Seit 2023 übernimmt unser Mitglied im Tonkünstlerverband Baden-Württemberg e. V. und ehemaliger stellvertretender Vorstandsvorsitzender Johannes Hustedt die künstlerische Leitung des größten Klassik Open-Air-Konzertes in Baden-Württemberg: Mount Klassik im Rahmen von DAS FEST Karlsruhe. Zuletzt am 27. Juli war es dann wieder soweit: Ein besonderer DAS FEST-Sonntagvormittag mit rund 20.000 Zuhörer:innen stand auf dem Programm. Während bei den meisten Festivals noch der letzte Rausch der Nacht ausgeschlafen wird, wurde am Mount Klotz bereits musiziert – mit allem, was die klassische Musik zu bieten hat: großer Orchesterklang, ein mitreißender Chor, tiefe Menschlichkeit und in diesem Jahr ein Ausschnitt aus einem Werk, das selbst Musikgeschichte geschrieben hat: das Finale von Beethovens 9. Sinfonie.

Rund 20.000 Zuhörer:innen bei Mount Klassik 2025 im Rahmen von DAS FEST in Karlsruhe. Foto: Johannes Hustedt
Mount Klassik
Was einst als „Klassik-Frühstück“ begann, firmiert nun unter dem Namen „Mount Klassik“. Der neue Titel ist Programm. „Nachdem wir feststellten, dass das ‚Klassik-Frühstück‘ das größte Konzertereignis mit klassischer Musik in Baden-Württemberg ist, waren wir der Meinung, dass das auch mit einem angemessenen Namen gewürdigt werden sollte“, erklärt Johannes Hustedt, künstlerischer Leiter des Projekts. Der Begriff „Mount Klassik“ sei auch eine augenzwinkernde Hommage an den imposanten Veranstaltungsort: „Ebenso gewaltig kommt unser Mount Klotz während DAS FEST rüber. Deshalb: Mount Klassik!“.
Doch der neue Name ist mehr als ein cleveres Rebranding. Er steht für eine neue Perspektive auf klassische Musik, eine Öffnung hin zum Festivalpublikum, das sonst vielleicht selten in den Konzertsaal findet. „Klassische Werke klingen einfach anders auf der Hauptbühne: frischer, jünger, eindrücklicher als im etablierten Konzertsaal“, sagt Hustedt. Die Aufführung werde so zu einer zutiefst menschlichen Erfahrung – und das passt exakt zur Philosophie von DAS FEST, das Begegnung, Vielfalt und Lebensfreude in den Mittelpunkt stellt.
Seid umschlungen
Im Mittelpunkt des Programms stand in diesem Jahr das Finale von Beethovens 9. Sinfonie, die „Ode an die Freude“. Warum gerade dieses Werk? „Dieses ‚Seid umschlungen, Millionen’ war Beethoven offensichtlich existenziell wichtig“, so Hustedt. „Er schuf damit ein Werk, das alle Formen sprengte – eine Sinfonie mit Chor und Gesangssolistinnen und -solisten im Finale. Das war vorher noch nie da gewesen.“ Dass dieses „Gipfelwerk“ ausgerechnet zum 40-jährigen Jubiläum von DAS FEST erklänge, sei für ihn ein besonderes Geschenk. „Seit ich den Klassik-Vormittag erlebe, sehe und höre ich dieses Finale förmlich vor mir auf der Bühne.“ Für die Aufführung zeichnet die Kammerakademie Nordbaden verantwortlich – ein Orchester, das mehr ist als nur ein Klangkörper. „Die Kammerakademie ist ein Organismus aus Kinderorchestern, einem landesweiten Jugendorchester und mehreren professionellen Klangkörpern“, erzählt Hustedt. Schüler, Studierende, Profis und Amateure musizieren gemeinsam – ein Spiegel des musikalischen Lebens in Karlsruhe und der Region. Und dann kommt da noch der Bachchor Karlsruhe, der sein 120-jähriges Bestehen feiert, hinzu. 1905 gegründet, ist er einer der ältesten Konzertchöre Karlsruhes.

