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Musik spüren – Teilnehmende des Projektes „Zwischen den Welten“ in Hannover. Foto: Sebi Berens
Musik spüren – Teilnehmende des Projektes „Zwischen den Welten“ in Hannover. Foto: Sebi Berens
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Gelingendes Leben und Musik

Untertitel
Band 4 der GMP-Reihe Musikpädagogik im Diskurs
Publikationsdatum
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Der Band umfasst Beiträge, die auf der Jahrestagung der Gesellschaft für Musikpädagogik (GMP), die vom 9. bis 11. März 2018 zu dem genannten Thema an der Folkwang Universität der Künste Essen stattfand, präsentiert wurden. Er gliedert sich in die drei Bereiche Diversität/Identität, Teilhabe und Beziehung/Resonanz. Diese Dreigliederung ergab sich aus der vorbereitenden Tagung, auf der die Referentinnen und Referenten ihre Ausgangsideen vorstellten und diskutierten. Es handelt sich daher um eine lose, an Beziehungen zwischen den Beiträgen angelehnte Strukturierung, die nicht impliziert, dass sich die subsumierten Beiträge mit den zugeordneten Begriffen expressis verbis auseinandersetzen oder diese gar systematisch untersuchen. Eher können die zugeordneten Stichworte als Gravitationszentren aufgefasst werden, zu denen sich die Texte in jeweils eigener Weise in Beziehung setzen lassen.

In der vorgenommenen Zusammenstellung finden sich in dem Bereich Identität/Diversität vier Beiträge mit grundlagentheoretischer Ausrichtung: Johann Honnens reflektiert in seinem in das Diversitätsparadigma einführenden Beitrag die zuweilen widersprüchlichen Spannungsmomente des Diversitätskonzepts als Reflexionsangebot für musikpädagogisches Nachdenken über Identität. Inwiefern eine Vermittlung zwischen ästhetischer Erfüllung einerseits und einer im sozialen Kontext zu bewirkenden Arbeit an Identität andererseits Formen musikalischer und musikbezogener Bildung im Umgang mit dem immateriellen musikalisch-kulturellen Erbe ermöglichen kann, nimmt Peter W. Schatt in den Blick. Malte Sachsse fragt, Musik-Blogs als Foren der Aushandlung musikbezogener Bedeutungszuweisungen untersuchend, nach der Bildungsrelevanz von durch die Verwendung des Internets generierten, verbreiteten und verhandelten virtuellen Bilderwelten. Katharina Bradler schließlich erörtert im Rahmen eines Plädoyers für einen von Anfang an künstlerisch zu orientierenden Instrumental- und Gesangsunterricht zentrale Strukturen und Tragweiten von für den Unterricht relevanten ethischen Fragen.

Unter dem Aspekt der Teilhabe sind sowohl theoretisch argumentierende als auch auf praktische Projekte bezogene Ansätze zusammengeführt. Der Beitrag von Stefan Orgass befasst sich aus grundlegender Perspektive mit der Frage, wie Inklusion im Sinne der Beteiligung aller an Themenfindung und Leistung im Musikunterricht möglich ist. Philosophisch orientiert ist auch der Beitrag von Constanze Rora, in dem der Begriff der Teilhabe aus hermeneutischer Perspektive und mit Blick auf musikpraktische Unterrichtssituationen aufgegriffen wird. Nicole Besse fragt ausgehend von der Philosophie Gunter Bertrams nach dem Aspekt der praktischen Reflexion, um mit diesem Theorem die Teilhabe von Musizierenden und Zuhörenden an musikalisch-künstlerischen Prozessen (nicht nur) im Unterricht zu erläutern. Auf der Grundlage empirischer Untersuchungen zur Person der Lehrkraft im Instrumentalunterricht arbeitet Brigitte Barandun den Typus der enthusiastischen Lehrkraft heraus und lässt sich von diesem anregen, Aufgabenfelder und Strukturen von Instrumentalunterricht an Musikschulen im Sinne eines „Zwischenraums“, in dem ein gemeinsam geteiltes Leben mit Musik gelingen kann, neu zu entwerfen. Nazfar Hadji und Andrea Welte stellen ein musikalisches Vermittlungsprojekt mit Jugendlichen in der Psychiatrie vor und reflektieren die besonderen Zielperspektiven und spezifischen Bedingungen, die mit diesem Projektort verbunden sind. Um das Problem, wie eine im Rahmen musikalischer Bildungsangebote selten bedachte Zielgruppe stärker berücksichtigt werden kann, geht es auch in der Untersuchung von Andrea Welte, Sophia Grest und Julius Kopp, die ausgehend vom Phänomen der Transitionen im Erwachsenenalter auf der Grundlage halbstrukturierter Interviews mit Menschen 60+ nach den Anforderungen fragen, die musikalische Angebote für ältere Menschen erfüllen müssen, damit sie wahrgenommen werden können.

Im Bereich Beziehung/Resonanz reflektieren Jan-Peter Koch und Adrian Niegot in einem Beitrag einführenden Charakters Möglichkeiten und Grenzen der musikpädagogischen Anschlussfähigkeit von Harmut Rosas Resonanztheorie. Christoph Stange beschäftigt sich mit der Rolle sozialer Mimesis in musikalischen Lehr-Lern-Prozessen; er fokussiert dabei besonders körperliche Praktiken zwischen den Polen von Anähnlichung und Anverwandlung. Ausgehend von einer Studie zu gelingenden Momenten im Musikunterricht geht es in dem Beitrag von Christine Löbbert und Annette Ziegenmeyer um ein flexibles Reflexionsinstrument zur Bestimmung von Beziehungsqualitäten in der schulischen Musizierpraxis. In ihrem den Band abschließenden Beitrag über das Untätigsein in der Tätigkeit plädiert Uta von Kameke-Frischling für eine fragende Gesangspädagogik, die das Potenzial sensorischer Wahrnehmung nutzt und stellt Grund­elemente des Lichtenberger Modells für die Stimmpädagogik vor.

  • Adrian Niegot, Constanze Rora, Andrea Welte (Hrsg.): Gelingendes Leben und Musik. Aachen 2020: Shaker-Verlag, € 49,80
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