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Der Deutsche Musikrat. Foto: Hufner
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Deutscher Musikrat: Fuck you 1Falt. Musikalische Vielfalt ermöglichen und nutzbar machen

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Das Präsidium des Deutschen Musikrates hat einstimmig den Forderungskatalog „Fuck you 1Falt. Musikalische Vielfalt ermöglichen und nutzbar machen“ verabschiedet. Mit dem Forderungskatalog reagiert der Deutsche Musikrat auf die aktuellen gesellschaftlichen Veränderungen und fordert, dass die Musikalische Vielfalt für die gesellschaftliche Fortentwicklung stärker im öffentlichen und politischen Bewusstsein verankert wird. Das Positionspapier richtet sich mit sechs Kernforderungen an den Deutschen Bundestag, die Bundesregierung, den Bundesrat und die Dachvereinigungen der Kommunen und Länder.

Hierzu Martin Maria Krüger, Präsident des Deutschen Musikrates: „Durch unzureichende Rahmenbedingungen ist für viele Menschen in Deutschland der Reichtum unserer Musikalischen Vielfalt nicht im vollen Umfang zugänglich. Um die beispiellose Vielfalt des Musiklebens in Deutschland für alle erfahrbar zu machen, ist eine kontinuierliche und qualifizierte Regelförderung ebenso wichtig wie verbesserte Strukturen im urbanen und ländlichen Raum für die Amateurmusik und die öffentliche Musikförderung. Die drei Grundsäulen der UNESCO-Konvention ‚Kulturelle Vielfalt‘ verpflichten uns zu einem nachhaltig wirksamen Umgang mit kreativen Ressourcen. Der Deutsche Musikrat appelliert an die politischen Entscheider, Bildung und Kultur eine höhere Priorität einzuräumen. Bildung und Kultur sind das Fundament für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.“

An den Deutschen Bundestag, die Bundesregierung, den Bundesrat und die Dachvereinigungen der Kommunen und Länder

Fuck you 1Falt

Musikalische Vielfalt ermöglichen und nutzbar machen: Sechs Forderungen des Deutschen Musikrates

1. 350 Mio Euro zweckgebundene Bundesmittel als Ergänzungsfinanzierung für die musikalische Regelförderung

Musikalische Bildung in Kita, allgemeinbildender Schule und Musikschule für jedes Kind über die gesamte Bildungszeit ermöglichen.

2. Faire Vergütung und soziale Absicherung

Veränderte Beschäftigungsstrukturen hin zu vielseitigen Berufsbildern machen ein Umdenken bei der Honorierung notwendig, um die Existenzen von professionell Tätigen in dem Feld zu sichern. Die Folgekosten des Prekariats sind zu hoch.

3. Verbesserte Strukturen im urbanen und ländlichen Raum für die Amateurmusik

Helfen ermöglichen durch Entbürokratisierung und angemessene Abgeltung, z.B. eine flächendeckende Übungsleiterpauschale

4. Breitband für alle

Urheber schützen, Datenautobahnbetreiber dem Gemeinwohl verpflichten und zügiger Ausbau des Datennetzes. Kulturelle Vielfalt bedingt Kommunikation.

5. Einrichtung eines Fonds für bedrohte Einrichtungen in der öffentlichen Musikförderung in Höhe von 1 Mrd. Euro

Die Kulturelle Vielfalt ist durch Kürzungen und Schließungen insbesondere im ländlichen Raum bedroht.

6. Wahrung der Werte des Grundgesetzes

Musikalische Vielfalt erfahrbar machen als Teil des transkulturellen Dialoges, die Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre nicht der Ökonomisierung unterwerfen und die Aufstockung des Musikfonds auf 3 Mio. zur Förderung der aktuellen Musik, die nicht zum Mainstream gehört.

Erläuterungen

In den letzten fünf Jahren hat sich das Tempo gesellschaftlicher Veränderungen stark beschleunigt. Die Ökonomisierung nahezu aller Lebensbereiche, die Migrationsbewegungen und der rasante Übergang in das digitale Zeitalter sind wesentliche Treiber dieser Beschleunigung. Die drei Grundsäulen der UNESCO-Konvention zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen, Kulturelles Erbe, aktuelle Musik und die Musik anderer Herkunftskulturen, verpflichten die Bundesrepublik Deutschland zu einem nachhaltig wirksamen Umgang mit ihren kreativen Ressourcen. Dieser Verpflichtung kommen die politische Akteure nicht bzw. nicht hinreichend nach:

  • Immer mehr Kindern wird eine qualifizierte und kontinuierliche Musikalische Bildung vorenthalten
  • Die Prekarisierung ganzer Berufszweige im Musikland Deutschland führt zu sozialer Not und Deprofessionalisierung in der Musikvermittlung wie in der Ausübung.
  • Die persönlichen Risiken und Belastungen für ehrenamtliches Engagement steigen durch die bisher nicht eingelösten Zusagen zur Entbürokratisierung und angemessenen Abgeltung.
  • Die Rahmenbedingungen für Kulturakteure, im Digitalen Zeitalter angemessen auf die Veränderungen für Produktion, Distribution, Rezeption und eine mobile Gesellschaft reagieren und agieren zu können, sind tendenziell veränderungsresistent.
  • Die zentrale Herausforderung einer humanen Gesellschaft, Neugier auf das Unbekannte zu wecken und lebenslang zu befördern, wird in dramatischer Weise vernachlässigt. Die Werte des Grundgesetzes vermitteln sich gerade über eine kulturell geprägte Identitätsfindung. Die kulturelle Dimension gesellschaftlicher Fortentwicklung ist im öffentlichen Bewusstsein unterentwickelt.

Schlagworte wie Populäre Kultur, Integration, Inklusion, Neue Musik und Kulturelle Bildung lesen Sie bei uns nicht. In dem Wissen um die Potenziale unseres Landes, der viertstärksten Industrienation der Welt, mit dem Willen vieler Menschen zur Mitgestaltung einer humanen Gesellschaft, stellen wir unsere Forderungen in einen direkten Zusammenhang zur UNESCO- Konvention Kulturelle Vielfalt; sowie in dem Wissen um die Ergebnisse zahlreicher Untersuchungen, wie dem Bericht der Enquetekommission „Kultur in Deutschland“, dem Kulturbarometer, dem DMR-Grünbuch und den Bertelsmann-Studien.

Berlin, 05. Dezember 2016

Das Präsidium des Deutschen Musikrates

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