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Drangeblieben 2024/02 – Tauziehen um das RSO Wien

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Um die Zukunft des einzigen österreichischen Rundfunkorchesters wird gerungen
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Im vergangenen Jahr verabschiedete das österreichische Parlament eine von den Regierungsparteien ÖVP und Grüne eingebrachte Novellierung des ORF-Gesetzes, die unter anderem die Finanzierung der Medienanstalt auf neue Füße stellte. Grundlage der Finanzierung ist seither auch in Österreich nicht mehr die gerätebezogene Abgabe, sondern ein Pauschalbetrag für jeden Haushalt. 

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Ein Schritt, den andere EU-Staaten längst vollzogen haben. Da die ÖVP den österreichischen Wählern im Vorfeld eine Absenkung der Gebühr pro Haushalt versprochen hatte, stand dem ORF eine Verkleinerung seines Budgets ins Haus. Der Sender kündig­te daher bereits im Februar 2023 ein über drei Jahre verteiltes Sparpaket in Höhe von 300 Millionen Euro an. 

Vor diesem Hintergrund mochte Generaldirektor Roland Weißmann die Finanzierung des ORF Radio-Symphonieorchesters Wien nicht mehr gewährleisten. Ein Sturm der Entrüstung brandete auf, der nicht nur das österreichische Kulturleben erfasste. Spitzenorchester in aller Welt solidarisierten sich mit den Kolleginnen und Kollegen aus Wien. 

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Die Politik schritt ein: In letzter Minute, nämlich am Tage der entscheidenden Sitzung des ORF-Stiftungsrates am 23. März 2023, gab Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer die erlösenden Worte zu Protokoll, dass der ORF für den Fortbestand seines Orchesters zu sorgen habe. Dank einer Steuerentschädigung erhielt der ORF einen Spielraum von 100 Millionen – allerdings nur auf Dauer von drei Jahren. Spätestens im Sommer 2025 müsse geklärt sein, wie das RSO Wien künftig finanziert werden solle. Ein Großteil der Programme und Projekte jenseits dieses Datums schmiedet das Orchesterbüro aber schon heute. Der Konzertbereich plant mit einem Vorlauf, der sogar die Vertragsdauer eines ORF-Generaldirektors übersteigt. Das Management des RSO Wien drängte also Generaldirektor Weißmann und Radiochefin Ingrid Thurnher, die Verhandlungen mit der Politik zügig aufzunehmen. 

Tatsächlich wird seit Herbst 2023 hinter verschlossenen Türen um die Entscheidung über ein Finanzierungsmodell gerungen. Damit scheint auch die Frage wieder aktuell, ob das RSO Wien im ORF verbleibt, den Träger wechselt oder auf eigenständige Füße gestellt wird – eine Variante, die zu erheblichen Mehrkosten führen würde. Aus dem ORF ist zu hören, dass die Politik sich die wichtigsten Kennzahlen des Orchesters detailliert vorrechnen lässt, um die Wahl der Trägerschaft beurteilen zu können. 

 

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Insbesondere die Grünen zeigten reges Interesse an einer Klärung dieser Frage. Aus gutem Grund, denn das Thema nahm im letzten Oktober noch einmal Fahrt auf, nachdem der österreichische Verfassungsgerichtshofs die Politik-lastige Zusammensetzung des ORF-Stiftungsrates moniert hatte. Bislang werden neun der insgesamt 35 Mitglieder des Stiftungsrates von den Regierungsparteien entsandt, weitere sechs vom Parlament. 

Damit, so der Gerichtshof, sei der Einfluss der Politik auf den ORF zu hoch, das ORF-Gesetz bedürfe einer Korrektur. Und zwar bis März 2025. Würden die Zuständigen damit auf die nächste Nationalratswahl im Herbst 2024 warten, wären die hierfür notwendigen Prozesse kaum noch in Gang zu setzen. 

Verständlich also, dass die Grünen darauf drängen, den Stiftungsrat via ORF-Gesetz noch in der aktuellen Legislaturperiode zu reformieren und darin bei dieser Gelegenheit auch den Fortbestand des RSO Wien zu verankern. Auf diese Weise wird das Orches­ter zwar zum Spielball politischer Taktierer; andererseits versanden dadurch aber auch die Bemühungen nicht, das einzige Rundfunkorchester Österreichs institutionell abzusichern. Und damit das einzige österreichische Profi-Orchester, das der Musik der Gegenwart eine Lebensgrundlage einräumt.

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