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Schmid: Opernhaus-Sanierung muss Arbeitsbedingungen verbessern. Foto: Oper Stuttgart
Umfrage zur Sanierung der Oper Stuttgart: Mehrheit für Neuplanung. Foto: Presse Staatsoper Stuttgart
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Vorhang auf für den Opernbau? Stuttgart entscheidet über Sanierung

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Stuttgart - Die Geschichte hat alles, was eine Oper ausmacht. Eine längere Ouvertüre, Paukenschläge und ein bisschen Drama, eine teure Inszenierung - und nach dem letzten Vorhang dürfte sich das Publikum nicht einig sein. Seit längerem schon streiten sich Staatstheater und Stadt mit einer Bürgerinitiative, wie es mit dem stark sanierungsbedürftigen Stuttgarter Opernbau weitergehen soll.

Ein Neubau? Ein Umbau? Und wo soll der Vorhang für das Ensemble aufgehen, wenn die Bühne hinter einem Bauzaun verschwindet? In den kommenden Wochen könnte die jahrelange Hängepartie einen Schritt vorankommen.

Der denkmalgeschützte Littmann-Bau - hier sind Ballett und Oper. Das Haus ist im Vergleich zu vielen anderen Bühnenbauten enorm sanierungsbedürftig, die Technik teilweise so alt, dass es keine Ersatzteile mehr gibt. Dringend müssten Bauarbeiter auf der Bühne stehen und nicht Sänger, damit die siebenfache «Oper des Jahres» ihren Glanz nicht verliert.

Im Grunde ist niemand gegen eine Sanierung, weil die Stuttgarter Oper im mehr als 100 Jahre alten Littmann-Bau auf Dauer nur noch bedingt wettbewerbsfähig sein dürfte. «Die Staatstheater haben ihre Hausaufgaben gemacht», sagt der Geschäftsführende Intendant Marc-Oliver Hendriks. «Die Bedarfe sind angemeldet und abschließend von einem unabhängigen Gutachter geprüft.» Aus seiner Sicht können die Bauarbeiter kommen. Zwei Knackpunkte gibt es: die künftige Bühne und die Zwischenlösung, die Interimsspielstätte.

Die Oper hofft auf eine sogenannte Kreuzbühne, mit deren Hilfe sich Bühnenbilder leichter austauschen lassen; die möchte auch die Stadt. Für moderne Opernhäuser mit Anspruch ist das mittlerweile Standard. Sie wäre allerdings teuer und aufwendiger als eine einfache Sanierung der derzeitigen Bühne.

«Die Kreuzbühne ist kein Muss, sondern ein Luxus», sagt dagegen der frühere TV-Moderator Wieland Backes («Nachtcafé»). «Man kann auf die Kreuzbühne verzichten und das Haus maßvoll sanieren.» Backes ist das Aushängeschild des «Aufbruchs Stuttgart», eines Vereins, der sich einmischen möchte in die Gestaltung der teils betonlastigen Stuttgarter Innenstadt, der «kulturellen Mitte», wie er es nennt.

Der zweite Knackpunkt: die Interimslösung. Nach Ansicht des «Aufbruchs» könnte ein Neubau zunächst als Interimslösung für die Oper und später als Konzerthaus herhalten, nur wenige Hundert Meter von der Oper entfernt und direkt in der Fußgängerzone. Als Gelände zieht der «Aufbruch» ein Areal in äußerst lukrativer Lage in Betracht, das weder Stadt noch Land gehört. Die Stadt ist dagegen: «Entweder man baut ein anständiges Konzerthaus oder ein anständiges Opernhaus», sagt Stuttgarts Bürgermeister für Städtebau, Peter Pätzold. «Ein Teils-Teils bringt uns nicht weiter.»

Stadt, Land und Oper haben sich bereits gegen den Willen des «Aufbruchs» geeinigt: Die Oper wird für viel Geld saniert, es kommt eine Kreuzbühne, die Vorschläge des «Aufbruchs» werden zur Kenntnis genommen und das letzte Wort hat das Land. Nur wo zwischendurch getanzt, gesungen und musiziert wird, das ist nach wie vor unklar.

Das alte Paketpostamt war zunächst für gut befunden worden, bevor Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) auf die Bremse trat angesichts von geschätzten Kosten in neunstelliger Höhe. Spekuliert wird nun auf einen Teil des sogenannten Wagenhallen-Areals auf dem Gelände von Stuttgart 21. Der Verwaltungsrat der Staatstheater hat diesen Standort abgenickt. In diesem Herbst soll ein Kostenvoranschlag vorliegen, dann muss Kuhn entscheiden.

Über die Gesamtkosten des Umbaus wird bisher nur spekuliert, im Raum stehen Summen zwischen 500 und 800 Millionen Euro für die Pläne mit einer Kreuzbühne und einer mehrjährigen Zwischenlösung - diese Ausgaben, die sich Stadt und Land teilen, schließen mögliche Risiken beim Umbau eines denkmalgeschützten Hauses aber nicht ein. Erfahrungen mit explodierenden Kosten haben Stadt und Land durchaus gemacht: Nur wenige Hundert Meter von der Oper entfernt klafft die Baugrube des Milliardenprojekts Stuttgart 21.

 

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