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Karlrobert Kreiten (1916–1943)
Karlrobert Kreiten (1916–1943)
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«Das ungespielte Konzert» - Pianist erinnert an ermordeten Musiker

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Der Pianist Karlrobert Kreiten stand vor einer großen Karriere, als er von den Nazis ermordet wurde. Ein Konzert in Heidelberg konnte er nicht mehr spielen. Das Programm wird mehr als 80 Jahre später nachgeholt. «Das ungespielte Konzert» - so haben der Pianist Florian Heinisch und der Musikautor Moritz von Bredow die deutschlandweite Tournee mit dem Programm von Kreitens geplantem Auftritt in Heidelberg genannt.

Er galt als vielversprechendes Klaviertalent in Deutschland: Karlrobert Kreiten (1916-1943) war auf dem Weg zur internationalen Karriere, als die Nazis die Macht übernahmen. Mit 16 Jahren gewann er 1933 Silber bei einem Klavierwettbewerb in Wien, danach den Mendelssohn-Preis in Berlin. Zehn Jahre später wurde Kreiten ein Kommentar über Adolf Hitler zum Verhängnis. Nach einer Denunziation aus der Nachbarschaft wurde er festgenommen - kurz vor einem Konzert in Heidelberg. Wenig später wurde Kreiten hingerichtet. Zum 100. Geburtstag Kreitens begibt sich der junge Pianist Florian Heinisch auf die Spuren des ermordeten Kollegen.

«Das ungespielte Konzert» - so haben Heinisch und der Musikautor Moritz von Bredow die deutschlandweite Tournee mit dem Programm von Kreitens geplantem Auftritt in Heidelberg genannt. Am 3. Mai 1943 wollte Kreiten in der Neuen Aula der Universität Werke von Bach/Busoni, Chopin, Mozart, Beethoven und Liszt spielen. Doch da war er schon in Gestapo-Haft.

Heinischs Tournee startet am 19. Juni in Kreitens Geburtsstadt Bonn, sie geht über Köln, Düsseldorf und Bremen nach Heidelberg. Nach Hamburg und München ist Berlin, der Ort seiner Verurteilung und Hinrichtung, die vorerst letzte Station der Tournee am 30. Juni.

Initiator von Bredow, im Hauptberuf Kinderarzt und Autor eines Buches über die vor den Nazis geflüchtete Pianistin Grete Sultan, sieht das Projekt als späte Rehabilitierung Kreitens. Der in Eisenach geborene Heinisch, der an der Musikhochschule Karlsruhe studiert, musste sich nicht lange überreden lassen.

Zwar schrieben schon Ende der 70er Jahre Medien über den Pianisten. Doch damals ging es vor allem um den Journalisten Werner Höfer 1913-1997). Der Fernsehmoderator des «Internationalen Frühschoppens» hatte in jungen Jahren die Hinrichtung Kreitens in einem Artikel begrüßt - ohne dabei Kreiten zu nennen. Die Zweifel an Hitlers «Endsieg» hätten Verleumdung und Verzweiflung gestiftet, schrieb Höfer im «12-Uhr-Blatt». Die Passage kostete ihn den Job beim WDR. Bis zuletzt beharrte Höfer darauf, ihm sei in den Text hineinredigiert worden.

Kreiten, den sein Lehrer Claudio Arrau eines der größten Klaviertalente nannte, dem er je begegnet sei, wurde in Berlin-Moabit eingesperrt. Der Dirigent Wilhelm Furtwängler setzte sich noch für ihn ein - vergebens. Nach dem Todesurteil von Roland Freislers Volksgerichtshof wurde Kreiten in der Nacht zum 8. September 1943 in Berlin-Plötzensee gehängt.

 

Tourneedaten: Bonn (19.6.), Köln (21.6.), Düsseldorf (22.6.), Bremen (24.6.). Heidelberg (26.6), Hamburg (27.6.), München (29.6.), Berlin (30.6.)