Morgen werden die 32. Dresdner Musikfestspiele mit einem Konzert des jungen amerikanischen Orchesters »The Knights« gemeinsam mit der Sopranistin Dawn Upshaw in der Frauenkirche eröffnet. 40 Konzerte in 20 Spielstätten stehen auf dem Programm, das der Cellist und neue Intendant der Dresdner Musikfestspiele Jan Vogler unter das Motto »Neue Welt« gestellt hat.
Dresden - Der neue Intendant wohnt mit seiner Frau und den beiden Töchtern auch in New York. Erst am Montag ist Jan Vogler wieder in Dresden gelandet, am Mittwoch (20. Mai) beginnen die diesjährigen Musikfestspiele unter dem Leitthema «Neue Welt». Bis 7. Juni stehen in Dresden und Umgebung 40 Veranstaltungen auf dem Programm. Mittelfristig wolle er die Musikfestspiele in die «erste Klasse» unter Europas Klassikfestivals führen, gibt der 45-Jährige als Ziel aus.
Seit einem Jahr ist der gebürtige Ostberliner der sechste Intendant des Klassikfestivals. Für ihn ist es eine Rückkehr zu seinen musikalischen Wurzeln, kam er doch als 20-Jähriger 1984 als erster Konzertmeister für Violoncello zur Dresdner Staatskapelle. Hier reifte er für eine internationale Solokarriere, die 1997 begann. Mit der Gründung (1993) und der künstlerischen Leitung (ab 2001) vom «Moritzburg Festival», einem sommerlichen Forum für junge Kammermusik, blieb er dennoch fortwährend im Fokus Dresdner Kulturpolitik.
Sein Vorgänger als Intendant in Dresden, Hartmut Haenchen, verglich die Musikfestspiele oft mit anderen Festivals, um auf die chronische Unterfinanzierung hinzuweisen. «Der Vergleich mit Salzburg - gern von Politik und Presse bemüht - funktioniert aber nur bei den Zuschauerzahlen», sagte Haenchen. Denn der Salzburger Festspieletat liege bei 68 Millionen Euro. Und er wetterte in seinen beiden letzten Jahren als Intendant vehement und öffentlich gegen die Stadt. Sie habe mit unüberlegten Kürzungsbeschlüssen bei Kultur und Jugendentwicklung bares Geld verloren, das später an anderer Stelle mehrfach wieder ausgeben werden müsste, kritisierte der 66-jährige Dirigent, der nach sechs Amtsjahren im Streit ging.
Der alte und neue Verwaltungsdirektor Kim Ry Andersen kann das mit Zahlen untermauern: Haenchen startete 2003 mit einem Budget von rund 2,9 Millionen Euro, 2007 war es rund eine Million weniger. Das reichte gerade mal für sieben Planstellen, klagte Haenchen - das von der Größe vergleichbare Festival in Schleswig-Holstein könne auf 32 feste Mitarbeiter bauen.
Solche Töne hört man von Vogler nicht. Er setzt im 32. Jahrgang mit einem Budget von 2,2 Millionen Euro auf bekannte Namen und junge Künstler. «Die Dresdner Musikfestspiele haben jetzt eine ungewöhnliche Chance», sagt Vogler im ddp-Gespräch. «Es gilt, Dresden mit noch mehr Inhalten international im Gespräch zu halten und neu ins Bewusstsein zu bringen.»
Dafür fordert er nicht mehr Geld. «Meine Strategie ist es, zunächst mit dem Jahrgang 2009 zu zeigen, welches Potenzial in den Festspielen für Stadt und Land steckt.» Vogler reduzierte die Zahl der Veranstaltungen drastisch - im Vorjahr waren es noch 71. Dafür kommen Weltstars wie Anne-Sophie Mutter, Hélène Grimaud, Ute Lemper oder Bobby McFerrin nach Dresden. Und es spielen vier der zehn besten Orchester der Welt, welche die britische Klassikzeitschrift «Gramophone» kürzlich ermittelte. So wurde schon vier Wochen vor dem Start das Einnahmeziel beim Kartenverkauf erreicht, viele Veranstaltungen werden ausverkauft sein.
Auch der Saeculum-Preis der Dresdner Musikfestspiele wurde umgewidmet und soll ab sofort der Förderung junger Künstler dienen. Dieses Jahr erhält ihn der venezolanische Dirigent Gustavo Dudamel, der dem Simón Bolívar Jugendorchester vorsteht und in seiner Heimat für eine weltweit einzigartige Klassikbegeisterung sorgt. «Sozialisierung durch Musik» nennt Vogler das bewundernd und freut sich auf die Preisvergabe am Samstag (23. Mai) in der Semperoper.
Was nach der Premiere über seine Intendanz geschrieben werde, interessiere ihn im Moment nicht so brennend, behauptet Vogler. Und fügt hinzu: «Wir bauen ein Haus - und dieser Prozess hat eine große Dynamik.» Gleichzeitig verspüre er durch die neue Aufgabe eine Beförderung: «Ich denke über Musik in einem erweiterten Rahmen nach - und das ist eine große Bereicherung für mein Cellospiel.»