Johannes Hustedt, künstlerischer Leiter Mount Klassik. Fotograf: KREISRUND.media
Der Chor nimmt sich neben bekannten auch unbekannter und doch bedeutender Werke an und konnte mehrere bedeutende Erstaufführungen für die Stadt Karlsruhe realisieren. Dirigent Christian-Markus Raiser ist seit 1996 Kirchenmusikdirektor der Evangelischen Stadtkirche Karlsruhe, der Bischofskirche der Evangelischen Landeskirche in Baden sowie künstlerischer Leiter verschiedener dort angesiedelter Konzertreihen wie dem Internationalen Orgelsommer Karlsruhe. Er leitet den Bachchor Karlsruhe, aber auch den Kammerchor CoroPiccolo Karlsruhe und ist mitverantwortlich für die Singschule Cantus Juvenum Karlsruhe. Darüber hinaus ist er Initiator zahlreicher musikalischer Brückenprojekte. Die Stadtkirche Karlsruhe entwickelte sich unter seiner Leitung zu einem Zentrum der Kirchenmusik für Stadt und Region. 2022 erhielt er für seine Verdienste um Gesellschaft, Kirche und Kultur die Staufermedaille des Landes Baden-Württemberg.
Mit dem Paukenschlag
Neben Beethoven standen zwei weitere Werke auf dem Programm: Auszüge aus Joseph Haydns Oratorium „Die Schöpfung“ und seine berühmte Sinfonie Nr. 94 – bekannt als „mit dem Paukenschlag“. Warum diese Kombination? „Haydns Musik hat etwas Klärendes und Reinigendes. Er schafft Bewusstsein für die Schönheit und das Wunder der Schöpfung, die es zu bewahren gilt“, so Hustedt. Der berühmte Paukenschlag solle auch beim Publikum eine Wirkung entfalten: „Haydn verwendete ihn, um wegdämmernde Zuhörer wachzurütteln. Lassen wir das ebenso mit uns geschehen!“
Mitmachaktion
Doch Mount Klassik ist mehr als nur ein passives Musikerlebnis. In Kooperation mit dem Music Swap Lab der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen und STOMP-Mitglied Dominik Schad wird das Publikum aktiv eingebunden. Es gibt eine Mitmachaktion zu Beethoven – mit Bodypercussion, Rhythmusarbeit und direkter Interaktion mit dem Orchester. „Klassische Werke nicht nur passiv aufzunehmen, sondern körperlich aktiv in sie einzutauchen – das ist ein besonderes Erlebnis“, erklärt Hustedt. „Beethovens Musik enthält ohnehin alles, was wir heute als modern empfinden.“ Bereits am DAS FEST-Freitag gab es auf der Kulturbühne im kostenfreien Bereich von DAS FEST ein Mitmach-Familienkonzert mit Music Swap Lab, Dominik Schad/STOMP und Mitgliedern der Kammerakademie Nordbaden mit Haydn und Beethoven – quasi als Vorbereitung für Sonntag.

Bei Mount Klassik wird das Publikum aktiv in das Konzert eingebunden. Fotos: KREISRUND.media
Mount Klassik ist längst mehr als ein Zusatzangebot – es ist ein Leuchtturmprojekt für innovative Musikvermittlung. Und es soll weiterwachsen: „Wir wollen mit Mount Klassik ein aktuelles Umfeld für zeitlose Werke schaffen“, so Hustedt. Dazu gehören Workshops, pädagogische Angebote, genre-übergreifende Verbindungen mit anderen Bühnen des Festivals – kurz: ein lebendiger, offener Raum für klassische Musik im Hier und Jetzt. Sein Traum? Dass Mount Klassik über DAS FEST hinausstrahlt. Mit Musikprojekten an Schulen, Konzerten für Familien, Formaten für alle Altersgruppen. „Ich erlebe, dass wirklich jedes Kind ergriffen ist vom Live-Auftritt eines Sinfonieorchesters. Vielleicht sogar noch intensiver als Erwachsene.“
Menschen-Meer
Was geht eigentlich einem Künstler durch den Kopf, wenn er vor 20.000 Menschen auf die Bühne tritt? Johannes Hustedt beschreibt es poetisch: „Es ist wie der Blick vom Bug der Titanic: Nur statt Wasser ein Menschen-Meer. Der Kopf ist da weitestgehend ausgeschaltet. Du bist in einem anderen Raum, intensiv, mit Klängen erfüllt.“
Philipp Schätzle (KME Karlsruhe Marketing und Event GmbH 2025), Ralf Püpcke
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