Kommunale Spitzenverbände und Freistaat Bayern schließen Vereinbarung für das Kopieren von Noten in Kindertageseinrichtungen mit der GEMA und der VG Musikedition, vermeldet die GEMA in einer aktuellen Pressemitteilung. Denn die kommunalen Spitzenverbände und der Freistaat Bayern übernehmen rückwirkend zum 1. Januar 2011 für alle Kindertageseinrichtungen des Landes die Vergütung und Dokumentation für das Kopieren von Noten und Liedtexten. Eine Einigung mit etwas Gift. Denn so eine Vereinbarung wäre vielleicht nicht mehr unbedingt nötig gewesen, da die „Musik-Piraten“ erst kürzlich ein Liederheft zusammengestellt und in den Druck gegeben hatten, das frei von Vergütungsansprüchen ist.
Was soll man also dazu sagen? Bekannt ist ja, dass das Kopieren von Noten oder Liedtexten zu vergüten ist, wenn auf den Noten und Texten noch geltende Urheberrechte liegen. Darüber sind in den vergangenen sechs Monaten zahlreiche Streitereien entbrannt. Kindertagesstätten hätten im Einzelfall kopierte Noten nachvergüten müssen. Siehe auch Barbara Haacks Artikel in der nmz 2/2011. „Verbotene Noten - Dilemma zwischen Gesetz und Praxis“.
Das ganz hat sich dann hochgekocht. Kein Tag verging ohne eine Pressemeldung, dass es einen Konflikt zwischen einem Kindergarten in Deutschland und der GEMA (als Inkassounternehmen für die VG Musikedition) gab. Politiker mischten teilweise mit populistischen Geschwätz mit ein. Einerseits kann man sich freuen, dass es jetzt Rechtssicherheit für alle Kindertagesstätten in Bayern gibt. Andererseits muss man fragen, ist das denn überhaupt noch nötig.
Über 50.000 Exemplare werden umsonst verteilt
Erst vor kurzem haben Mitglieder (die Musikpiraten) der Piratenpratei dazu aufgerufen, sich so ein Notenheft mit frei kopierbaren Noten selbst zu gestalten. Und sie haben es in die Tat umgesetzt. Über 40.000 Euro an Spenden sind zusammengekommen - die Liste der Geldgeber und Goldsponsoren ist sehr lang. Nach Prüfung der Lieder auf ihre Gemeinfreiheit durch die VG Musikedition steht dem Druck nun nichts mehr im Weg. Insgesamt sind 49 Kinderlieder (von Freiwilligen) neu gesetzt worden, 50 Seiten hat das Heft. Die üblichen Verdächtigen alter Lieder sind dabei. Von neuen Lieder fehlt naturgemäß, dem Urheberrecht entsprechend, alles. Die Druckauflage beträgt 50.299. Es wird kostenlos verteilt. (Download geht auch.)
Wozu also noch ein Vertrag mit der GEMA/VG Musikedition für die Übernahme von Kopierkosten, wenn es doch dieses Heft gibt. Sicher ist es so, dass mit den in diesem Heft abgedruckten Liedern bei weitem nicht der Kinderliederspaß erfasst worden ist. Aber leider leidet das Notenheft unter mangelnder Sorgfalt beim Satz der Noten. Sicher haben die Notensetzer alles kostenlos gesetzt, aber das Satzbild ist teilweise - höflich gesagt - unschön.
Und damit können die professionellen Musikverlage tatsächlich für sich in Anspruch nehmen, eine verdammt gute Arbeit zu leisten; jedenfalls sehr häufig, gewiss nicht immer. Das Dumme dabei ist nur, dass jetzt der durchaus teilweise verständliche Unmut der Notenkopierer in Bayern verpuffen wird.
Verträge verpfuschen die Aktion der Musikpiraten
Wen interessiert jetzt noch das Liederheft der Musikpiraten, wenn er „besseres“ haben kann und zugleich auch noch Rechtssicherheit? Der nun geschlossene „Vertrag regelt die Vervielfältigung von Noten und Liedtexten der bayerischen Kindertageseinrichtungen unabhängig von der Trägerschaft und ersetzt gleichzeitig alle Einzelverträge, die die GEMA bislang im Auftrag der VG Musikedition mit den Einrichtungen abgeschlossen hat. Die kommunalen Spitzenverbände übernehmen die Pauschale von 290.000 Euro jährlich, der Freistaat Bayern führt die Dokumentation der Kopien durch. Durch diese vereinbarte repräsentative Erhebung über die hergestellten Kopien entfällt der Verwaltungsaufwand für die Einrichtungen.“ Nur auch die 290.000 Euro lassen sich nicht so einfach aus dem Hut zaubern. Irgendwer muss die Kassen füllen. Und irgendwer gibt das gesammelt Geld dann aus. Der einzelnen Kindertagesstätte freilich dürfte dies alles egal sein. Nun herrscht endlich Frieden, wenigstens in Bayerns Kindergärten.
„Der Pauschalvertrag“, sagt Christian Krauß, Geschäftsführer der Verwertungsgesellschaft Musikedition, „bringt den Kindertagesstätten nicht nur eine erhebliche administrative Entlastung, sondern auch Rechtssicherheit beim Fotokopieren von Noten und Liedtexten. Gleichzeitig gewährleistet die Vereinbarung, dass die Autoren die im Urheberrechtsgesetz vorgesehene angemessene Vergütung für die Nutzung der von ihnen geschaffenen Werke erhalten.“
Und Georg Oeller, Mitglied des Vorstands der GEMA sieht der Entwicklung gelassen entgegen: „Mit der heutigen Vertragsunterzeichnung haben wir eine äußerst praktikable Lösung für die mehr als 8.000 Kindergärten und andere vorschulische Einrichtungen in Bayern erreichen können. Der Vertrag ist wegweisend und wir hoffen, in naher Zukunft mit weiteren Bundesländern Vereinbarungen abschließen zu können.“
Gut gemacht, GEMA, möchte man einerseits sagen. Andererseits wird damit das eigentlich Problem nur zugekleistert. Christian Hufgard, 1. Vorsitzender Musikpiraten e.V., sagt nichts falsches, wenn er meint: „Jedes der Notenblätter darf und soll kopiert, verbreitet und gesungen werden. Nur so kann dieses teilweise Jahrhunderte alte Kulturgut Bestandteil einer lebendigen Kulturlandschaft der Gegenwart und auch der Zukunft sein.“