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Neuer Hochschulrat an der Hochschule für Musik Nürnberg. Foto: Hufner
Clingenburg erleuchtet für «Die Päpstin». Foto: Hufner
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Sächsischer Musikschulkongress wird von Protestaktion der Honorarlehrkräfte begleitet

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Leipzig - Sachsens Kunstministerin Eva-Maria Stange (SPD) hat die Musikschulen als wichtigen Faktor für das gesellschaftliche und kulturelle Miteinander gewürdigt. Das Musizieren übe nicht nur die technischen Fähigkeiten und das musikalische Zusammenspiel, es erfordere auch ein intensives aufeinander Hören und einen respektvollen Umgang miteinander, sagte sie am Samstag bei der Eröffnung des Sächsischen Musikschulkongresses in Leipzig.

In den Haushaltsjahren 2017 und 2018 hätte der Freistaat die Musikschulen mit jeweils sechs Millionen Euro gefördert. Dies solle im Doppelhaushalt 2019/20 möglichst fortgeschrieben werden, so die Ministerin.

Im Landesverband der Musikschulen sind 25 Einrichtungen zusammengeschlossen, an denen mehr als 63 000 Kinder und Jugendlichen unterrichtet werden.

Der sächsische Musikschulkongress wurde am Samstag von einer Protestaktion begleitet. Ausgerufen wurde sie vom Deutschen Tonkünstlerverband, Landesverband Sachsen

Pressemitteilung

Protestaktion von Honorarlehrkräfte öffentlicher sächsischer Musikschulen anlässlich des Sächsischen Musikschulkongresses

Anlässlich des mit sächsischen Fördergeldern* finanziertem Sächsischen Musikschulkongresses führen Honorarlehrkräfte sächsischer Musikschulen eine Protestaktion durch, bei der gegen das Vertuschen und Verstecken der Situation der mit 74 % der Lehrkräfte** größten Beschäftigtengruppe an diesen Schulen nachdrücklich und öffentlich protestiert werden soll. Symbolhaft soll u.a. die „Halbierung“ von Instrumenten das im Mittel weniger als „halbe“ Honorar, gemessen am Entgelt fest angestellter Kollegen für gleiche Leistungen, der knapp 1900 betroffenen Honorarlehrkräfte an diesen Schulen illustrieren. Seit Jahrzehnten wurde die Hauptlast des in seinen Personalstrukturen krank gesparten Systems der öffentlichen Musikschulen in Sachsen den Honorarlehrern aufgebürdet. Mit ihren im Verhältnis zum Tariflohn immer geringeren Honoraren leisten sie einen unfreiwilligen Honorarverzicht, der sie zum größten, wenn auch unfreiwilligen Sponsor der niedrig gehaltenen Elternbeiträge, der gestiegenen Verwaltungskosten und der Tariflöhne für die fest angestellten Kolleg‘‘*innen für den Musikunterricht an öffentlichen Musikschulen macht. Der in jährlich neuer Vertragsabhängigkeit erzwungene Honorarverzicht im Verhältnis zu den für gleiche Leistungen durch Tarifbeschäftigte anfallenden Personalkosten und den von den Berufsverbänden und Gewerkschaften ermittelten Mindesthonorare entspricht in der Musikschule Leipzig ca. 2 Mio € pro Jahr, im Vergleich dazu ist die Landesförderung i. H. v. 940 T€ geradezu bescheiden...

Besonders richte sich der Protest dagegen, dass in dem Tagungsplan des 2. Sächsischen Musikschulkongresses dieses Problem mit keinem einzigen Wort erwähnt, in keinem Panel thematisiert und in keiner Presserklärung zum Kongress benannt wird. Weder sind Interessenvertretungen der Honorarlehrer noch der Berufsverband für Musik, die seit Jahren Vorschläge für politisch realisierbare Stufenpläne zur schrittweisen Angleichung an angemessene Honorare auf den Tisch gelegt haben, auf die Podien geladen, noch enthalten die Pressemitteilungen zum Kongress oder das Tagungsprogramm überhaupt den Begriff Honorar oder sehen eine Gespräch mit den Betroffenen vor.

Ausrichter des 2. Musikschulkongress Sachsen ist der Verband deutscher Musikschulen Landesverband Sachsen, praktisch der „Arbeitgeberverband“ für öffentlich geförderte Musikschulen. Schirmherrin ist mit Frau Dr. Eva-Maria Stange die Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst. Aus dem Etat ihres Ministeriums erfolgt sowohl die Förderung von 32 Musikschulen in Sachsen, von denen 25 Mitglieder des VdM sind, i. H. v. 5.283.470 € und die Förderung des Verbandes der Musikschulen selbst i.H.v. 580 T€ jährlich. Ein wesentlicher Programmpunkt des Kongresses ist das „Berufsbild des Musikschullehrers“. Da sie im Kongressprogramm nicht vorklommen, stehen die Honorarlehrkräfte am 10.11. nun selbst am Veranstaltungsort, um sichtbar auf ihre wichtige Rolle und ihre schlechte Gesamtsituation an Musikschulen aufmerksam zu machen.

