Hauptbild
„Vor lauter Fotos kamen wir kaum vom Fleck“: Chistopher Schmitz, Marcel Mok und Svenja Kallweit (v.l.n.r.) vor großer Architektenkunst in Athen. Foto: Peter Hahn
„Vor lauter Fotos kamen wir kaum vom Fleck“: Chistopher Schmitz, Marcel Mok und Svenja Kallweit (v.l.n.r.) vor großer Architektenkunst in Athen. Foto: Peter Hahn
Banner Full-Size

Tun dir nach dem Spielen nicht die Finger weh?

Untertitel
Drei „Jugend musiziert“-Preisträger 2011 auf Konzertreise in Griechenland
Autor
Publikationsdatum
Body

„Aufgrund deines ersten Preises beim Bundeswettbewerb möchten wir dich einladen, an einer Konzertreise teilzunehmen“. So beginnen oftmals E-Mails, die die Bundesgeschäftsstelle „Jugend musiziert“ an erfolgreiche Absolventen eines Bundeswettbewerbs verschickt. Zuletzt waren im November vergangenen Jahres eine Bundespreisträgerin und zwei -preisträger die Adressaten eines solchen Schreibens: Die 20-jährige Sopranistin Svenja Kallweit aus Koblenz mit ihrem Klavierpartner, dem 19-jährigen Christopher Schmitz aus Bitburg, und der 17-jährige Pianist Marcel Mok aus Stuttgart.

Auf Einladung der Deutschen Schulen und in Kooperation mit dem Goethe-Institut fand die Reise vom 8. bis 15. November statt, die drei Musiker gastierten in Athen, Thessaloniki und Chania auf Kreta. Zu Beginn des Jahres 2012 dann erreichte die Bundesgeschäftsstelle der begeisterte Reisebericht von Svenja Kallweit:

„Unsere gemeinsame Konzertreise nach Griechenland begann am 8. November am Frankfurter Flughafen. Von dort flogen wir zu unserer ersten Station Thessaloniki, wo wir von Herrn Fritz, dem Musiklehrer der Deutschen Schule Thessaloniki, und unseren Gastfamilien, deren Kinder Schüler an der Deutschen Schule waren, sehr herzlich empfangen wurden. Nachdem man uns ein bisschen von der Stadt gezeigt hatte, fuhren wir zur Deutschen Schule. In deren Aula sollten wir abends unser Konzert haben. Zu unserer Überraschung durften wir den Grundschülern kleine musikalische Kostproben liefern und beantworteten anschließend deren Fragen. 

Was uns während der gesamten Reise in Staunen versetzte, waren die Deutschkenntnisse der griechischen Schüler. Selbst die Jüngsten sprachen ein so akzentfreies Deutsch, dass wir kaum zwischen Muttersprachlern und jenen, die die Sprache erst an der Schule erlernt hatten, unterscheiden konnten. Später erklärte uns eine Mitarbeiterin des Goethe-Instituts in Chania, dass in keinem anderen Land so viele Fremdsprachenzertifikate wie in Griechenland erworben werden. 

Für das Konzert am Abend hatten wir ein abwechslungsreiches Programm zusammengestellt. Marcel begann mit der ‚Waldsteinsonate‘ von Ludwig van Beethoven. Diese Sonate ist faszinierend und einzigartig! Kontrastiert wurde dieses Werk aus der Wiener Klassik anschließend mit Proko-fieffs ‚Visions fugitives‘, Nummer 8 bis 10, welche einen teils poetischen, teils sarkastischen und verspielten Charakter besitzen. Den furiosen Schluss bildete Franz Liszts vierte Etüde ‚Mazeppa‘ aus den ‚Douze Etudes d’exécution transcendante‘. 

Svenja und Christopher hatten ein ebenso umfangreiches Programm, das aus 14 Stücken bestand. Für die Proben hatten wir uns für drei – sehr knapp bemessene – Tage in Dresden getroffen. Allerdings hatten wir einen Großteil der Stücke schon bei verschiedenen Bundeswettbewerben „Jugend musiziert“ als Duo vorgetragen, was uns die Proben sehr erleichterte. Dennoch waren wir überrascht, wie sehr sich unsere neuen musikalischen Erfahrungen, die wir in der Zwischenzeit machten, auf die uns schon bekannten Stücke auswirkten. Unser Programm war in drei Blöcke geteilt: Der erste Block bestand aus deutschen Kunstliedern, wie zum Beispiel dem Klassiker ‚Zueignung‘ von Strauss, Stücken von Schubert und Brahms und einer Arie aus ‚Die verkaufte Braut‘ von Bedrich Smetana.

