Die 32. Leipziger Jazztage begannen gestern mit einem Paukenschlag oder besser Trompetenstoß. Erik Truffaz eröffnete –traditionell in der Moritzbastei– das größte ostdeutsche Jazzfestival. Heute geht es im Opernhaus weiter.
Dann erweisen die Trompeter Markus Stockhausen, Eric Vloeimans aus den Niederlanden und Antoni Ziut Gralak aus Polen dem Festival ihre Referenz. Aus der New Yorker Szene kommt das Claudia Quintet des mehrfachen Gewinners im Downbeat Critics Poll 2008 John Hollenbeck, das auf unverwechselbare Weise versteht, hypnotische Klangfelder, freitonale Ausbrüche und subtile Rhythmik zu verbinden. Dadurch entsteht die Gelegenheit, dass die HMT-Professorenband mit Piano-Guru Richie Beirach aus New York in der naTo konzertieren kann, um anschließend Musiker vom Donnerstagabend-Konzert zur Festival-Jamsession einzuladen.
Einen anderen Programmschwerpunkt bildet der deutsche Jazznachwuchs: Young German Jazz Leipziger Art. Dazu gehören die Entdeckung des Bundesweiten Jazznachwuchsfestivals 2006 Panzerballett, die schrägen Brumcallis vom diesjährigen Bundesweiten Jazznachwuchsfestival und Piano-Senkrechtstarter Florian Weber, mehrfacher Preisträger internationaler Wettbewerbe. Mit Gitarrist Moritz Sembritzki von der Hochschule für Musik und Theater Felix Mendelssohn Bartholdy Leipzig wird der aktuelle Gewinner des Leipziger Jazznachwuchspreises der Marion Ermer Stiftung erstmals bei den Leipziger Jazztagen auf der großen Bühne des Opernhauses vorgestellt. Interessant ist sicher der Vergleich zu exzellenten Vertretern des nordischen Jazznachwuchses: Kvalda aus Finnland und People Are Machines aus Dänemark. Und in der beliebten Reihe Jazz für Kinder spielt Sängerin Jorinde Jelen mit ihrer Band unter dem Motto Im Radio jazzt was los!
Von besonderem Reiz ist die Aufeinanderfolge dreier von Gitarristen geleiteter Bands mit sehr unterschiedlicher stilistischer Ausrichtung an einem Konzertabend. Nach dem seine ethnischen Wurzeln nicht verleugnenden Yass Ensemble von Tymon Tymanski aus Gdansk stellt sich Jan Zehrfelds schwermetallisches Panzerballett in Leipzig vor, gefolgt von einem der Höhepunkte des Festivals: Grammy-Preisträger Bill Frisell aus Denver mit seinem Quartett, dessen jüngste CD-Veröffentlichung History, Mystery weltweit hoch im Kurs steht (u.a. Bestenliste der Deutschen Schallplattenkritik 3/2008).
Spektakulär ist die deutsche Festivalpremiere der Schweizer Großformation Kaspar Ewalds Exorbitantes Kabinett, die sich zupackend, rhythmisch und harmonisch raffiniert, mit skurrilem Witz zwischen Jazz, Rock, Funk und Neuer Musik bewegt. Der als Markstein des elektrifizierten Jazz bezeichnete Live-Mitschnitt Electric Treasures mit Markus Stockhausen, Vladyslav Sendecki, Arild Andersen und Patrice Héral ist erstmals auf einem Jazzfestival zu erleben. Das Zusammentreffen von Trompeter Eric Vloeimans und Florian Weber an der Orgel der Evangelisch-reformierten Kirche lässt ein Hörerlebnis besonderer Art erwarten. Und einen in Erinnerung bleibenden Festivalabschluss verspricht das Soundfeuerwerk im Gipfeltreffen der US-amerikanischen Tieftöner Stanley Clarke, Marcus Miller und Victor Wooten in ihrem ersten Deutschlandkonzert.