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“Young China“ – unter diesem Titel präsentieren hr2-kultur und das Siemens Arts Program am 16. August 2008 im hr-Sendesaal des Hessischen Rundfunks in Frankfurt am Main 20 aktuelle Werke von 10 jungen chinesischen Komponisten. Es spielen drei hochkarätige Ensembles Neuer Musik: das Dresdener ensemble courage, das Kammerensemble Neue Musik Berlin und das Berliner Sonar Quartett.
Während der XXIX. Olympischen Sommerspiele in Peking holen der Hessische Rundfunk, hr2-kultur, und das Siemens Arts Program ein Stück China nach Deutschland: Zehn junge Komponisten mit zwanzig aktuellen Werken, allesamt deutsche Erstaufführungen. Die Neue Musik Chinas ist in Europa weitestgehend unbekannt. Zwar ist der Anteil chinesischer Kompositionsstudenten an den Musikhochschulen und Konservatorien Europas vergleichsweise hoch, dennoch finden die Werke der jungen chinesischen Komponistengeneration bislang kaum Widerhall in den europäischen Konzertsälen und-programmen. „Young China“ bietet dieser interessanten und bewegten Szene zum ersten Mal eine angemessene Präsentationsplattform. Das auf Initiative des Siemens Arts Program in Kooperation mit dem Hessischen Rundfunk entstandene Projekt setzt das vom Siemens Arts Program im Jahr 2005 in China begonnene Engagement für die Kammermusik im Allgemeinen und die zeitgenössische Musik im Besonderen in logischer Konsequenz fort und gibt einen umfassenden Überblick auf den erfreulichen Stand der ebenfalls in Kooperation mit der Ernst von Siemens Musikstiftung und dem Goethe-Institut in China beförderten Prozesse im Bereich der Neuen Musik.
Die jungen Künstler – die Altersgrenze liegt bei 30 Jahren – wurden aus einer Vielzahl an Empfehlungen der bedeutendsten Konservatorien Chinas ausgewählt. Der Jury gehörten der Komponist und Kulturmanager Peter Ruzicka, der Komponist Johannes Schöllhorn, der Dirigent Rüdiger Bohn, der Musikredakteur Stefan Fricke sowie der Kulturmanager Jens Cording an. Gespielt werden im Rahmen von „Young China“ jeweils zwei Werke der mittlerweile in Deutschland studierenden Komponisten Liu Huan, Xie Xin und Yang Lin, der in Peking studierenden Komponisten Bi Jianbo, Cheng Huihui, Wen Zhanli und Song EnEn, des Komponisten Huo Feifei vom Konservatorium in Shanghai, der Komponistin Liu Qiqi vom Konservatorium Sichuan und der Komponistin Shao Litang, die in Guangzhou studiert. Flankiert werden die in vier Konzertblöcken zusammengefassten Stücke durch Lesungen chinesischer Prosatexte und Gedichte. Der Hessische Rundfunk schneidet die Konzerte mit und sendet sie zeitversetzt in hr2-kultur. Geplant ist es, die vier Konzerte „Young China“ anschließend an verschiedenen Orten in China unter Beteiligung chinesischer Künstler zu wiederholen.
Mit der politischen Öffnung der Volksrepublik Chinas seit 1978 und dem in den 90-er-Jahren einsetzenden wirtschaftlichen Boom rückte in den letzten Jahren allmählich auch die chinesische Kulturlandschaft stärker in den Mittelpunkt des Interesses europäischer Künstler und Veranstalter. Im Bereich der chinesischen Musik blieb dieses Interesse jedoch meist auf die Abschlussklasse des Jahres 1983 am Pekinger Zentralkonser¬vatorium (CCOM) beschränkt. Diese war geradezu zum Symbol für die Entwicklung eines neuen China geraten: Ein Jahr nach dem Ende der chinesischen Kulturrevolution, hatte das CCOM wieder seine Tore geöffnet. 27 junge Musiker, ausgewählt aus zweitausend Bewerbern, durften Komposition studieren, darunter Guo Wenjing, Tan Dun und Liu Sola.
Ihre Klasse war die erste, die von den Zwängen der Kulturrevolution und ihrer revolutionären Propaganda-Ästhetik befreit war. Jenseits von Massenliedern und
-kantaten zu patriotischen Texten konnten ein neuer Umgang mit den auch folkloristischen Traditionen und eine Suche nach neuen Formen, nach einer eigenen Sprache einsetzen.
Doch wohin hat die Suche nach einer neuen Musiksprache chinesische Komponisten 25 Jahre nach diesem Umbruch in ihrem Heimatland geführt? Welche Entwicklungen und Einflüsse können heute in den Werken der nächsten Generation – des jungen China – ausgemacht werden? Das Projekt „Young China – Neue Musik aus dem Reich der Mitte“ möchte darauf Antworten geben.
Ein besonderer Anreiz zur Teilnahme am Wettbewerb um „Young China“ lag nach Aussage der jungen chinesischen Künstler auch darin, ihre Werke von so herausra¬genden Kammerensembles und ausgewiesenen Experten zeitgenössischer Musik wie dem Dresdner ensemble courage, dem Kammerensemble Neue Musik Berlin und dem Berliner Sonar Quartett aufgeführt zu wissen.