Lange vergessen und unterschätzt
Komponistinnen im Potsdam Museum: eine musikalisch-literarische Soirée
Ein Artikel von Matthias Müller
Die musikalisch-literarischen Soiréen, deren „spiritus rector“ die Berliner Professorin für Violine an der UdK Marianne Boettcher ist, sind seit Etablierung dieser Veranstaltungsreihe in den frühen 90er-Jahren ein fester Bestandteil im Potsdamer Kulturkalender. Die allgemeine Konzeption sowie deren inhaltliche Verdichtung, die musikalische Auswahl und die ausgesuchten Interpreten lassen diese Konzerte stets zu einem anregenden Erlebnis werden. So war es auch in dem konkreten Fall, in dem es gelang, zwischen Frauenkompositionen des 18. und 19. Jahrhunderts und der zeitgenössischen Klangwelt zu vermitteln.
Die Lieder von Juliane Reichardt (1752 in Potsdam geboren und 1783 in Berlin verstorben) „An den Mond“ und „Liebe“ atmen den Geist der Wiener Klassik. Als Tochter des preußischen Hofviolinisten und Komponisten Franz Benda hatte sie die Musik ihrer Zeit von frühester Jugend erfahren. Ebenso strahlten die Lied-Kompositionen ihrer Tochter Louise Reichardt, die zu Lebzeiten eine vielgelobte Sopranistin und Komponistin war, ganz den Esprit der Romantik in der Musik aus. Die Sopranistin Maacha Deubner erfüllte mit ihrem voluminösen Sopran, der klaren Artikulation und musikalischen Gestaltungskraft den Konzertraum. Sehr einfühlsam und stilsicher wurde sie dabei von Katia Tchemberdji auf dem Klavier begleitet. In den „Drei Bogentänzen“ für Cello und Klavier trat diese später als Interpretin in eigener Sache auf. Mit Ehrengard von Gemmingen als Partnerin gelang eine überzeugende Interpretation des schönen Werkes. Die 1953 geborene Rumänin Violeta Dinescu war mit zwei Werken vertreten. In „Clairobscur“ (hell und dunkel) für Violine und Violoncello, einer klangschönen Komposition speziell für dieses Konzert geschrieben, und in „Satya“ für Violine solo gaben Ehrengard von Gemmingen und Marianne Boettcher einen nachvollziehbaren Eindruck von betörenden Aspekten der zeitgenössischen Musik.
Ursula Mamloks intensives und farbiges Klaviertrio „Panta Rhei“ beschloss den 1. Konzertteil, und es bestand die Möglichkeit, während der Pause Entsprechungen des Gehörten in der expressionistischen Malerei der Moderne zu entdecken. „Tristia“ für Sopran und Violoncello aus dem Jahr 2013 von der 1950 geborenen Komponistin Elena Firsova hat ein gleichnamiges Gedicht von Ossip Mandelstam zur Quelle.
Das Finale knüpfte an den Anfang an. Mit dem Klaviertrio d-moll op.11 von Fanny Hensel erklang nicht nur ein grandioses romantisches Klaviertrio, sondern eine lange vergessene und unterschätzte Komponistin wurde hier gebührend gefeiert. Den Klavierpart hatte wie schon im zeitgenössischen Trio die japanische Pianistin Yuko Tomeda äußerst versiert inne. Gemeinsam mit Marianne Boettcher und Ehrengard von Gemmingen gelang den drei Musikerinnen ein glänzender Abschluß des gelungenen Abends.
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