzept?
Hans-Jürgen Werner: Das Konzept wurde im Rahmen zweier konkreter Statusfeststellungsverfahren an einer künstlerischen Tanzschule gemeinsam mit dem Inhaber und zwei der selbständig tätig sein wollenden Dozentinnen entwickelt. Die Kriterien der Rechtsauslegung der Spitzenorganisationen sind damals eingeflossen. In beiden freiwilligen Verfahren auf Feststellung des Erwerbsstatus stellte die DRV daraufhin eine selbständige Lehrertätigkeit fest!
DTKV: Inzwischen gilt die Übergangsregelung. Braucht es weiterhin Vertragskonzepte, die dem Herrenberg-Urteil Rechnung tragen?
Werner: Nach meinem Verständnis ist es eine Aufgabe der Verbände, sich mit der DRV auf Konzepte zu verständigen, die auch ohne Änderung der Organisationsstrukturen eine selbständige Lehrtätigkeit rechtssicher ermöglicht. Allerdings sind die bisher bekannten konzeptionellen Lösungsvorschläge aktuell nicht zielführend. Die DRV hat einen Textbaustein entwickelt, der keine Merkmale mehr für eine selbständige Lehrtätigkeit beinhaltet. Es gilt daher weiterhin: hartnäckig bohren, bis das Brett durch ist – bei der DRV und auch bei den politischen Entscheidungsträgern.
DTKV: Damit selbstständigen Tätigkeiten im Auftrag Dritter auch ab dem 01.01.2027 an kulturellen Bildungseinrichtungen möglich sind – Was muss ein Gesetz aus dem BMAS unbedingt beinhalten?
Werner: Diese Thematik lässt sich in wenigen Sätzen nicht darlegen, denn es geht nicht nur um die selbständige Lehrertätigkeit im Auftrag der kulturellen Bildungsanbieter, sondern aller Bildungsanbieter, zum Beispiel auch der Volkshochschulen, des BMAS und des BAMF. In die gesetzgeberischen Überlegungen sind alle Branchen einzubeziehen, die eine soloselbständige Dienst- oder Werkleistung im Auftrag Dritter gewährleistet wissen wollen. Hier rege ich an, sich auf der Webseite der BAGSV (https://www.bagsv.de) über die Überlegungen für notwendige gesetzlichen Klärungen zu informieren.
DTKV: Die KSK stuft, ähnlich wie die DRV, Tätigkeiten an Musikschulen fast immer als abhängig beschäftigt ein. Sie verlangt für die Aufnahme neuer Mitglieder daher die Zustimmungserklärung. Wie sollen die Antragstellenden damit umgehen?
Werner: In der Annahme, dass es hier um die Feststellung der Versicherungspflicht der lehrenden Künstlerinnen und Künstler geht, die eine selbständige Lehrertätigkeit tatsächlich wollen, rege ich an, die geforderte Zustimmungserklärung zu erteilen. Wenn die Mitgliedschaft in der KSK anschließend nur befristet bestätigt wird, sollte gegen die Befristung Widerspruch eingelegt werden.
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