Der Verband Bayerischer Sing- und Musikschulen e. V. (VBSM) beging im vergangenen Jahr sein 50-jähriges Jubiläum. Aus diesem Anlass wird in einer kurzen Serie aus jedem Jahrzehnt ein Meilenstein der Verbandsgeschichte vorgestellt. In dieser Ausgabe geht es um die Sing- und Musikschulverordnung aus dem Jahr 1984.
Wo Musikschule drauf steht, ist auch Musikschule drin“: Ein zentrales Ereignis in der Geschichte des bayerischen Musikschulwesens ist die Verabschiedung der Verordnung über die Führung der Bezeichnung Singschule und Musikschule (Sing- und Musikschulverordnung) durch das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus am 17. August 1984. Sie ist das Ergebnis einer Entwicklung, die maßgeblich von Ministerialrat Dr. Erich Stümmer mitgestaltet wurde.
Er regte 1961 die Gründung der Landesarbeitsgemeinschaft der Sing- und Musikschulen an. Seiner Initiative ist auch die 1962 erlassene Veröffentlichung der ersten Bekanntmachung über Ordnung und Förderung des Sing- und Musikschulwesens in Bayern mit Aussagen zum Auftrag von Singschulen und Musikschulen, zu Flächendeckung, gemeindlicher Aufgabe und staatlicher Mitverantwortung, zur Institutsbezeichnung, zum fachlichen Angebot und zur Qualifikation des Lehrpersonals zu verdanken. Am 17. Juli 1968 folgte eine zweite Bekanntmachung mit Satzungsmustern und Lehrplänen. Mit dem Bayerischen Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) vom 10. September 1982 wurden schließlich die rechtlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Rechtsverordnung geschaffen.
Damit war der Weg für die Sing- und Musikschulverordnung geebnet, die schließlich 1984 verabschiedet wurde und bis heute beispielhafter Ordnungsrahmen für die Arbeit an den bayerischen Sing- und Musikschulen ist. In ihr werden Qualitätsmaßstäbe definiert, die von einer Institution erfüllt werden müssen, damit sie sich als Singschule, Musikschule oder Sing- und Musikschule bezeichnen darf. Diese Mindestanforderungen sollen den besonderen Wert der musikalischen Erziehung der Jugend sichern. Kinder und Jugendliche und deren Erziehungsberechtigte sollen davor geschützt werden, im Vertrauen auf den guten Klang der Bezeichnung Singschule bzw. Musikschule Einrichtungen zu besuchen, deren fachliche Leistungen den nötigen Qualitätsanforderungen nicht genügen. Somit beinhaltet das Recht, den Namen Singschule bzw. Musikschule zu tragen, gleichzeitig auch die Verpflichtung der betreffenden Institutionen, ihren Schüler*innen eine qualitativ hochwertige musikalische Ausbildung zukommen zu lassen. Das Ministerium formuliert damit einen Anspruch an Einrichtungen, die mit staatlichen Mitteln gefördert werden. „Wir haben mit der damals gewagten rechtlichen Konstruktion einer Rechtsverordnung unseren Schulen ein rechtliches Fundament verschafft. Auf dem Musikmarkt tummelten sich damals eine Menge von Anbietern unterschiedlichster Musiklern- und -lehrmethoden. Sie bewegten sich in einem Klima der allgemeinen Aufbruchsstimmung, die seit den 70er Jahren festzustellen war. Es ging uns nicht darum, alle diese vielfältigen Angebote zu schmähen und in ihrer nachhaltigen Wirksamkeit gering zu achten. Uns ging es um Begriff und Inhalt einer Musikschule. Unser Bemühen zielte auf eine grundsätzliche Klärung, wer sich überhaupt künftig Musikschule sollte nennen dürfen. Wir wollten als eine Bildungseinrichtung gelten, die ein breites fachliches Angebot, qualifiziertes und in seiner Rechtsstellung stabiles Fachpersonal, eine geordnete Organisation und eine möglichst sozial gestaltete Palette der Unterrichtsentgelte aufwies. Mit der Rechtsverordnung war dieses Ziel glücklich erreicht“, erläutert Dr. Josef Höß, zur damaligen Zeit Präsident des VBSM, die Bedeutung des konsequenten Namensschutzes für die Sing- und Musikschulen in Bayern.
