Komplizierte Matheaufgaben lösen, die Bedingungen für die Gründung eines Unternehmens kennenlernen, eine App für Diabetiker entwickeln, eine neue Sprache lernen, ein Instrument spielen… Jugendliche in Deutschland beschäftigen sich mit den erstaunlichsten und vielfältigsten Hobbys und bundesweite Wettbewerbe unterstützen sie dabei. 23 von ihnen haben sich zur „Arbeitsgemeinschaft bundesweiter Schülerwettbewerbe“ zusammengeschlossen, Seit kurzem gehört auch „Jugend musiziert“ dazu.
Wer sein Hobby tief und ernsthaft betreibt, sucht automatisch Gleichgesinnte. Aus Gleichgesinnten werden Freunde und aus der Freude am gemeinsamen Tun entwickelt sich ganz selbstverständlich der Wunsch, aneinander zu wachsen, voneinander zu lernen, den anderen zu zeigen und nicht zuletzt sich selbst zu beweisen, was man kann. Der Gedanke, dies alles im Rahmen eines Wettbewerbs zu erleben, liegt da gar nicht fern. Im besten Fall verstärkt solch ein Wettbewerb den Spaß am eigenen Tun, stachelt den Ehrgeiz an und lässt bei allen Beteiligten ein Gefühl von verschworener Gemeinschaft entstehen. Der eigene Horizont weitet sich und in der Begegnung mit anderen lernt man neue Dinge.
Als Initiator eines Wettbewerbs achtet man darauf, die Anerkennung großzügig zu verteilen und dass es keine „Verlierer“ gibt. Denn allein die Tatsache, dass Jugendliche es wagen, mit ihrem Können eine öffentliche Bühne zu betreten, verdient, sich als „Gewinner“ zu fühlen.
Wesentliche Elemente eines gut durchdachten Wettbewerbs sind ferner, dass Kritik konstruktiv geäußert, Verbesserungsvorschläge behutsam angebracht werden und dass Juroren eingebunden sind, die ermutigen, anregen, die bewunderte und ausgewiesene Fachleute auf ihrem Gebiet sind. Klingt gut? Gibt es, und der Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ ist nicht der einzige, der sich solche strenge Vorgaben auferlegt.
Für weitere 22 staatlich anerkannte und gesamtstaatlich geförderte Schülerwettbewerbe, gegliedert in die Bereiche „Naturwissenschaften / Mathematik / Technik“ und „Geistes- und Sozialwissenschaften / Kultur“, gelten die eingangs genannten Kriterien ebenfalls. Sie alle haben sich zur „Arbeitsgemeinschaft bundesdeutscher Schülerwettbewerbe“ zusammengeschlossen. Seit November 2016 gehört auch „Jugend musiziert“ diesem Kreis an.
Exklusiver Club – notwendige Distinktion
Vor nunmehr 18 Jahren traf sich die Arbeitsgemeinschaft zum ersten Mal und veranstaltet seither regelmäßig zweimal pro Jahr Tagungen, auf denen die Mitglieder die Möglichkeit des Austausches, der Information und der Weiterbildung haben. Die Arbeitsgemeinschaft versteht sich darüber hinaus als Plattform, um ihre Interessen und Anliegen in der breiten Öffentlichkeit, aber auch gegenüber der Bildungsadministration von Bund und Ländern zu vertreten. Das heißt konkret, dass die AG intensiv und stetig über Kriterien diskutiert, mit deren Hilfe sich ein Wettbewerb bewerten lässt und für qualitiativ hoch befunden wird. Denn nur, wenn für Teilnehmer und Förderer nachvollziehbar ist, wie Auswahl, Bewertung und Ergebnisse zustande kommen, ist die Nachfrage hoch und die Unterstützung gesichert. Die Träger der Wettbewerbe, das sind höchst unterschiedliche Institutionen: Hochschullehrer, Lehrer oder Lehramtsstudenten, Schulbuch-Verlage, staatliche Einrichtungen wie Ministerien, Stiftungen, Fachverbände, Projektgesellschaften oder gemeinnützige Vereine. Ihr Ziel ist es, „(…) die Beteiligung an pädagogisch sinnvollen Wettbewerben zu stärken und diese als Instrumente der Begabungs- und Kompetenzförderung in Ergänzung der schulischen Arbeit im Bildungswesen zu profilieren.“, so heißt es im aktuellen Flyer der AG. Nun ist es ja nicht so, dass das Streben aller Wettbewerbsveranstalter sich auf die Aufnahme in die Arbeitsgemeinschaft bundesweiter Schülerwettbewerbe richten soll. Ein Wettbewerb hat seine Existenzberechtigung duchaus auch auf dem freien Markt und ohne Anbindung an einen exklusiven Club. Und doch lohnt es sich für jeden Wettbewerbs-Initiator, sich an den anspruchsvollen Kriterien, die die AG ihren Mitgliedswettbewerben auferlegt, zu orientieren. Die geschätzte Anzahl aller bundesweiten regelmäßig durchgeführten Wettbewerbe liegt im zweistelligen Bereich. In den letzten fünf Jahren haben sich sieben Wettbewerbe um eine Mitgliedschaft beworben, davon zwei erfolgreich.
