Köthen - Die Köthener Bachfesttage wollen sich in diesem Jahr in modernisierter Form präsentieren. Das am Sonntag beginnende Musikfest solle «frisch, unmittelbar und direkt» sein, sagte der neue Intendant Folkert Uhde der Deutschen Presse-Agentur.
Das am Sonntag beginnende Musikfest solle «frisch, unmittelbar und direkt» sein, sagte der neue Intendant Folkert Uhde der Deutschen Presse-Agentur. Er habe es mit Halb- oder Viertelkonzerten weiterentwickelt, die etwa 40 und 20 Minuten dauern. «Damit will ich die Bachfesttage frisch, unmittelbar und direkt halten», sagte er. «Auch die Bandbreite von elektronischen Bach-Adaptionen über Videokunst bis hin zur Balkan Brass Band wird ihren Beitrag leisten.»
Die Bachfesttage bieten Konzerte und ein Schlossfest zu Ehren Johann Sebastian Bachs, der hier von 1717 bis 1723 Hofkapellmeister war. Sie werden seit 1967 alle zwei Jahre veranstaltet.
Bach (1685-1750) fühlte sich einst in seinem Schaffen von Köthen beflügelt. Während seiner Zeit als Kapellmeister und Kammermusikdirektor unter Fürst Leopold entstanden bekannte Werke. So komponierte Bach hier die Brandenburgischen Konzerte sowie mehrere Suiten und Sonaten für Violine.
Obwohl der Komponist den Hof Anhalt-Köthen 1723 in Richtung Leipzig verließ und Thomaskantor wurde, blieb er fürstlicher Kapellmeister. Bis zum Tod des Fürsten 1728 lieferte er die Musik zu den Festtagen des Hauses.
Das Schloss beherbergt eine Gedenkstätte, in der Stadt selbst gibt es seit 1885 ein Denkmal. Im Schloss hat auch die Köthener Bachgesellschaft ihren Sitz.
Die Bachfesttage beginnen am kommenden Sonntag und enden am 4. September.
Interview mit Folkert Uhde, Sabrina Gorges, dpa
Frage: Das sind ihre ersten Bachfesttage, und neue Gesichter werden ja gern kritisch beäugt. Wie groß ist die Anspannung?
Antwort: Wenn man für etwas Altbewährtes ganz neue Schwerpunkte setzt, ist die Anspannung immer groß. Das ist auch bei mir so. Ich bin wirklich gespannt, wie das Konzept ankommt. Bisher war die Resonanz sehr positiv. Es ist ein Experiment, und es beunruhigt mich, dass ich die Antwort auf die Frage nach Erfolg oder Misserfolg auch erst kenne, wenn es vorbei ist. Ich hoffe auf gutes Wetter.
Frage: Sie gelten in der Musik- und Konzertszene als furchtloser Umkrempler. Wird das helfen, noch mehr «Kultur- und Bach-Banausen» zur Reise nach Köthen zu bewegen?
Antwort: Das ist das Ziel. Ich will ja nicht nur Bach-Freaks ansprechen, sondern möglichst viele Menschen unterschiedlicher Generationen. Ich versuche, Besucher für die schöne Stadt Köthen und ihr Schloss zu begeistern, und spiele unter anderen mit der Konzertdauer. Denn fragt man Leute, warum sie nicht in ein klassisches Konzert gehen, dann äußern sie oft Scheu vor der Länge.
Ich habe mir deshalb Halb- und Viertelkonzerte ausgedacht, die etwa 40 und 20 Minuten dauern. Damit will ich die Bachfesttage frisch, unmittelbar und direkt halten. Auch die Bandbreite von elektronischen Bach-Adaptionen über Videokunst bis hin zur Balkan Brass Band wird ihren Beitrag leisten.
Frage: Es gibt erstmals ein eigenes Ensemble. Was steckt dahinter?
Antwort: Wir haben es «BachCollektiv» genannt, und ich wollte schon immer so etwas wie eine All-Star-Band gründen. Nun ist es soweit. 18 Musiker aus 11 Nationen sind eine ganze Woche in Köthen zusammen, proben und spielen. Natürlich haben wir es mit ausgewiesenen Bach-Spezialisten im Alter zwischen 24 und Ende 50 zu tun. Da entsteht eine ganz tolle Energie. Die meisten kennen sich nur aus der Ferne und freuen sich sehr auf das, was kommt.
Frage: Sie haben den Begriff des Konzertdesigns erfunden und prägen ihn stark. Wie kann man sich das vorstellen?
Antwort: Beim Konzertdesign geht es nicht darum, etwas grün anzustreichen und blau zu beleuchten. Es geht vor allem um das Befassen mit der Aufführungsgeschichte und um neue Formate. Sie schaffen eine ganz neue Unmittelbarkeit, und nebenbei entdeckt das Publikum auch den Ort der Aufführung. Mir geht es immer darum, den Kern der Musik freizulegen und Resonanzräume für das Publikum zu öffnen.
ZUR PERSON: Folkert Uhde wurde 1965 in Wilhelmshaven geboren. Er absolvierte zunächst eine Ausbildung zum Radio- und Fernsehtechniker und studierte dann an der Akademie für Alte Musik Bremen Barockvioline sowie Kommunikations- und Musikwissenschaft an der Technischen Universität Berlin. 1995 machte er sich als Musik- und Projektmanager selbstständig. Uhde initiierte und organisierte Konzertreihen und Festivals, zunächst mit dem Schwerpunkt Alte Musik. An der Zeppelin-Universität Friedrichshafen unterrichtet er innovative Konzertdramaturgie und kreative Projektentwicklung. Uhde lebt in Potsdam und ist Familienvater.