Landesweit kaum Neuanmeldungen an öffentlichen Musikschulen, Einnahmeverluste und unzählige Musikschulangebote, die nicht durch digitale Konzepte ersetzt werden können: Das ist der derzeit perspektivlose Blick auf die musikalische Bildung in Schleswig-Holstein.
40.000 Musikschüler und Musikschülerinnen, 22 öffentliche Musikschulen und mehr als 1.200 Lehrkräfte leiden unter den anhaltenden Beschränkungen zur Eindämmung des Corona-Virus (COVID-19). „Die Musikschulen kämpfen und sie dürfen nicht vergessen werden. Auch wir brauchen dringend eine Perspektive, wie es weitergeht, und finanzielle Unterstützung vom Land, damit die Krise weiterhin solidarisch überlebt werden kann“, so Dr. Rhea Richter, Geschäftsführerin des Landesverbandes der Musikschulen in Schleswig-Holstein.
In Schleswig-Holstein liegt der Inzidenzwert unter 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Einwohnerinnen und in vielen Bereichen sind nun stufenweise Öffnungen vorgesehen. Bislang werden Musikschulen in diesem Stufenplan jedoch nicht erwähnt. Derzeit bekommt man gar den Eindruck, dass der Bereich außerschulische Bildung, wozu auch die Musikschulen gehören, vergessen wurde. Hatte man nicht angekündigt, die Öffnung der Musikschulen an die Öffnung der allgemeinbildenden Schulen zu koppeln? Unsere Musikschulen setzen landesweit umfassende Hygienekonzepte um (wie u. a. Spuckschutze bei Blasinstrumenten und Gesang, Wegepläne in den Musikschulgebäuden, Desinfektionsmöglichkeiten, Lüftungskonzepte, Disposition der Unterrichtsstunden zur Vermeidung von Kontakten etc.), die sich im Sommer und Herbst 2020 bereits als wirksam bewährt haben.
Bis jetzt hat der Online-Unterricht das Überleben gesichert. Innovative digitale Musikschul-Angebote und eine grundsätzliche Optimierung der digitalen Infrastruktur an den öffentlichen Musikschulen in Schleswig-Holstein sind als Beispiele für einen positiven Output in der Pandemie zu nennen. Hierfür mussten viele Musikschulleitungen in die Rolle eines IT-Technikers schlüpfen. „Es war ein großer Aufwand, kurzerhand digitale Unterrichtskonzepte zu entwickeln. Regelmäßige Meetings mit dem ganzen Kollegium, gemeinsames Testen und Erproben von Unterrichtsmöglichkeiten und auch der Umgang mit verschiedenen Softwares gehörten plötzlich zum Alltag“, so Petra Marcolin, Musikschulleiterin an der Kreismusikschule Ostholstein im Interview mit dem Landesverband der Musikschulen in Schleswig-Holstein.
Dennoch können nicht alle Musikschulangebote durch digitale Konzepte ersetzt werden. Nach fast 365 Tagen Corona braucht daher die musikalische Bildung in Schleswig-Holstein eine klare Perspektive. Außerschulische Bildung findet in aktuellen Stufenplänen keine Erwähnung. Die Musikschulen hoffen im Sinne aller Kunst- und Kulturschaffenden nicht nur auf eine nachhaltige Unterstützung vom Land Schleswig-Holstein, sondern auch auf eine schrittweise Öffnung.
Der Landesverband der Musikschulen in Schleswig-Holstein e.V. hat sowohl mit Musikschüler*innen als auch mit Musikschullehrkräften und Musikschulleitungen Interviews zum Thema „365 Tage Corona“ durchgeführt. Wie die jeweiligen Gruppen mit der Pandemie umgehen, kann auf dem Blog „MusikschulLeben“ nachgelesen werden.