Lehren und Lernen mit Leidenschaft
Damit ein Wettbewerb in der AG Mitglied werden kann, muss er eine Reihe von formalen und inhaltlichen Bedingungen erfüllen. Herausgepickt seien hier nur ein paar Punkte, die wesentlich für die Persönlichkeitsentwicklung sind und im Zusammenhang mit schulischer Bildung gesehen werden:
Ein Wettbewerb soll fachliche Begabungen und soziale Kompetenzen sowie die persönliche Entwicklung der Schülerinnen und Schüler fördern; ihr Interesse an Fragen und Problemen eines bestimmten Fachgebiets soll geweckt werden und der Wettbewerb dazu führen, dass sie zur vertieften Auseinandersetzung motiviert werden; und schließlich will der Wettbewerb auch die Lehrkräfte unterstützen, indem er schulische Bildungsarbeit methodisch-didaktisch bereichert. Wer erinnert sich nicht an kurzweilige, informative Unterrichtsstunden in seiner eigenen Schulzeit, als die 45 Minuten Unterrichtszeit wie im Fluge vergingen. In der rückblickenden Analyse hatte das weniger mit dem Stoff selbst zu tun, vielmehr mit der Qualtität der Aufbereitung durch die Lehrkraft, mit ihrem Charisma, mit dem „Brennen“ für das eigene Fachgebiet. Wenn Wettbewerbe, die es für beinahe jedes Schulfach gibt, dazu beitragen, dass Schüler und Lehrer durch solche außerschulischen Angebote zum Lehren und Lernen angeregt werden, hat das nicht nur Auswirkungen auf das Bildungsniveau der Schüler; beide Seiten erleben sich dann auch gegenseitig als aufgewertet.
Der gute Wettbewerb
Die Arbeitsgemeinschaft bundesweiter Schülerwettbewerbe hat über viele Jahre hinweg Kriterien für „gute Schülerwettbewerbe“ herausgearbeitet und im Rahmen einer Tagung 2008 verabschiedet. Man findet die vollständige Liste unter www.bundeswettbewerbe.de
Einige Kriterien verdienen jedoch an dieser Stelle Erwähnung, denn bezogen auf den Wettbewerb „Jugend musiziert“ sind es jene, die Teilnehmer, Eltern oder Lehrkräfte gelegentlich zum Gegenargument reizen. Unter der Rubrik „Information“ heißt es unter anderem: „Die Ausschreibung lässt klar erkennen, nach welchen Kriterien die Wettbewerbsbeiträge bewertet werden, wie der Wettbewerb von der Auslobung bis zur Preisverleihung abläuft und welche Stationen die Wettbewerbsbeiträge durchlaufen.“ Und: „Der Wettbewerb dokumentiert gegenüber der Öffentlichkeit seine Gesamtergebnisse.“
Mitunter ist das im Falle von „Jugend musiziert“ eine Diskussion zwischen Teilnehmern und Wettbewerbsorganisatoren wert. Wenn nämlich das Ergebnis anders ausfällt, als man sich das insgeheim gewünscht hat. Es ist jedoch genau die Veröffentlichung aller Ergebnisse, die zu einem guten Wettbewerb gehört. Beherzigt er diese Regel nicht, läuft er Gefahr, das Attribut zu verwirken.
Ein Blick lohnt auch in den Kriterienkatalog für die Jury. Dort heißt es: „Die Jury arbeitet unabhängig. (…) Die vom Wettbewerb benannte Jury ist auch diejenige, die die Beiträge begutachtet; sie fällt kein bereits vorab getroffenes Urteil, sondern arbeitet ergebnisoffen.“
Vielleicht ist die Akzeptanz der Jurybewertung die härteste Prüfung, durch die man abseits der Konzertbühne gehen muss: Die Präsentation auf der Bühne vor aller und fremder Augen verlangt ja an sich schon viel Mut. Wenn danach die Anspannung abfällt und sich Erleichterung breit macht, ist das Bedürfnis nach Anerkennung besonders hoch. Da fällt es schwer, Kritik anzunehmen. Es hat viel mit Selbstreflexion und Reife zu tun, wenn man sich in solchen Momenten daran erinnert, dass man ja eigentlich aus genau dem Grund am Wettbewerb teilgenommen hatte. Die gute Jury hingegen ist sich der inneren Verfasstheit der „Prüflinge“ bewusst und wird die geeigneten Maßnahmen ergreifen. Um das zu gewährleisten, fordert der Kriterienkatalog: „Ein begleitendes Gremium sichert die fachliche und pädagogische Qualität des Wettbewerbs“. Dank an dieser Stelle dem (erweiterten) Projektbeirat von „Jugend musiziert“!
Was die Zukunft bringt
Die „neuen Medien“, die nun nach einer Dekade nicht mehr neu, sondern selbstverständliches Werkzeug geworden sind, machen auch in der AG bundesweiter Schülerwettbewerbe Diskussionen zum Datenschutz, zu Persönlichkeitsrechten, zu sicheren Anmeldeverfahren notwendig. Einige Themen sind bereits angestoßen, zu manchen Themen wird „Jugend musiziert“ als einer der größten Wettbewerbe sicherlich weitere Aspekte beitragen. Was für die Teilnehmer am Wettbewerb gilt, gilt auch in der AG: aneinander wachsen, voneinander lernen.