Am 9. November 2024 stehen bei der Bundesdelegiertenversammlung die Wahlen für das Bundespräsidium des DTKV an. Der Landesverband NRW möchte Judith Lenz als Kandidatin für das Präsidium für die Funktion einer Beisitzerin nominieren. Frau Lenz verfügt als Dipl. Dipl. Musikpädagogin durch ihr Studium der Instrumentalpädagogik (Klavier) und AME sowie durch ihre Tätigkeit an VdM-Musikschulen sowohl in Festanstellung als auch als Honorarkraft über einen breiten Erfahrungshorizont, der das Profil eines Großteils unserer Mitglieder umspannt. Sie ist mit der Praxis und den Herausforderungen an der Basis der musikalischen Bildung bestens vertraut.
Wahlen des DTKV-Bundespräsidiums 2024
Ihr besonderes Interesse gilt der musikalischen Talent- und Nachwuchsförderung, auch in dem Wissen, dass der klangvolle Ausbildungsmarathon eines Musikers beziehungsweise eines Musikpädagogen schon im frühesten Kindesalter beginnt und ständige Anpassung verlangt. Mit großem Engagement hat sie ein Vernetzungsprogramm unter dem Titel #patenschaftaufohrenhöhe ins Leben gerufen (siehe Oktober-Ausgabe der nmz). Ein Programm, das bundesweit Modellcharakter haben könnte und das eine Ideensammlung darstellt, die niedrigschwellig umsetzbar ist. Als Mitglied des Bundespräsidiums könnte sich Judith Lenz zum Beispiel um Themen der kulturellen Bildung und Jugendförderung kümmern.
Sie ist bereits Vorstandsvorsitzende im Bezirksverband Düsseldorf/Mettmann und initiiert und organisiert dort regelmäßig Konzerte.
Judith Lenz ist eine Meisterin der Vernetzung, sie ist offen für neue Wege und besitzt die Fähigkeit, auf Menschen zuzugehen. In einem von Lebensfreude und Lachen geprägten Interview erzählte Frau Lenz von ihrem Einsatz und Engagement für die kleinen und großen Musiker*innen und ihren Ideen und Plänen.
Cordula Schlößer-Braun: Frau Lenz, seit wie vielen Jahren unterrichten Sie an Musikschulen?
Judith Lenz: Seit 25 Jahren, was sich schon recht langweilig anhört, aber keinesfalls langweilig ist, wofür meine aktuelle Schülerschaft von 5 bis 81 Jahren wöchentlich sorgt! Meine Arbeitszeiten verteilen sich auf den Einsatz in Festanstellung und als Honorarkraft an verschiedenen Schulen. Der Unterricht mit Schüler*innen mit und ohne Behinderung aber auch mein Arbeiten in der Spitzenförderung durch mittlerweile über 70 Teilnahmen im Wettbewerb „Jugend musiziert“ auf allen Ebenen erfüllen und inspirieren mich.
Schlößer-Braun: Üben Sie auch noch andere Tätigkeiten im musikalischen Bereich aus?
Lenz: Als langjährige Vorsitzende im Lehrerrat der Musikschule und als Fachbereichsleitung Tasteninstrumente kenne ich die Arbeit im Team, die immer ein Gewinn ist. Durch Korrepetition lerne ich das Kollegium besser kennen, und oft ergeben sich daraus Kammermusikmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche untereinander. Viel Kammermusik, Musikfreizeiten mit meiner Klavierklasse, gemeinsame Backaktionen, gemeinsame Besuche von Konzerten und Museen fördern ein natürliches Miteinander und Freude am gemeinsamen Musizieren.
Schlößer-Braun: Hat sich in den letzten Jahren signifikant etwas verändert im Unterricht? Bei den Schüler*innen, aber vielleicht auch bei den Lehrenden?
Lenz: Ich denke, der Umgang mit modernen Medien, der sich in der Corona-Zeit zwingend etablierte, kann nun eine freiwillige Bereicherung des Unterrichts ermöglichen. So bietet zum Beispiel das Verschicken von Audios im Kontext mit Übemotivation eine Chance, ebenso wie Online-Meetings der Lehrkräfte.
