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"Freak-Show" im Endspurt - Deutschlands "Superstars" (I)

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Berlin (ddp). Sie glauben fest daran: Die Fans von Daniel Küblböck sind überzeugt, dass ihr Star am Samstag die Hürde zum großen Finale bei «Deutschland sucht den Superstar» nehmen wird. Aber auch wenn die Zuschauer den 17-Jährigen nicht in die Endrunde schicken sollten, Medienpräsenz wird ihm noch einige Wochen gewiss sein.

Folgen die Zuschauer am Samstag den Prognosen, müssten Alexander und Juliette das Rennen machen und am 8. März gegeneinander antreten. Im Internet werden bereits Wetten abgeschlossen (www.bet-at-home.com), die für Daniel nicht gut aussehen. Wer glaubt, dass der Bayer rausfliegt, bekommt - behält er Recht - derzeit das 1,65-fache seines Einsatzes zurück. Wer auf ein Aus für Alexander tippt und damit richtig liegt, erhält immerhin das 4,5-fache. Laut bet-at-home-Geschäfsführer Jochen Dickinger wetten vor allem Sportfans, die sonst auf der Seite tippen, um den Ausgang der Talentshow. Über 1000 Wetten zählte Dickinger bereits. Dass Daniel Küblböck dennoch die größte Fan-Gemeinde hinter sich hat, überrascht den Medienexperten Knuth Baumgärtel von der Universität Weimar nicht. Die Aufregung um die Plaudertasche aus Eggenfelden ist für ihn ein fast normaler Vorgang im Show-Bizz. Daniel habe das «Talent zum Freak», sagt Baumgärtel. «Und Freak-Shows gab es zu allen Zeiten.» Was Daniel den anderen beiden Kandidaten voraus habe, sei der «Gesprächsvorteil», erläutert Baumgärtel. Im Entertainment-Bereich komme es darauf an, dass über den Star berichtet werden kann. Dadurch werde den Fans «eingeimpft», Daniel habe etwas zu sagen. Dass mache seinen «Mehrwert» aus. Zudem sei das Show- und Marketingkonzept von «Deutschland sucht den Superstar» derart professionell, dass die Kandidaten automatisch einen «Popularitätsschub» erlebten. Daniel war Gast bei Johannes B. Kerner, enthüllt Tag um Tag in der «Bild» seine Jugendsünden und beschäftigt selbst seriöse Blätter wie die «Frankfurter Rundschau». Durch die Medienpräsenz aber potenziert sich für Daniel-Fans die «Message» ihres «Schatzis» noch. «Daniel ist unser Prophet», zitierte der «Kölner Express» kürzlich eine Kinderfreundin des singenden Teenagers, und im Internet schicken die Fans Herzchen und Küsschen ihrem Star hinterher. Jugendforscher kritisieren allerdings, dass «Deutschland sucht den Superstar» die Sinnsuche von Jugendlichen reduzieren könne. Anstrengungen, sich im alltäglichen Leben zu bewähren, würden zurückgefahren oder ganz eingestellt, befürchtet Jugendforscher Christian Palentien von der Universität Bielefeld. Nur um am Casting teilzunehmen, hätten Jugendliche Freundschaften und Ausbildungsverträge gekündigt. Durch die Sendung finde eine «regelrechte Flucht in eine medieninszenierte Traumwelt» statt, die der «Vom-Tellerwäscher-zum-Millionär-Ideologie» folge. Baumgärtel spricht vom «The-winner-take-all-market-Syndrom», also vom Ehrgeiz der Jugendlichen, über Castingshows kurzen, schnellen Erfolg zu haben. Das spiele auch der Unterhaltungsindustrie zu, die auf kurze Produktzyklen setze und einen «biologischen Schwund der Aufmerksamkeit» miteinplane. Daniel, so ist Baumgärtel sicher, werde noch eine Zeitlang Medien wie Fans unterhalten, dann aber werde das öffentliche Interesse an ihm schwinden. Den echten Daniel-Fans ist das egal. Sie knüpfen in Fan-Clubs neue Freundschaften und sehen sich in einer Art wiedergefundenen Aufrichtigkeit bestätigt, sich einfach so zu geben, wie sie sind - mit allen Fehlern, von denen Daniel so viel berichten darf. Die Talent-Frage ist für sie ohnehin entschieden. Daniel soll nur «singen, singen, singen», schrieb ein Fan im Chat von http://tr-daniel-fanseite.musik4fun.com/. Denn das mache Daniel am meisten Spaß.
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