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Staatsintendant Bachler hat den Münchner Opernfestspielen ein kleines Lifting verpasst

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München - Als 1875 in München erstmals so etwas wie Opernfestspiele veranstaltet wurden, war das auch einem profanen Grund geschuldet. Karl von Perfall, damals Intendant am Münchner Hoftheater, wollte die Einnahmen seines Hauses steigern. Die Aufführung einer Serie von «auserwählten Vorstellungen» im August und September dieses Jahres hatte den Zweck, «den vielen Fremden, welche während dieses Zeitraums München zu besuchen pflegen, den künstlerischen Standpunkt, welche die königlichen Hofbühnen einnehmen, darzulegen, sowie einen Einblick in deren künstlerische Leistungsfähigkeit zu gewähren».

Bis heute liegt den Opernfestspielen das Konzept einer Saison-Retrospektive zugrunde. Daran will auch der neue Staatsopernintendant Nikolaus Bachler einstweilen nichts ändern. «Solch eine Werkschau gibt es anderswo nicht», sagt Bachler und verweist darauf, dass sein Haus damit auch ein gutes Geschäft mache. Und dieses Geld stehe dann im Laufe des Jahres anderen Projekten zur Verfügung. Perfall lässt grüßen. Trotzdem soll bei den Opernfestspielen unter dem neuen Chef nicht alles beim Alten bleiben. Bachler will künftig im Festspielprogramm vermehrt Schwerpunkte bilden. Dieses Jahr ist Giuseppe Verdi angesagt, getreu dem Antrittversprechen Bachlers, in München mehr «Italianità» zu wagen: Sechs Opern des Italieners sind im Festspielprogramm vertreten mit der pompösen «Aida» als Eröffnungsgala. Ansonsten gibt es Neuproduktionen von Richard Wagners «Lohengrin» (auch live auf einer Großleinwand auf dem Max-Joseph-Platz zu erleben) und Leonard Bernsteins Kompaktoper «Trouble in Tahiti», jeweils unter Kent Nagano.

Dass die diesjährige Festspiel-Uraufführung in der kleinen Allerheiligen-Hofkirche fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit gezeigt wird, hinterlässt einen etwas schalen Geschmack. Sichtbarer Ausdruck für den - zaghaften - Reformwillen soll eine Zeltkonstruktion auf dem Marstallplatz hinter der Oper sein. Unter dem Motto «under construction» will Bachler dem Publikum dort zehn Tage lang allerlei Avantgardistisches bieten, vom «Intim-Konzert» bis zu den «Lohengrin-Piraten». In einem heutzutage offenbar unvermeidlichen «Lounge-Bereich» sollen sich die Menschen bei Speis und Trank tiefgründige Gedanken über die Kunst machen. Abends ist Club-Atmosphäre angesagt. Nächstes Jahr soll anstelle des Zeltes ein mobiler Pavillon errichtet werden, gestaltet von dem Wiener Architektenbüro Coop Himmelb(l)au, das auch für den Bau der futuristischen Münchner BMW-Welt verantwortlich zeichnete. Der Pavillon soll auch zum Werbeträger der Staatsoper werden, in Deutschland und Europa herumreisen und von der Kreativität der Bayerischen Staatsoper zeugen. Die Ausmaße des Liftings sind also durchaus überschaubar. Allerdings hat der frühere Wiener Burgtheaterchef den traditions- und repräsentationsversessenen Festspielbesuchern doch noch einen kleinen Schrecken eingejagt. Bachler ersetzte kurzerhand den seit Jahrzehnten fest einbetonierten Schlussstein der Festspiele, Wagners «Meistersinger», durch Verdis Spätwerk «Falstaff». «Traditionen müssen in der Kunst immer wieder neu befragt werden», ließ er ausrichten, «ansonsten droht Versteinerung».

 

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