Schulische Anforderungen an die Kinder und Jugendlichen stehen oft sehr im Vordergrund. Als Instrumental- und Gesangspädagogen sind wir gefragt, diesen Forderungen und Förderungen in unserem Unterricht zu entsprechen, das beginnt schon damit, die vielerorts immer kleiner werdenden Zeitfenster für Instrumentalunterricht am Nachmittag sensibel zu nutzen. JeKits, Drehtürmodelle, EMSA und so weiter bieten Lösungen an, die wiederum die Lehrenden vor neue, womöglich stressende Herausforderungen stellen in einem sich deutlich wandelnden Berufsbild. Hier kann ein guter Austausch auf Lehrkraftebene Beruhigung und neue Ideen bieten; auch Soloselbständige sollten sich nicht alleine fühlen müssen, stattdessen von einer Mitgliedschaft zum Beispiel im DTKV profitieren und diese als Chance und sich als Teil einer professionellen Gemeinschaft mit konstruktiven Ideen erleben.
Schlößer-Braun: Wie stellt sich die Honorardebatte für Sie dar? Sie sehen ja beide Seiten: Lehrende und Eltern, denen etwaige höhere Kosten „verkauft“ werden müssen.
Lenz: Honorardebatten geschehen ja auf verschiedenen Ebenen. Festanstellungen sollten für alle, die eine solche anstreben, selbstverständlich werden und damit einhergehend finanzielle Sicherheit. Kulturelle Bildung für die Jugend hat ihren Preis, zahlt sich aber weltweit immer aus. Ein Parteien übergreifender Konsens über stärkere staatliche Förderung würde sowohl der Breiten- als auch der Spitzenförderung zugute kommen.
Schlößer-Braun: Sie engagieren sich für junge Musizierende. Wie genau definiert sich das in Ihrer Arbeit?
Lenz: Ich versuche, jedes Individuum bestmöglich wahrzunehmen, nach seinen individuellen Möglichkeiten bestmöglich zu fördern und setze dabei auf offene Kommunikation und die Mithilfe meiner Schüler*innen und ihrer Eltern. Kammermusik von Anfang an schafft eine große Selbstverständlichkeit für Klangerzeugung vor und mit anderen sowie Musizierlust. Konzertteilnahmen setzen Ziele für die Schüler*innen, auf die es sich hinzuarbeiten lohnt. Ein „Wir-Gefühl“ beinhaltet, dass sich jede/r in der Schülerschaft einer Instrumental- oder Gesangsklasse als wahrgenommenen, als wichtigen Teil derselben fühlt, diese Gemeinschaft wertschätzt und Freude durch sie verspürt. Im besten Falle lernt man so gleich mit, sich gerne einzubringen und eine gewisse Verantwortung zu übernehmen. So hat jede/r die Chance, sich wertvoll zu fühlen, zum Beispiel auch durch die Teilnahme an einem Benefizkonzert.
Schlößer-Braun: Für den DTKV würden Sie sozusagen als Bindeglied zwischen der aktiven Basis und dem Verband stehen. Was stellen Sie sich als Aufgabenschwerpunkte vor?
Lenz: Die offene Kommunikation mit den Landesverbänden und der Kontakt zur Basis erscheint mir grundlegend wichtig, da diese über regional wichtige Themen informiert sind, die im engen Austausch auf Bundesebene gebündelt mitgliederdienlich bearbeitet werden können. Der Verband bildet das ganze Feld der Musikberufe ab. Das erfordert eben auch, dass sich jedes einzelne Mitglied im Verband wahrgenommen, vertreten und gut aufgehoben fühlt. Auch hier trifft die Beschreibung: eine gute Gemeinschaft im Sinne eines Community-Gedankens. Dafür möchte ich mich gerne einsetzen. Dies bedeutet nicht nur Zufriedenheit, sondern womöglich Werbung für den DTKV, neue Mitgliedschaften und somit wachsende Stärke im Hinblick auf das Begegnen politischer Themen und dadurch noch mehr Gewinn für jedes Mitglied. In diesem Sinne kann man sicher auch von Nachwuchsförderung sprechen, nämlich von der, den Verband betreffend.
Kulturelle Bildung ist mir als Musikschulbeauftragte für Talent- und Nachwuchsförderung/SVA mit unter anderem dem Thema „Jugend musiziert“ eine Herzensangelegenheit.
Für die Nachwuchsgewinnung, sei es auf künstlerischer oder musikpädagogischer Ebene, oder die Verjüngung des klassischen Konzertpublikums betreffend, möchte ich mich ebenso gerne einsetzen. Hier ist auch das Schwarmwissen bestehender Verbandsmitglieder sehr kostbar zur Methodenfindung. Auf allen Ebenen Vernetzung, das scheint mir wichtig.
Schlößer-Braun: Was, denken Sie, kann getan werden, um der bereits geschehenen Kappung der Zuschüsse für beispielsweise Jugend musiziert auf Bundesebene entgegenzuwirken?
