Thomas Selle: Concertuum Latino Sacrorum, Liber Primus. +++ Franz von Suppè: Fantasia Symphonica, Ouvertüre zu „Dichter und Bauer“, „Des Matrosen Heimkehr“ (Ausz.) u.a. +++ Meredith Monk: The Recordings +++ Écoles de Paris – Paris pour École. Werke von Antheil, Ibert, Laks und Mihalovici.
unüberhörbar 2024/02
1.
Thomas Selle: Concertuum Latino Sacrorum, Liber Primus. Kerstin Dietl, Cantus; Benjamin Boresch, Cantus, Altus; Janno Scheller, Bassus; Göttinger Barockorchester, Ltg.: Antonius Adamske. Coviello Classics
Thomas Selle ist nicht nur durch seinen Geburtsjahrgang 1599, sondern auch stilistisch zwischen Schütz und Schein einerseits und Weckmann und Rosenmüller andererseits anzusiedeln. Einfacher ausgedrückt: Auch in Deutschland hat nun endgültig das Generalbasszeitalter Einzug gehalten. Selle bekleidete auf dem Höhepunkt seiner eindrucksvollen Karriere in der Hamburger Kirchenmusik immerhin dieselbe führende Position wie Telemann ein Jahrhundert später. Die repräsentativen Motetten und geistlichen Konzerte auf dieser sehr stimmungsvollen CD hat er fürsorglich in den Druck gegeben, um sie der Nachwelt zu erhalten; in der Tat hätten sie größere Verbreitung verdient. Hier brechen engagierte norddeutsche Kräfte auf untadeligem, professionellem Niveau im Gefolge von dessen Johannespassion eine weitere Lanze für Selle. Mátyás Kiss
2.
Franz von Suppè: Fantasia Symphonica, Ouvertüre zu „Dichter und Bauer“, „Des Matrosen Heimkehr“ (Ausz.) u.a. Tonkünstler-Orchester, Ola Rudner. Naxos
Franz von Suppè (nicht: Suppé) – belgisch-italienischer Abstammung, im kroatischen Split geboren und in Wien als Pionier der populären Gattungen erfolgreich – war einer der feinsten Operetten- und Walzerkomponisten. Doch Dirigent Ola Rudner hat seine seit der Uraufführung 1859 vergessene Fantasia Symphonica wiederentdeckt, ediert und nun mit dem in Wien ansässigen Tonkünstler-Orchester ersteingespielt: eine veritable Symphonie in vier Sätzen, durchaus in der Nachfolge Carl Maria von Webers, mit herrlich walzernden Mittelsätzen und einem streitbaren Fugato-Finale. Das Scherzo ist besonders fein geraten, und das Orchester spielt mit Finesse und Glanz unter der subtil musikantischen, idiomsicher strukturierenden Leitung Rudners. Dazu gibt’s zwei populäre Ouvertüren und zwei pfiffige Raritäten. Christoph Schlüren
3.
Meredith Monk: The Recordings. ECM
Die unverwechselbar facettenreiche New Yorker Künstlerin Meredith Monk wird anlässlich ihres 80. Geburtstags in Europa erstmals als multi-disziplinäre Vorkämpferin im Verbund aller künstlerischen Facetten präsentiert – im Münchner Haus der Kunst (noch bis 3. März). Das ortsansässige Label ECM veröffentlichte schon im Vorfeld eine 12 CDs umfassende Box-Set-Edition samt opulentem bildmächtigem Booklet mit allen dort erschienenen Titeln seit „Dolmen Music“ von 1981. Hier lässt sich akustisch eindringen in die grenzenlose Welt der Meredith Monk zwischen Musik, Theater, Tanz, Video und Installation, zwischen Bewegtbild und Auslotung der Dimensionen der menschlichen Stimme. „Ich arbeite zwischen den Bruchstellen, dort, wo die Stimme zu tanzen beginnt, wo der Körper zu singen beginnt, wo das Theater zum Kino wird.“ Die lohnende akustische Exkursion eröffnet einen Zugang in eine Welt voller ungeahnter Impressionen und Expressionen, in ein Gebiet zwischen ’68 samt den Folgen. Wolf Loeckle
4.
Écoles de Paris – Paris pour École. Werke von Antheil, Ibert, Laks und Mihalovici. Adele Bitter, Violoncello; Holger Groschopp, Klavier; Mitglieder des DSO Berlin, Johannes Zurl. Eda Records
Diese kluge, hervorragend gespielte Zusammenstellung im Zeichen einer musikhistorisch nach wie vor unterbelichteten, nationenübergreifenden „Pariser Schule“ vereint geistreiche Werke für bläserbetonte Kammerensembles. Überraschen können dabei vor allem der erste Teil der „Étude en deux parties“ von Marcel Mihalovici, das Kammerkonzert von George Antheil und Simon Laks’ Konzert für Klavier, Bläser und Schlagwerk, während Jacques Iberts Cellokonzert seinen bewährten Charme versprüht. Weil Strawinskys Oktett nicht mehr auf die Scheibe passte, gibt es dieses nur als Streaming-Bonus. Verkehrte Welt. Juan Martin Koch
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