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Berlin (ddp). Anderthalb Stunden müssen die Fans warten. Dann endlich - nach wenigen Violinklängen - bricht grenzenloser Jubel aus. Viele wollten beim Jubiläumskonzert zum 30-jährigen Bestehen der Ostberliner Rockband «City» am Freitagabend in Berlin vor allem dieses Lied hören.
«Am Fenster» war in Ost und West ein Riesenhit. Zehn Millionen Mal geht der Song europaweit über die Ladentische.«Am Fenster» war der erste Ost-Titel, der es zu gesamtdeutschem Ruhm schaffte. Das ist 25 Jahre her. 1977 existierte «City» seit fünf Jahren. 1978 trat die Band erstmals im Westen auf. Das Kant-Kino in West-Berlin war voll, das Konzert ein großer Erfolg. 2002 wählte «City» für ihre Berliner Jubiläumskonzerte wiederum eine Spielstätte im Westteil der Stadt. Im neuen Tempodrom am Anhalter Bahnhof in Kreuzberg jubelten am Freitag rund 3000 Fans dem Quintett Toni Krahl (Gesang), Fritz Puppel (Gitarre), Georgi «Joro» Gogow (Bass, Violine), Klaus Selmke (Drums) und Manfred Hennig (Keyboards) zu.
Doch das Publikum kommt überwiegend aus dem Osten. Als Krahl jenen zuruft, die aus dem Prenzlauer Berg und Lichtenberg im Osten stammen, folgt ein breites Echo, bei Tempelhof bleibt es hingegen weitgehend aus. Das Publikum versteht, wenn Krahl zum Kauf von «Nikkis» (T-Shirts) aufruft. Schließlich richtet sich auch der musikalisch gecoverte Dank der Band an Weggefährten vor allem an Ost-Bands («Karat», «Puhdys», «Keimzeit», «Rammstein», «Prinzen»). Die Ausnahme bildet Heinz-Rudolf Kunze. Der Rockpoet hat für die brandneue CD von «City» mit dem Titel «Am Fenster 2» fünf Texte geschrieben. Kunze und «City» verbindet eine längere Freundschaft.
Mitgebracht hat das Publikum am Freitag vor allem Ungeduld. Denn Neues von «City» war in den gut zwölf Jahren nach der Wende eher Mangelware. Das Album «Keine Angst» von 1990 ging in den Wendewirren unter, die CD «Rauchzeichen» (1997) wurde ein mäßiger Erfolg. Schon besser lief die «Best of»-Scheibe (1992), die es von 1992 bis 2002 mit 250 000 verkauften Exemplaren zur «Goldenen Schallplatte» schaffte. Seit dem 25. März ist nun «Am Fenster 2» im Handel, ein Mix aus kernigem Rock und sanften Balladen.
Den Hunger der Fans bekommt am Freitag leider auch die Vorsängerin zu spüren, die Songs aus «Citys» erstem Konzert - Lady Madonna von den Beatles oder «The House of Rising Sun» von den «Animals» - durchaus ansprechend zum Besten gibt. Sie wird dennoch nach 15 Minuten gnadenlos ausgepfiffen. Glücklich ist die Masse erst, als sich die Band auf der Bühne nach einer feuerumrandeten 30 zeigt. «City» spielt ein paar neue Songs, vor allem aber die alten Lieder, die man im Osten kennt. Garniert wird das Ganze mit allerlei Pyrotechnik und Konfetti. Die Menschen freuen sich und klatschen, doch irgendwie warteten alle nur auf das eine Lied. Nach gut 80 Minuten hat das Warten ein Ende.
Der Anfang von «City» reicht bis Anfang Februar 1972 zurück. In einem Klub in Berlin-Köpenick spielte die damalige «City Band Berlin» vor allem Hits nach und bekam dafür 271 DDR-Mark Gage. 1975 erschien die erste eigene Single. Nach dem Hit «Am Fenster» gehörte «City» zu den renommierten Band aus dem Osten. Einen weiteren großen Wurf landete die Band 1987 erschienenen LP «Casablanca». DDR-Bildungsministerin Margot Honecker wollte sie verbieten. «City» drohte, von einem Konzert in Hamburg nicht zurückzukehren und obsiegte. Die LP erschien, «City» bekam sogar den DDR-Kunstpreis dafür. In der Wendezeit macht sich die Band für die Zulassung des «Neuen Forums» stark. Nach der Wende wird es zunächst ruhig um Krahl und Co. Von 1991 bis 1996 gehen die Musiker mehr oder weniger anderen Dingen nach, bevor sie 1997 wieder eine Platte aufnahmen und auf Tour gingen.
Als Männer um die 50 fühlen sich die «City»-Musiker im Jahr 2002 offenbar so fit wie lange nicht. «Das waren die ersten 30 Jahre», sagt Krahl und hofft auf «viel Spaß für die nächsten 30 Jahre». Zumindest «Am Fenster» dürfte auch dann noch nicht vergessen sein. Vorerst stehen in diesem Jahr 80 Auftritte an. Die nächsten Konzerte sind in Dresden (14.4), Halle (20.4.) und Rostock (27.4.) geplant.
(www.city-internet.de, www.ostbeat.de)