Lenz: Der DTKV könnte mit einem starken Partner wie unter anderem dem VdM mit mehr Gewicht der bundesweiten Kulturkürzungspolitik begegnen, die ja letztendlich alle betrifft.
Zudem könnte sich die Bundeselternvertretung stark machen für die gemeinsamen Interessen aller Kinder.
Des Weiteren könnte man den bislang rein künstlerischen Wettbewerb öffnen für andere Sparten, die Musikpädagogik – wie nun in Hamm/Westfalen als Pilotprojekt für 2025 erstmalig geplant – um womöglich den Kreis der Unterstützer/Sponsoren zu erweitern.
Schlößer-Braun: Im Juni dieses Jahres wurde die MULEM-EX-Studie veröffentlicht. Hier wurde unter anderem deutlich, dass sich die Studierendenzahlen für das Lehramt Musik und für die Instrumentalpädagogik im Sinkflug befinden. Haben Sie Ideen, wie dem entgegengewirkt werden kann?
Lenz: Ja natürlich! Die Arbeits-Leistung angemessen vergüten! Die Jugend von heute hat schneller eine Vergütungstabelle im Internet runtergeladen als ich. Die Liebe zur Musik – fast Synonym für Naivität und Weltfremdheit – ist dann leider zumeist unerstaunlicherweise die Unterlegene, weil sie dem gesunden Menschenverstand und Überlebenswillen, sprich: handfestes gutes Geld zu verdienen! nichts entgegenzusetzen weiß.
Zudem, ein Musikunterricht, der in der Schule gar nicht stattfindet oder zu oft ausfällt, kann nicht wichtig sein. Dies bekommen die Kinder und Jugendlichen von Erwachsenen vorgelebt. Die Vorbildfunktion funktioniert leider auch im Negativbeispiel.
Schlößer-Braun: Gibt es Zusammenarbeiten zwischen den Musik- /Primärschulen und den Hochschulen?
Lenz: Bestimmt... Wie viel da tatsächlich faktisch und nachhaltig geschieht, vermag ich nicht zu beurteilen. Die Notwendigkeit ist hoffentlich unumstritten, und sinnvolle Berührungspunkte gibt es ja zu vielen Themen, wie beispielsweise fachdidaktische Seminare an Hochschulen oder Mentoren an Musikschulen.
Schlößer-Braun: Den nmz-Lesenden sind Sie durch die letzte Ausgabe aufgefallen. Sie haben eine Vernetzungsoffensive gestartet unter dem Titel #patenschaftaufohrenhöhe, die daran arbeiten will, Nachwuchs- und Talentförderung nachhaltig und bundesweit in der musikalischen Bildungslandschaft zu installieren. Schildern Sie doch noch einmal ein bisschen Ihre Arbeit, bitte:
Lenz: Unsere Initiative versteht sich als Ideensammlung, die kostenlos von Musikhochschulen und Musikschulen genutzt werden kann. Zentral ist hierbei die Vernetzung in Form einer Patenschaft die Jungstudierende (Paten) über Musikschulschüler*innen oder Gesangs- und Instrumentalschüler*innen (Patenkinder) freier Pädagogen übernehmen. Der DTKV NRW hat sich uns angeschlossen und kann nun seinen Mitgliedern die Partizipation anbieten. Hier agieren im Vordergrund die Jugendlichen miteinander, die Gruppe, um deren Zukunft es geht, die Künstler*innen und IG-Pädagogen von morgen, die dringend ein kunstaffines Publikum benötigen, wenn Kunstausübung noch einen Adressaten finden möchte und zukünftige Eltern noch Kinder zu IG-Unterrichten schicken sollen.
Bei unserer Vernetzungsoffensive, die wir in NRW gestartet haben, ist selbstverständlich auch der Austausch der Erwachsenen auf Ohrenhöhe gewünscht. Auch davon profitieren die Jugendlichen und hoffentlich gelingt damit ein Beitrag zur Nachwuchsförderung.
Es eröffnen sich mannigfaltige Vernetzungsmöglichkeiten, die unter anderem Instrumentalschülern niedrigschwellig einen Einblick in ein Musikstudium gewähren und Jungstudierenden zum Beispiel Auftrittsmöglichkeiten oder Praktikumsgelegenheiten bieten.
Nähere Informationen erhält man neben unserer Socialmedia-Präsenz auf unserer Homepage www.patenschaftaufohrenhoehe.de
Schlößer-Braun: Frau Lenz, viel Erfolg in Ihrem weiteren Tun und für die Wahl am 9.11.2024. Danke für das Interview.
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