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Abschied von den Festspielen - Eva Wagner-Pasquier wird 70

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Bayreuth - Als Assistentin des berühmten Vaters ist sie mittendrin im Operngeschehen, dann wird sie eiskalt verstoßen. Jahre später kehrt sie zurück: Eva Wagner-Pasquier hat viel erlebt bei den Bayreuther Festspielen. Nun wird sie 70 - und der Abschied steht bevor.

Es werden die letzten Festspiele in Bayreuth sein, für die Eva Wagner-Pasquier als Mitglied der Festivalleitung mitverantwortlich ist. Doch erneut wird vor allem ihre 33 Jahre jüngere Halbschwester Katharina im Mittelpunkt stehen, die die Auftaktpremiere «Tristan und Isolde» inszeniert und die Richard-Wagner-Festspiele künftig alleine leiten wird.

Aber das dürfte Eva Wagner-Pasquier nicht weiter schlimm finden. Die Rolle des Aushängeschildes, des Sprachrohrs und der Repräsentantin hatte sowieso stets Katharina inne. Wagner-Pasquier scheut das Rampenlicht und die öffentliche Aufmerksamkeit. Am Dienstag (14. April) wird sie 70 Jahre alt. Ihren Geburtstag begeht sie im privaten Rahmen. Ab dem Herbst wird sie den Wagner-Festspielen nur noch als Beraterin verbunden sein.

Womöglich ist die Zurückhaltung erklärbar mit all den Wirrungen und Wendungen, die Wagner-Pasquier im Schatten des Grünen Hügels erleben musste: Die Urenkelin des Komponisten Richard Wagner und Tochter des langjährigen Festspielchefs Wolfgang Wagner war zunächst die rechte Hand des Vaters, sie war maßgeblich an den Vorbereitungen zu Patrice Chéreaus «Jahrhundert-Ring» 1976, zum 100-jährigen Bestehen der Festspiele, beteiligt. Doch dann kam es zum Bruch: Wolfgang Wagner ließ sich von seiner ersten Frau Ellen Drexel scheiden, um seine Mitarbeiterin Gudrun Mack zu heiraten - die gerade einmal ein Jahr älter war als Eva.

Die Tochter also verließ Bayreuth. Seit 1977 ist sie mit dem Franzosen Yves Pasquier verheiratet, 1982 kam Sohn Antoine zur Welt. Der Oper widmete sie sich weiterhin - als Expertin für Opernverfilmungen, im Royal Opera House Covent Garden in London, an der Bastille-Oper Paris und beim Festival Aix-en-Provence. 2001 griff sie schon einmal nach der Macht am Grünen Hügel in Bayreuth, damals an der Seite ihrer Cousine Nike. Doch der Plan scheiterte am eigenen Vater, der ihr Unfähigkeit vorwarf.

Und dann wenige Jahre später die Überraschung: Eva und ihr Vater näherten sich einander wieder an, nachdem Wolfgangs Frau Gudrun gestorben war. Sie lernte ihre Halbschwester Katharina kennen. Und mehr noch - 2008 trat sie an deren Seite die Nachfolge des Vaters in der Festivalleitung an.

Wer erwartet hatte, da würden nun medienwirksam die Fetzen fliegen in Bayreuth angesichts dieser ungewöhnlichen Konstellation, der wurde enttäuscht. Beide traten in der Öffentlichkeit als harmonisches Doppel auf. Vor allem Katharina spricht stets von «meiner Schwester», wenn es um Eva geht.

Fast wirkte es, als würde die Kritik, die ja durchaus auf die Festspielleitung einprasselte, sie zusammenschweißen. Denn es lief wahrlich nicht alles rund unter der Leitung der Halbschwestern: Die allseits gelobte Idee eines Wagner-Public-Viewings konnte nach dem Rückzug eines Sponsors nicht weiterverfolgt werden. Ein Sänger mit angeblichem Tattoo mit Nazi-Symbolik musste wenige Tage vor Festivalstart Bayreuth verlassen. Der Skandalkünstler Jonathan Meese wurde erst groß als Regisseur angekündigt, darf aber nun nicht «Parsifal» inszenieren. Und der «Ring des Nibelungen» in der Deutung von Frank Castorf ist zwar umstritten, gilt aber nicht wirklich als bahnbrechend, zumal es lange gedauert hatte, bis überhaupt ein Regisseur für das Mammutwerk gefunden werden konnte.

Auch ihr Ausscheiden mit nun 70 Jahren habe nichts mit einem Zerwürfnis mit Katharina zu tun, hatte Eva Wagner-Pasquier im Vorjahr in einem ihrer seltenen Interviews betont. «Mit meiner Halbschwester läuft es gut», sagte sie dem «Focus». Wenngleich das Ende ihrer Amtszeit in Bayreuth - wie meist üblich in Sachen Wagner-Clan - von vielen Spekulationen begleitet ist. Aber Eva Wagner-Pasquier schweigt dazu.

Nein, eine Handschrift Wagner-Pasquiers sei in den vergangenen Jahren nicht erkennbar gewesen, sagt die Musikwissenschaftlerin Eva Rieger. Die Expertin für Leben und Werk Richard Wagners hat vor zwei Jahren ein Buch über die rebellische Wagner-Enkelin Friedelind veröffentlicht und gilt somit auch als Kennerin des Clans und der Festpiele. Es fehle an Bewusstsein für die historische Dimension des Amtes, sagt Rieger.

Die meisten Erwartungen, die man in das weibliche Führungsduo am Grünen Hügel gesetzt habe, hätten sie nicht erfüllt, bilanziert Rieger - und verweist unter anderem auf die Personalien Meese und Castorf. «Die Regiebesetzung, die zu den wichtigsten Aufgaben der beiden gehörte, ging völlig daneben.»

 

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