  • Im Durchschnitt die Hälfte der erbrachten Unterrichtsleistungen an öffentlichen sächsischen Musikschulen wird von hochqualifizierten, jedoch absolut unterbezahlten Honorarlehrkräften erbracht. Zahlenmäßig sind mit 3⁄4 mehr Honorarlehrkräfte als Festangestellte dort tätig. Die Kostenlast des Unterrichts zu für alle sozialen Schichten bezahlbaren Gebühren wird einseitig durch die viel zu geringen Honorare auf die Honorarlehrkräfte abgewälzt.
  • In den Wirtschaftsplänen bzw. Konzeptionspapieren von MS tauchen Honorare und Honorarlehrkräfte, ohne deren Leistung sächsischen Musikschulen nicht arbeitsfähig wären, nur marginal bzw. sehr versteckt als Sachmittel auf.
  • Die schlechte Bezahlung hat Auswirkungen auf die Fördermöglichkeiten der Schüler durch Honorarlehrkräfte. Dies sowie ihr Ausschluss von Musikschule-internen Informationen zur Verminderung der Gefahr der Scheinselbständigkeit dieser Beschäftigungsverhältnisse schafft zugleich eine Ungleichbehandlung von Schülern, quasi eine 2-Klassengesellschaft auf Lehrer- und Schülerebene. Dies kommt einem Betrug an den Kunden (Schülern, Schülereltern) gleich.
  • Aufgrund ihrer Vertrags- und Rechtsstellung sind Honorarlehrkräfte in einer deutlich schlechteren Position und können sich nicht gleichwertig organisieren wie festangestellte Kollegen. Ihre gewählten Vertretungen agieren ohne Schutz, eine Anerkennung wie die der Personalräte für Tarifangestellte ist nicht vorgesehen.
  • Da Honorarlehrkräfte an den öffentlichen Musikschulen zur formalen Vermeidung von Scheinselbstständigkeit nur in Teilzeitverträgen mit im Mittel 25 % einer Vollzeitstelle beschäftigt werden, müssen sie als „akademische Wanderarbeiter“ ihre Existenz durch mehrere solche Teilzeitverhältnisse sichern. Ihre Bezeichnung als „Nebenamtliche“ ist ebenso irreführend wie falsch. Sie werden zu akademischen „Wanderarbeitern“, deren Lage zum Erhalt der bestehenden ungerechten Verhältnisse gezielt gerade von den öffentlichen musikschulen mit ihrer regionalen Dominanz ausgenutzt wird.
  • Wie die Musikhochschulen bestätigen, stagniert die Nachwuchsgewinnung für Musikschullehrer. Der Beruf, der kaum Festanstellungen, aber überwiegend langjährige Tätigkeit in unterbezahlten Honorarverhältnissen verspricht, ist unattraktiv. Die musikalische Bildung der zukünftigen Jugend und der Erhalt unserer kulturellen Werte sind damit in ernster Gefahr.

Die Honorarlehrkräfte fordern flächendeckend für Sachsen eine höhere Würdigung ihrer Leistungen, auch monetär, sowohl durch Politik als auch durch den Verband deutscherr Musikschulen.
Die Aktion wird organisiert durch die Honorarlehrervertretung der Musikschule J. S. Bach Leipzig und den Berufsverband für Musik in Sachsen – DTKV Sachsen e. V.

*Die Mitglieder des VdM als auch der VdM Landesverband selbst werden aus ca. 6 Mio/Jahr staatlichen Mitteln gefördert, zuzüglich erhalten die Mitgliedsschulen des VdM kommunale Fördermittel, u.a. aus Mitteln des Kulturraumgesetzes, ihre Mitgliedsbeiträge werden daher zu wesentlichen Teilen aus öffentlichen Mitteln finanziert.
**Quelle: Bericht des SMWK vom Juni 2018 im sächsischen Landtag

Berufsverband für Musik - Deutscher TonkünstlerverbandLandesverband Sachsen (DTKV Sachsen e.V.) In Kooperation mit der Honorarlehrervertretung der Musikschule Leipzig „Johann Sebsastian Bach“ und Honorarmusikpädagogen aus VdM-Musikschulen Sachsens

Im Auftrag

Christian Scheibler, Geschäftsführer DTKV Sachsen e.V.

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