Darauf folgte ein französischer Block mit den ersten beiden Stücken aus Hector Berlioz‘ ‚Les nuits d'été‘ und weiteren Kunstliedern von Claude Debussy, Francis Poulenc und Reynaldo Hahn. Um das Programm abzurunden wählten wir drei Stücke von Samuel Barber, dessen letztes 'I hear an army' uns schon damals beeindruckt hatte. Das Konzert war nach Aussagen der Ortsansässigen mit etwa 80 Leuten ziemlich gut besucht und für uns ein äußerst zufriedenstellendes Konzert. Viele Menschen sprachen uns an, zeigten sich sehr aufgeschlossen und begeistert. Insbesondere unsere Gastfamilien waren über alle Maßen bemüht und machten unseren Aufenthalt so angenehm wie möglich.

Von Thessaloniki ging es weiter nach Athen, wo Herr Hahn, Musiklehrer der Deutschen Schule Athen, uns in Empfang nahm und beherbergte. Wie zuvor auch in Thessaloniki, stand an der Schule ein kleines Gesprächskonzert an, diesmal vor den Klassen 7 bis 11. Die Fragen, die sich bei den Jüngeren in Thessaloniki noch auf ‚Wie alt bist du?‘, ‚Wie kannst du so laut singen?‘oder ‚Tun dir nach dem Spielen nicht die Finger weh?‘ beschränkten, wurden nun ernster und brachten uns mitunter in Verlegenheit. Auf Fragen, wie ‚Wie wollt ihr mal euer Geld verdienen?‘ oder ‚Warum wollt ihr Musik zu eurem Beruf machen?‘ fielen uns die Antworten oft nicht leicht. 

Das Konzert in Athen war ähnlich gut besucht wie das in Thessaloniki. Die Schulaula, in der wir spielten hatte zudem eine relativ gute Akustik zu bieten. In Kombination mit einem Steinway Flügel, der allerdings nicht perfekt gestimmt war, gelang uns hier ebenso ein äußerst zufriedenstellendes Konzert. Insgesamt aber waren wir über die Instrumente vor Ort positiv überrascht. Wenn auch in keinem tadellosen Zustand, so waren es für ‚Schulflügel‘ doch ausgesprochen gute Instrumente.

Athen beeindruckte uns über alle Maßen, insbesondere natürlich die Akropolis. Vor lauter Fotos kamen wir kaum vom Fleck. Überraschenderweise war von den aktuellen politischen Unruhen, abgesehen von ein paar Flyer verteilenden Studenten in der Metro, nichts zu spüren. Immerhin hatten wir das Glück, in Thessaloniki einem angekündigten Streik um ein paar Stunden zu entgehen. 

Unser Flug nach Chania war eine Reise ins Ungewisse, da wir weder wussten, wo wir spielen sollten, noch wer uns am Flughafen abholen würde. Es verlief jedoch schließlich alles ohne Komplikationen. Eine Mitarbeiterin des Goethe-Instituts Chania brachte uns ins Hotel, das kaum drei Minuten zu Fuß von einer städtischen Aula entfernt war. Dort sollte auch unser Konzert stattfinden. Leider kamen wir in Chania pünktlich zu einem Wetterumschwung an. Es stürmte und regnete während unseres gesamten Aufenthalts auf Kreta, so dass man sich am Atlantik statt am Mittelmeer wähnte. 

Das machte sich insbesondere in unserem Hotel bemerkbar, an dem der Wind heulte und rüttelte, so dass unsere Nerven auf eine echte Zerreißprobe gestellt wurden. Trotzdem genossen wir die Zeit auf Kreta, nicht zuletzt aufgrund des tollen kulinarischen Angebots.

Das Konzert war mit schätzungsweise 100 Menschen im Publikum das bestbesuchte. Das Publikum schien begeistert und erklatschte sich drei Zugaben, was in Griechenland wohl einen Ritterschlag bedeutet. Denn wie uns später von Einheimischen erklärt wurde, ist das griechische Publikum durchaus kritisch und versagt den Applaus bei Missfallen auch schon mal ganz. Die dritte Zugabe kam übrigens erst in Athen bei einem gemütlichen Glas Rotwein auf den Plan. Marcel und Christopher spielten als Debut eines auf der Reise neu entstandenen Klavierduos vierhändig den fünften ungarischen Tanz von Brahms, der das Publikum aufgrund der Popularität dieser Musik noch einmal besonders mitriss.

Die Reise war für uns alle ein ganz besonderes Erlebnis. Wir bekamen unglaublich viel zu sehen, lernten immer wieder neue Menschen kennen und wurden überall herzlichst empfangen und regelrecht verwöhnt. Vielen Dank den Goethe-Instituten und dem Deutschen Musikrat! 

Autor
Print-Rubriken
Unterrubrik