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Amerikanisches Großreinemachen bei den Major-Companies? Nach Tim Renner (Universal) nahm nun auch Thomas M. Stein bei BMG den Hut. Eine offizielle Begründung wurde nicht geliefert. Alles Zufall?
München (nmz- ddp). Der Deutschlandchef der Bertelsmann-Musiktochter BMG, Thomas Stein, ist überraschend zurückgetreten. Sein Nachfolger wird Maarten Steinkamp, seit Januar 2003 President International und BMG-Vorstandsmitglied, wie das Unternehmen am Freitag in München mitteilte. Steins Weggang von BMG lasse seine Rolle als Jurymitglied bei «Deutschland sucht den Superstar» unberührt, hieß es. Gründe für den Rücktritt wurden nicht genannt.BMG-Chef Rolf Schmidt-Holtz betonte, Stein habe mit BMG GSA (Deutschland, Schweiz, Österreich) «große wirtschaftliche und kreative Erfolge erzielt, die auch in hohen Marktanteilen Niederschlag fanden».
BMG ist der globale Musikbereich des Medienkonzerns Bertelsmann. Ende vergangenen Jahres gab Bertelsmann die Fusion von BMG mit der Musiksparte von Sony bekannt. Gemeinsam rückten BMG und Sony mit einem weltweiten Marktanteil von 25 Prozent zum zweitgrößten Musikkonzern hinter Universal auf. Zu BMG gehören mehr als 200 Plattenlabels in 41 Ländern.
Zuvor war der Deutschlandchef von Universal, Tim Renner, von seinem Posten zurückgetreten. Als Grund nannte der Konzern unterschiedlicher Auffassungen über das Sparkonzept des Mutterkonzerns Universal Music International.
Dass es den Majors noch schlechter geht, als es ihr Jammern in den letzten Monaten vermuten ließ, steht zu befürchten. Renner und Stein galten zumindest in Deutschland als Exponenten einer rigorosen Zeitgeist-Programmpolitik. In RTL-Manier war ihnen kein Gag zu billig, um ihre Produkte zu promoten. Spät, vielleicht eben zu spät zogen beide aus der Erkenntnis, dass die Würdigung der Vierteljahresbilanz noch keine Marktpflege ist, bescheidene Konsequenzen: Engagement in den Bereichen Nachwuchsförderung und (lange Zeit von den ausländischen "Müttern" explizit verboten): im Feld des kultur- und bildungspolitischen Lobbyings half jetzt eben auch nichts mehr. Gescheitert die meisten Crossover-Projekte. Aber:Kein Grund zur (Schaden-)Freude. Es steht zu befürchten, dass die rigide Brandrodungs-Praxis der internationalen Entertainment-Industrie mit noch willfährigeren Knechten umso rücksichtsloser über die deutsche Musikszene hinwegwalzen wird.
Inwieweit bereits die Fusion Sony/BMG personalpolitisch ihre Spar-Schatten vorauswirft, werden die nächsten Wochen zeigen.