Auf ihrem 13. Album probierten die Rolling Stones verschiedene Gitarristen und Musikstile aus. Zum 50. Jubiläum erscheinen zuvor unveröffentlichte Aufnahmen - darunter ein besonders gelungenes Cover.
Nach dem Ausstieg von Gitarrist Mick Taylor standen die Rolling Stones Ende 1974 vor einem Umbruch. Die Aufnahmesessions für ihr 13. Studioalbum dienten der britischen Rockband deshalb gleichzeitig als Castingprozess für Taylors Nachfolger.
Den Job bekam schließlich Ronnie Wood, der bis heute dabei ist. Im April 1976 erschien die fertige LP «Black And Blue», die einen Stilwechsel markierte. Anlässlich des bevorstehenden 50. Jubiläums des Albums erscheint jetzt eine Neuauflage mit umfangreichem Zusatzmaterial.
Albumsessions als Gitarristen-Casting
Die Arbeit hatte noch im Dezember 1974 in den legendären Münchner Musicland Studios von Soundgenie Giorgio Moroder begonnen. Doch das Meiste entstand in Rotterdam, wo die Stones auch die Suche nach einem Taylor-Ersatz vorantrieben. Während der Aufnahmen tauchten einige namhafte Kandidaten im Studio auf, darunter Peter Frampton und Harvey Mandel. Rory Gallagher und Jeff Beck sollen nur zum Jammen vorbeigeschaut haben.
Die Ballade «Fool To Cry» war die einzige Singleveröffentlichung des Albums. An der Gitarre ist der US-Musiker Wayne Perkins zu hören, der auch auf den Tracks «Hand Of Fate» und «Memory Motel» spielte. Perkins war laut Keith Richards nah dran, den Job permanent zu bekommen. Richards schrieb in seiner Autobiografie «Life», dass sich die Bandmitglieder vor allem deshalb für Ronnie Wood entschieden, weil sie einen Engländer wollten.
Stilmix mit gemischten Reaktionen
Musikalisch wagten sich die Rolling Stones mit «Black And Blue» teilweise auf neues Terrain. Neben klassischem Rock'n'Roll («Hand Of Fate») und Blues («Crazy Mama») erweiterten Jagger und Co. ihren Sound um echten Funk («Hot Stuff»), Reggae («Cherry Oh Baby») und Soul («Memory Motel»). Der Albumtitel spiegelt den starken Einfluss afroamerikanischer Musik wider.
Die neue Stilrichtung - oder besser: das Mäandern zwischen den Stilen - löste bei Musikpresse und Fans gemischte Reaktionen aus. Der berühmte Musikkritiker Lester Bangs vom Magazin «Creem» urteilte seinerzeit, «Black And Blue» sei «das erste bedeutungslose Rolling-Stones-Album». Doch die LP erreichte Platz 1 der amerikanischen und Platz 2 der britischen Hitparade. In Deutschland reichte es immerhin für Platz 15.
Sechs Studioaufnahmen erstmals veröffentlicht
Die Neuauflage zum Jubiläum erscheint in mehreren Formaten. Am umfangreichsten ist die Super Deluxe Box, wahlweise mit fünf Vinyl-LPs oder vier CDs. Sie enthält sechs zuvor unveröffentlichte Studioaufnahmen, darunter die Jagger/Richards-Komposition «I Love Ladies», eine herrliche Coverversion von Shirley & Companys «Shame, Shame, Shame» - unbegreiflich, dass sie Jahrzehnte im Archiv verschlossen blieb - und mehrere Studiosessions mit den Gastgitarristen.
Ein Highlight ist auch der Konzertmitschnitt vom Londoner Earls Court, wo Ian Stewart, Billy Preston und Ollie Brown - alle haben am Album mitgewirkt - mit den Stones auf der Bühne standen. Auf Blu-Ray ist unter anderem eine TV-Aufzeichnung der Stones-Show von 1976 in Les Abattoirs in Paris enthalten. Dazu gibt es ein 100-seitiges Hardcover-Buch.
Rolling Stones: Black And Blue (2025) Box-Set, 2 CD
- Label : Polydor (Universal Music)
- erscheint am Fr., 14.11.2025