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Sachsens Theaterlandschaft - Nach der Fusion mit Görlitz bangt Zittauer Theater um Existenz

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Zittau - Das seit 15 Jahren chronisch unterfinanzierte Gerhart-Hauptmann-Theater Zittau steht vor seiner schwersten Existenzkrise. Nur zwei Jahre nach der Fusion von Zittauer Schauspiel und Görlitzer Musiktheater droht der gemeinsamen GmbH erneut ein jährliches Defizit von etwa 1,15 Millionen Euro. Auch ein Haustarif mit bis zu 25 Prozent Einkommensverzicht hat daran nichts geändert.

Dabei fristet das traditionsreiche Theater keinesfalls eine provinzielle Existenz in Randlage. In der letzten Januarwoche trafen sich hier die Freien Theater Sachsens, erlangte die Uraufführung der "Zimtläden" nach Bruno Schulz überregionale Aufmerksamkeit. Und im Mai wird Zittau Gastgeber des siebten Sächsischen Theatertreffens sein. Jährlich halten 80.000 Besucher der Bühne die Treue.


Eine Arbeitsgruppe unter Mitwirkung der Theater-GmbH-Gesellschafter der Stadt und des Landkreises Görlitz hat Ende des vergangenen Jahres ein Konsolidierungskonzept erarbeitet, das offiziell noch niemand kennen darf. 30 Stellen sollen abgebaut werden, davon allein 24 in Zittau. Dort bliebe im Sprechtheater ein Ensemble von gerade noch neun Schauspielern übrig.

Statt zehn könnte das Hauptmann-Theater nur noch vier Neuinszenierungen pro Spielzeit anbieten. Beim Musiktheater in Görlitz blieben von sieben ebenfalls nur noch vier Produktionen übrig, im Tanz lediglich zwei von fünf. Das Görlitzer Sommertheater müsste sich reduzieren, Einsparungen bei der Theaterpädagogik werden erwogen. Ziel der drastischen Einschnitte ist eine Stabilisierung aller Sparten bis 2016 sowie die Annäherung an einen Lohn für das Personal von "nur" zehn Prozent unter dem Tarif.

Sorge vor einem "Sterben auf Raten"

Landrat Bernd Lange (CDU) beschwichtigt im Interview der "Sächsischen Zeitung" zwar. Das Konzept sei noch diskussionsbedürftig, und auch nach seiner Umsetzung werde es noch große Inszenierungen in Zittau zu sehen geben. Bis März soll das Konsolidierungskonzept abschließend beraten werden, dann endlich auch unter Mitwirkung des Zittauer Schauspielintendanten Carsten Knödler. Er spricht von einem "Sterben auf Raten" und von einer Untergrenze, die erreicht sei und von der aus es nur noch einen "Quantensprung" nach unten geben könne. Man drehe jeden Euro schon zweimal um, und die verschiedenen Gruppen am Theater teilten sich bereits bereichsübergreifend die Aufgaben.

Das Publikum aus Zittau, der östlichen Lausitz und aus Polen teilt die Sorgen: "Es wäre unfassbar, wenn das erst frisch renovierte traditionsreiche Kleinod geschlossen werden müsste", heißt es. Andere beschreiben die Folgen für die strukturschwache Region. "Es wird so viel Geld für Luftschlösser ausgegeben", empört sich ein älterer Herr, während Studenten finden, dass ein Theater zu einem Hochschulstandort dazugehöre. Ein Schauspieler, der im Dezember vor dem Vorhang eine Resolution verlas, erhielt eine Abmahnung vom Görlitzer Generalintendanten Klaus Arauner.

Online-Petition wirbt für Erhalt

Die Görlitzer Initiative "Die Retter" hat eine Online-Petition für den Erhalt der Zittauer Bühne gestartet. Die Initiative sieht eine Lösungsmöglichkeit im Einstieg der Stadt Zittau als Gesellschafter in die Theater-GmbH. Bis zum Sommer soll auch Klarheit über die mögliche Fusion der Bühnen in Bautzen, Görlitz und Zittau zu einem Kulturraumtheater herrschen. Schauspielintendant Knödler hält nach Erfahrungen an verschiedenen deutschen Standorten von Fusionen gar nichts, ganz abgesehen von den Animositäten im Lausitzer Theaterdreieck. "Wenn Zittau seine Identität, Kraft und Begeisterung verliert, dann ist ein Kulturraumtheater keine Lösung", sagt er.