Hauptbild
Ein kleiner Teil eines Chors auf einer Bühne mit hölzerner Rückwand mit roten Panelen. Das Foto stammt (der Kleidung nach) aus einer Probe.

Foto: Edin Mujkanovic

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Chorleitung C3 Pop/Jazz 

Untertitel
Ein Pilotlehrgang mit Perspektive in der Landesmusikakademie NRW
Vorspann / Teaser

Die Leitung eines Chores im Bereich Pop und Jazz stellt besondere künstlerische und didaktische Anforderungen. Während in der klassischen Chormusik häufig homogener Gesamtklang im Vordergrund steht, lebt ein Pop- oder Jazzchor von Stilvielfalt, rhythmischer Präzision und individueller Klanggestaltung. 

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Um Chorleitende gezielt auf diese anspruchsvolle Aufgabe vorzubereiten, rief die Landesmusikakademie NRW in Kooperation mit dem Chorverband NRW sowie der Arbeitsgemeinschaft Musik im Amateurbereich des Landesmusikrats NRW den Pilotlehrgang „Chorleitung C3 Pop/Jazz“ ins Leben – ein zukunftsweisendes Weiterbildungsformat, das neue Maßstäbe setzt. Über sieben intensive Präsenzphasen hinweg – ergänzt durch Online-Einheiten – entwickelten die Teilnehmenden ihre musikalischen, methodischen und künstlerischen Fähigkeiten kontinuierlich weiter. Das Lehrgangsteam – Helmut Pieper, Volker Arns, Victoria Semel, Nikola Materne und Edin Mujkanovic – vermittelte seine Expertise mit sichtlicher Leidenschaft. Die Gruppe der Teilnehmenden war so vielfältig wie das Repertoire, das erarbeitet wurde: Vom ambitionierten Chorsänger bis zur studierten Jazzpianistin fanden Menschen zusammen, die ihre Liebe zur Vokalmusik mit Leitungskompetenz verbinden wollten.

Im Zentrum der Ausbildung stand die Probenmethodik – das Herzstück jeder gelungenen Chorarbeit. Ziel war es, Proben effizient und stilgerecht zu gestalten sowie die musikalische und technische Entwicklung der Sänger:innen gezielt zu fördern. Es ging aber um mehr als Organisation und Ablauf: Gefragt waren ein feines Gespür für Klangentwicklung, ein kreativer Umgang mit musikalischen Herausforderungen und die Fähigkeit, Ensembles lebendig und motivierend zu führen. Technische Aspekte wie Intonation, Timing und Dynamik wurden ebenso geschult wie stilistische Feinheiten – stets begleitet von der zentralen Frage: Wie klingen Groove, Energie und Emotion im Chor?

Der Einsatz von Call-and-Response, Bodypercussion, Improvisation und anderen spielerischen Elementen förderte das musikalische Verständnis ebenso wie die stilistische Authentizität. Die Bandbreite reichte von Swing und Gospel über Funk und Latin bis hin zu modernen Pop- und World-Music-Strömungen. Für eine lebendige Umsetzung bedarf es stilistischer Kenntnisse ebenso wie rhythmisch flexibler und zugleich präziser Dirigiertechnik, die praxisnah vermittelt und eingeübt wurde. Ein Pop- oder Jazzchor ist wie ein farbenreicher Klangkörper: pulsierend wie ein Beat, schwebend wie eine Synth-Fläche oder rau wie eine verzerrte Gitarre. Chorische Imitationen von Instrumentalklängen, Soundeffekten oder perkussiven Elementen erfordern von der Chorleitung feines Gehör und ein hohes Maß an gestalterischer Fantasie. Klangliche Nuancen wie Ghostnotes, Glissandi oder Atemakzente wurden gezielt erarbeitet, um den typischen Sound populärer Musik authentisch entstehen zu lassen.

Ein weiterer Fokus lag auf gesundem und stilsicherem Stimmeinsatz. Techniken wie Belt und Twang, der flexible Wechsel zwischen Kopf- und Bruststimme sowie das bewusste Variieren der Stimmbandmasse waren zentrale Themen in der Stimmbildung. Die Grundlage dafür bilden eine stabile Tiefenatmung, gezielte Stütze und das Lösen überflüssiger Spannungen – alles mit dem Ziel, eine tragfähige, wandlungsfähige und klangschöne Gesangstechnik zu entwickeln. Ergänzt wurde dies durch die Arbeit am Phrasing, das dem Gesang Ausdruck, Natürlichkeit und Charakter verleiht.

Auch musiktheoretische Grundlagen kamen nicht zu kurz: Harmonielehre, Gehörbildung, Formenlehre sowie Einblicke in die Geschichte von Pop, Jazz und Rock vertieften die musikalische Perspektive. Theorie und Praxis griffen dabei stets ineinander, sodass das Erlernte direkt in der chorischen Arbeit Anwendung fand.

Fazit

Die Chorleitung im Bereich Pop und Jazz verlangt eine Synthese aus stilistischer Vielseitigkeit, dirigiertechnischer Präzision, pädagogischem Geschick und performativer Ausdrucksstärke. Der Lehrgang „Chorleitung C3 Pop/Jazz“ bot mehr als eine Qualifikation – er war ein inspirierender Erfahrungsraum, in dem sich Menschen mit Begeisterung, Talent und Neugier begegneten. Die intensive Verbindung von Theorie, Praxis und Didaktik ermöglichte es den Teilnehmenden, ihr künstlerisches Profil zu schärfen und sich auf die komplexen Anforderungen moderner Chorarbeit vorzubereiten. Das Format stärkt die Pop- und Jazzchorlandschaft nachhaltig und fördert die Qualität dieser Ensembles.

Am Ende eines intensiven Prüfungswochenendes konnten 14 von 18 Teilnehmenden stolz ihr C3-Zertifikat entgegennehmen – Lohn für viele Stunden Probenarbeit, Übung und Reflexion. Die Freude über den gelungenen Abschluss war spürbar – und was bleibt, ist mehr als ein Zertifikat: Es ist die Fähigkeit, Klangräume zu öffnen, Menschen zu verbinden, Musik mit Seele und Struktur zu gestalten.

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