Ministerialrat Dr. Dirk Hewig hat die Sing- und Musikschulverordnung im Dezember 1984 unter der Überschrift „Endlich ist der Name geschützt“ in der Neuen Musikzeitung vorgestellt. Er schreibt: „Das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus erhofft sich von der Verordnung, die in enger Zusammenarbeit mit den Fachvertretern erstellt wurde und im Anhörungsverfahren bei den betroffenen Institutionen und Verbänden auf breite Zustimmung gestoßen ist, eine weitere Hebung des Niveaus der bayerischen Sing- und Musikschulen. Die Verordnung soll einen gewissen Wildwuchs beschneiden. Andererseits sind die Regelungen so offen gehalten, dass sie keine unzumutbaren Einschränkungen bringen.“
Doch was bedeutet die Sing- und Musikschulverordnung für die praktische Arbeit an den Sing- und Musikschulen? Was können Schüler*innen und ihre Eltern erwarten?
Zunächst bieten die öffentlichen Sing- und Musikschulen ihren Schüler*innen basierend auf den Rahmenlehrplänen des Verbandes deutscher Musikschulen e. V. eine große Vielfalt an Unterrichtsangeboten. Das umfasst zum einen eine ganzheitliche musikalische Grundausbildung als Basis für den nachfolgenden Instrumental- und Vokalunterricht. Eine Musikschullaufbahn beginnt demnach grundsätzlich mit der Elementarstufe: Diese richtet sich vor allem an Vor- und Grundschulkinder und öffnet ihnen durch den spielerischen und schöpferischen Umgang mit allem, was klingt, einen Zugang zur Welt der Musik. Zum anderen können die Schüler*innen aus einer breiten Palette an Streich-, Zupf-,Holzblas-, Blechblas-, Schlag- und Tasteninstrumenten, Stimmbildung und Gesang wählen. Der Unterricht erfolgt dabei ausschließlich durch ausgebildete Musikpädagog*innen, sodass eine hohe Qualität der Lehre sichergestellt wird. Diese müssen in soliden Arbeitsverhältnissen angestellt werden. Dadurch wird einerseits die wirtschaftliche, rechtliche und soziale Stellung der Lehrkräfte gesichert. Auf der anderen Seite haben die Schüler*innen die Sicherheit, dass Lehrkräfte der Schule über einen längeren Zeitraum hinweg verbunden bleiben, sodass häufige Wechsel vermieden werden können und eine kontinuierliche Ausbildung gewährleistet wird. Außerdem erhalten die Schüler*innen von Anfang an, begleitend zum instrumentalen bzw. vokalen Hauptfachunterricht, die Gelegenheit zum gemeinsamen Musizieren in Ensembles, Chören und Orchestern. „Das Singen und Musizieren mit Anderen ist das Herzstück der Arbeit an öffentlichen Sing- und Musikschulen. Die kontinuierliche Ensemblearbeit bildet mit dem Unterricht im Instrumental- oder Vokalfach eine aufeinander abgestimmte Einheit und stellt ein herausragendes Merkmal öffentlicher Musikschularbeit dar“, so Markus Lentz, 1. Vorsitzender des VBSM. Darüber hinaus soll der Zugang zu Sing- und Musikschulen möglichst allen Mitgliedern der Gesellschaft offenstehen, unabhängig von Faktoren wie der sozialen Herkunft. In diesem Sinne verpflichten sich die Musikschulen durch die Sing- und Musikschulverordnung dazu, soziale Gesichtspunkte in der Gebührengestaltung zu berücksichtigen.
„Die Qualitätsmaßstäbe der Sing- und Musikschulverordnung haben sich bis heute im gesamten Freistaat als unbedingt erstrebenswertes Ziel etabliert. Unsere Sing- und Musikschulen haben dieses Ziel erreicht und kontinuierlich erweitert. Sie bieten allen musikbegeisterten Menschen in ihrer Region hochwertigen Unterricht mit einem attraktiven Angebot und zu sozialverträglichen Preisen“, resümiert Markus Lentz. Auch Vorstandsmitglied Burkard Fleckenstein zieht in der Chronik zum 50-jährigen Jubiläum des VBSM ein sehr positives Fazit: „Die Verordnung gilt in ihrer komprimierten und gleichzeitig umfassenden Form auch im bundesweiten Vergleich als Musterbeispiel für eine gelungene Definition der Musikschule.“
Neugierig geworden?
Anlässlich seines 50-jährigen Jubiläums hat der VBSM im vergangenen Jahr eine Chronik zur Verbandsgeschichte herausgegeben. Auf mehr als 200 Seiten schildert Vorstandsmitglied Burkard Fleckenstein die Geschichte des VBSM mit allen Herausforderungen, Erfolgen, Rückschlägen und bahnbrechenden Entscheidungen, die den Verband zu dem gemacht haben, was er heute ist.
Die Chronik ist gegen einen Selbstkostenbeitrag von 10 Euro in der Geschäftsstelle des VBSM (info [at] musikschulen-bayern.de (info[at]musikschulen-bayern[dot]de)) erhältlich.