Köln - Die für November geplante Wiedereröffnung von Oper und Schauspielhaus in Köln ist geplatzt. Die seit drei Jahren laufende Sanierung ziehe sich noch hin, sagte die Kölner Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach. Für die Eröffnung werde nun der Beginn der Spielzeit 2016/17 ins Auge gefasst. Da die Verschiebung so kurzfristig kommt, stehen die beiden Häuser vor großen Problemen. Die Oper ist zurzeit ohne Ersatz-Spielstätte.
«Wir sind unendlich traurig, dass wir diese Entscheidung treffen müssen», sagte Laugwitz-Aulbach. Schauspielintendant Stefan Bachmann zeigte sich entsetzt: «Ich befinde mich seit gestern eigentlich in so 'ner Art Alptraum», sagte er. Opernintendantin Birgit Meyer bezeichnete die Verschiebung als eine «ganz, ganz große Enttäuschung». Wieviel vom nächsten Spielplan noch zu retten sei, könne sie im Moment nicht sagen.
Dabei hätte es so schön werden können. Vier Tage vor Beginn der neuen Karnevalssession sollte das frisch sanierte Kölner Opernhaus am 7. November mit «Benvenuto Cellini» eröffnet werden. Das Werk spielt an Karneval, und im zweiten Akt heißt es: «Gehen wir in die neue Oper!» Könnte es was Passenderes geben? Doch am Donnerstag wurde die Wiedereröffnung abgesagt.
Opernintendantin Birgit Meyer stand der Schrecken ins Gesicht geschrieben. In den letzten drei Jahren hatte sie während der Sanierung des von 1957 datierenden Stammhauses ein Musical-Zelt bespielt. Da ist sie inzwischen ausgezogen, das Zelt ist anderweitig verplant. Nun muss sie schnell eine neue Spielstätte finden. Sänger und Regisseure für die nächste Spielzeit sind längst gebucht, eine Oper hat einen Vorlauf von drei Jahren. Wenn sie nur an ihre Computer könnte! Aber die sind irgendwo eingepackt, man ist ja schließlich mitten im Umzug.
In einer Hinsicht steht Köln damit keineswegs allein da: Egal ob man auf die Hamburger Elbphilharmonie schaut, auf die Berliner Staatsoper oder das Münchner Gärtnerplatztheater - in allen Fällen dauern Neubau beziehungsweise Sanierung länger als gedacht und werden auch deutlich teurer. Bei der Staatsoper Unter den Linden stiegen die Kosten für die Sanierung gar von 239 auf inzwischen rund 400 Millionen Euro.
Eines allerdings könnte man sich anderswo vielleicht doch nicht so vorstellen: dass die Wiedereröffnung mit weniger als vier Monaten Vorlauf abgesagt wird. Schauspielintendant Stefan Bachmann - der ebenfalls ein Jahr länger auf den Wiedereinzug warten muss - sagte am Donnerstag offen, so richtig habe ihm das bisher niemand erklären können.
Die Stadt verweist darauf, dass die Sanierung denkmalgeschützter Gebäude immer hochkompliziert sei. Dazu komme hier noch die ganze Bühnentechnik. Man habe bisher eben immer noch gehofft, dass es doch noch klappen würde mit dem Zieldatum. Unwillkürlich fällt einem da jenes programmatische Sprichwort ein, für das Köln weit über seine Grenzen bekannt ist: «Et hätt noch emmer joot jejange» (Es ist bisher noch immer gut gegangen).
Eines ist auffällig: In der bisher dreijährigen Übergangszeit haben Oper und Schauspiel alle möglichen anderen Orte in der Stadt genutzt, von einem Schiff über ehemalige Fabriken bis zur «Kölner Reichskanzlei», einer ehemaligen Konzernzentrale. Dies führte nicht etwa zu nachlassendem, sondern zu gesteigertem Interesse des Publikums. Einmal war es spannend, immer mal wieder eine andere, noch dazu ungewöhnliche Spielstätte zu erleben. Und zum anderen wurde die Hemmschwelle gesenkt.
Vielleicht ist dem Publikum die äußere Hülle weit weniger wichtig, als manche Kommunalpolitiker glauben. Die Stadtoberen hatten in Köln ursprünglich sogar das ganze Schauspielhaus abreißen wollen, um einen glitzernden Kubusbau «mit Strahlkraft» zu errichten. Ein Bürgerbegehren kippte den Plan und rettete den alten Ziegelbau von 1962. Schon jetzt, im Abstand von wenigen Jahren, herrscht Einigkeit darüber, dass dies ein Segen war: Das einzige Ensemble dieser Art aus der Nachkriegszeit wäre sonst zerstört worden.
Die Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudeensembles ist bisher auf 275 Millionen Euro veranschlagt. Welche Mehrkosten die Verzögerung zur Folge haben wird, kann die Stadt zurzeit noch nicht sagen. «Billiger wird's nicht», bemerkte die Betriebsleiterin der Städtischen Gebäudewirtschaft, Petra Rinnenburger.