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Foto: Juan Martin Koch

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ACHT BRÜCKEN vor dem Aus

Untertitel
Nachschlag 2025/03
Vorspann / Teaser

Köln galt in den 1950er- und 60er-Jahren als „Welthauptstadt der neuen Musik“. Bis heute ist die Stadt eines der internationalen Zentren der neuen Musik. Neben Berlin gibt es in Deutschland nur hier derart viele Initiativen, Vereine, Veranstalter und exzellente Ensembles. Jährlicher Kulminationspunkt vieler dieser Aktivitäten ist seit 2011 das Festival ACHT BRÜCKEN | Musik für Köln. Hier gelangten bisher insgesamt rund 150 neue Werke zur Uraufführung, von denen viele Dank des mitveranstaltenden WDR aufgezeichnet und im Radio übertragen wurden. Der Rat der Stadt Köln hat mit der Verabschiedung des städtischen Doppelhaushalts 2025/26 nun am 13. Februar jedoch die Streichung sämtlicher Mittel für das Fes­tival ab 2026 sowie die Liquidierung der ACHT BRÜCKEN GmbH beschlossen.

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Als dieses Szenario bereits Anfang 2024 drohte, wurde das Beratungsunternehmen actori mit der Evaluation des Fes­tivals beauftragt. 

Die Firma bescheinigte daraufhin ACHT BRÜCKEN eine ähnliche überregionale Bedeutung und Strahlkraft wie Wien Modern. Auf dieser Grundlage sprach sich am 13. Dezember der Aufsichtsrat von ACHT BRÜCKEN für die Fortführung des Festivals aus. Dazu bekannten sich in derselben Sitzung auch Oberbürgermeisterin Henriette Reker und Kulturdezernent Stefan Charles sowie die politisch besetzten Aufsichtsratsmitglieder und der Vertreter des WDR. Doch das waren offenbar nur Lippenbekenntnisse, denen keine Taten folgten. Denn die geplante Komplettkürzung wurde Mitte Februar zunächst im Finanzausschuss bestätigt und dann vom Rat beschlossen.

Der künstlerische Gesamtleiter des Fes­tivals und Intendant der Kölner Philharmonie, Louwrens Langevoort, erklärte noch am Tag vor dem Ratsbeschluss: „Am meisten wundert mich, dass die Kämmerin so auf das Tempo bei der Liquidierung der Gesellschaft drückt. Dabei gibt es doch auch andere Möglichkeiten der Finanzierung und könnten neue Szenarien entwickelt werden, um das Festival zur Not auch mit weniger oder ohne städtische Finanzierung durchführen zu können.“ Tatsächlich fand ACHT BRÜCKEN in der Vergangenheit auch schon verschiedentlich ohne kommunale Mittel statt. Dank Förderungen durch Privatpersonen des Kuratoriums KölnMusik sowie durch das Land NRW, die Kunststiftung NRW und andere Stiftungen holte das Fes­tival bisher in der Regel sieben- bis achthunderttausend Euro nach Köln. Selbst wenn die Betreibergesellschaft nicht liquidiert werden sollte, bliebe jedoch fraglich, ob diese Förderungen weiterhin fließen, wenn ausgerechnet die Unterstützung der Kommune wegfällt.

„Ohne die Unterstützung der Stadt“, so die Pressestelle von ACHT BRÜCKEN am Tag nach der Entscheidung, „ist derzeit völlig fraglich, ob es weiterhin ein Fes­tival für zeitgenössische Musik in Köln geben kann und welchen Umfang es haben wird. Die Beendigung der Finanzierung erfolgt in einer Zeit, in der Kunst als ein unschätzbarer Wert für Diskurs mehr denn je gebraucht wird, aber Kulturförderungen an allen Stellen wegbrechen.“ 

Der absehbare Verlust des größten Kölner Festivals für neue Musik ist in der Tat ein Debakel, sowohl für die lokale Musikszene als auch für das weltweite Renommée der Stadt als Motor der Gegenwartsmusik.

Dieses Jahr findet ACHT BRÜCKEN unter dem Motto „Licht!“ noch wie geplant in vollem Umfang statt. Vom 9. bis 18. Mai gibt es ein Porträt der finnischen Komponistin Kaija Saariaho sowie insgesamt 31 Konzerte an verschiedenen Spielstätten, mit 16 Uraufführungen durch internationale und lokale Orchester, Ensembles, Solistinnen und Solisten. Allein am 17. Mai gibt es beim „Freihafen“ von morgens 11 bis abends 23 Uhr acht Konzerte zu freiem Eintritt in WDR-Funkhaus und Kölner Philharmonie, was in der Vergangenheit insbesondere auch von einem Publikum sehr gut aufgenommen wurde, das diese Spielstätten und Veranstaltungen mit neuer Musik üblicherweise kaum oder gar nicht besucht.

 

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