Heinz Winbeck: Sinfonien 1 bis 5 +++ Hans Abrahamsen: Left Alone – Konzert für die linke Hand; Gérard Pesson: Future is a faded song für Klavier und Orchester; Oscar Strasnoy: Kuleshov – Konzert für Klavier und Kammerorchester. +++ Émile Sauret: 24 Études-Caprices op. 64, Vol. 3 (Nr. 14–19). Nazrin Rashidova, Violine
Heinz Winbeck: Sinfonien 1 bis 5. Christel Borchers, Udo Samel , Günter Binge, Werner Buchin, Wolf Euba, Bruce Weinberger; Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, ORF Radio-Symphonieorchester Wien, Deutsches Symphonie-Orchester Berlin, Beethoven Orchester Bonn, Konzertchor Darmstadt; Muhai Tang, Dennis Russell Davies, Mathias Husmann, Wolfgang Seeliger. TYXart
Winbeck wollte, dogmatikunbelastet, „das musikalische Urerlebnis, den Vorgang der Musikwerdung selber gestalten“. Nicht einer neuen Einfachheit wollte er sich zuordnen, mit der man, zumindest begrifflich neutralisierend, nur maskiert hätte, was er komponierte. Sein Ziel war, sich frei und „authentisch in seinen ganz eigenen Lebensstürmen“ zu orientieren – so Leonhard Scheuchs Resümee. Winbeck starb am 26. März 2019, war 73. Sein Schaffen ist, allein auf Grund seines kritischen Bewusstseins, übersichtlich geblieben. Im Zentrum stehen – wahrscheinlich – seine fünf, hier in Mitschnitten präsentierten Sinfonien. Teils sind sie oratorisch erweitert, teils folgen sie Vorbildern, überwölben diese emphatisch, beschwören, schmerzhaft eindringend, existentiell Schicksalgebundenes. Als sie entstanden, kamen sie zu früh. Jetzt bestürzen sie immer noch durch ihren Kosmos aktueller Unabänderlichkeiten. [Hanspeter Krellmann]
Hans Abrahamsen: Left Alone – Konzert für die linke Hand; Gérard Pesson: Future is a faded song für Klavier und Orchester; Oscar Strasnoy: Kuleshov – Konzert für Klavier und Kammerorchester. Alexandre Tharaud, Klavier; Rotterdam Philharmonic Orchestra, Yannick Nézet-Séguin; Frankfurt Radio Symphony; Tito Ceccherini; Les Violons du Roy, Mathieu Lussier. Erato
Wer mit Rameau in solch unvergleichlicher Brillanz und Sensibilität und ungeahnter Virtuosität auf dem Klavier antritt zum Marsch durch die globalen Instanzen des Musikbetriebs wie Alexandre Tharaud vor Jahren, der lässt so viel Offenheit in der Historie zurück und gleichermaßen in die undefinierten Territorien des Zukünftigen zu, dass er zwischen dem Hof von Versailles aus entspannt zu Tonangebern der Gegenwart überwechseln kann. Die Tansparenz seines Spiels ermöglicht ihm einen unvergleichlichen Johann Sebastian Bach wie einen authentischen Debussy. Jetzt hat er sich mit drei Zeitgenossen eingelassen, die ihm klavieristisch Parlierendes für die linke Hand alleine ebenso in die Hand geschrieben haben wie die Virtuosität Herausforderndes. Clarté vom Feinsten. Unbedingt anhören! [Wolf Loeckle]
Émile Sauret: 24 Études-Caprices op. 64, Vol. 3 (Nr. 14–19). Nazrin Rashidova, Violine. Naxos
Unfassbar, dass derart erstklassig geschriebene, melodienselige und klangschöne Werke für Sologeige nie zuvor eingespielt wurden! Zwar verlangt der Geiger-Komponist Émile Sauret (1852–1920) dem/der Ausführenden alles ab, aber tun Bach, Paganini oder Ÿsaye dies etwa nicht? Die aus Baku stammende Solistin Nazrin Rashidova jedenfalls promoviert derzeit über diesen etwa viereinhalbstündigen (!) Zyklus von 24 Études-Caprices und kennt sich deshalb theoretisch bestens aus. Andererseits fühlt sie sich den geigerischen Herausforderungen nicht bloß gewachsen, sie macht (übrigens auf Saurets eigener Stradivari) so hinreißend Musik, dass alle Technik vergessen ist und die 79 Minuten wie im Fluge vergehen. Wann kommt das abschließende Vol. 4? [Mátyás Kiss]