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40 Jahre «Live Aid» - Zwei Konzerte für die ganze Welt 

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40 Jahre «Live Aid» - Zwei Konzerte für die ganze Welt

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Es war ein Konzertereignis der Superlative. Mehr als 70 Künstler traten in London und Philadelphia auf. Weltweit schauten über zwei Milliarden Menschen zu. 40 Jahre später bleibt «Live Aid» legendär.

Wer «Live Aid» gesehen hat, erinnert sich noch heute daran, an einem Sommertag sehr viel Zeit vor dem Fernsehen verbracht zu haben. Vielleicht auch daran, die Musik mit einem Kassettenrekorder aufgenommen zu haben. Die beiden Megakonzerte, die am 13. Juli 1985 in London und Philadelphia stattfanden, schrieben Musikgeschichte - und waren wegweisend für das globale Engagement von Popstars.

Heutzutage ist es normal, dass sich Musiker für gemeinnützige Projekte einsetzen und Benefizkonzerte für wohltätige Zwecke organisiert werden. Als der irische Musiker Bob Geldof vor 40 Jahren die Idee hatte, ein riesiges Konzert zu organisieren, um Geld für Afrika zu sammeln, musste er erst viele Skeptiker überzeugen.

Mit einem Weihnachtslied fing es an

Der Grundstein für «Live Aid» wurde ein Jahr vorher gelegt. Ein TV-Bericht über die Hungersnot in Äthiopien veranlasste Geldof dazu, mit Ultravox-Frontmann Midge Ure die Charity-Single «Do They Know It's Christmas?» zu schreiben und angesagte Popstars unter dem Namen Band Aid für den guten Zweck singen zu lassen. Der Erfolg der Weihnachtssingle inspirierte das Duo dazu, sein wohltätiges Engagement auszuweiten.

«Dieses Lied ist der rote Faden, der sich durch alles zieht, aber das haben wir am Anfang nicht verstanden», sagte Geldof im Interview der Deutschen Presse-Agentur. Der Song habe ein Bewusstsein geschafft. «Es war der Schrei, der um die Welt ging. Jeder hat es gesehen, überall auf der Welt. Und alle haben Band Aid kopiert. Also habe ich einfach alles zusammengeführt und daraus «Live Aid» gemacht.»

Doch ganz so einfach war es nicht. Weil die Entscheidung im April 1985 relativ spontan fiel und Geldof den Moment nutzen wollte, hatten der Ire und sein Team nur knapp zwölf Wochen, um das gigantische Event auf die Beine zu stellen.

Nur zwölf Wochen Vorbereitung

Ein Konzert auf zwei Kontinenten stattfinden zu lassen und - lange bevor es das Internet gab - weltweit per Satellit im Fernsehen zu übertragen, war eine echte Herausforderung. Es gab verschiedene Übertragungsformate. Und Sender wie BBC, MTV und ABC mussten überhaupt erst einmal überzeugt werden, mehrere Stunden ihrer Sendezeit kostenlos zur Verfügung zu stellen.

Außerdem musste Geldof die größten Pop- und Rockstars überreden, mitten im Konzert- und Festivalsommer ohne Gage aufzutreten. Der Musiker umging soweit möglich das Management und rief viele Superstars persönlich an, um sie ins Boot zu holen. Nicht nur mit Blick auf den wohltätigen Zweck hatte er gute Argumente, auch in Bezug auf Publicity.

«Mal ganz ehrlich», sagte Queen-Schlagzeuger Roger Taylor in der BBC-Doku «Against All Odds» von 2005, «jeder einzelne, der dort aufgetreten ist, war sich bewusst, dass mehr als eine Milliarde Menschen zuschauen werden.» Vielleicht auch deswegen gelang es Geldof, das Who-is-who der Musikszene zusammenzubekommen.

Zwei Konzerte der Superlative

Am 13. Juli 1985 stiegen in London und Philadelphia die beiden Konzerte der Superlative. Im Wembley-Stadion traten unter anderem David Bowie, U2, die Dire Straits, Status Quo, Paul McCartney, Sade und The Who auf. Elton John brachte George Michael als Überraschungsgast mit, Bryan Ferry hatte Pink-Floyd-Gitarrist David Gilmour an seiner Seite. Und Queen begeisterten die Massen mit einem mitreißenden Auftritt, der heute als legendär gilt.

Im JFK-Stadion standen so unterschiedliche Künstler wie Bryan Adams, die Beach Boys, The Cars, Run-DMC. Madonna, Bob Dylan, Neil Young, Santana, Joan Baez, die Simple Minds und Duran Duran auf der Bühne. Tina Turner schmetterte mit Mick Jagger ein feuriges Duett für die Ewigkeit. Black Sabbath vereinten sich für einen Tag wieder mit Ozzy Osbourne. Auch Led Zeppelin feierten eine kurzzeitige Reunion - mit Phil Collins am Schlagzeug.

Collins war zuvor in London aufgetreten - mit Sting und allein - und dann direkt mit einer Concorde nach Philadelphia geflogen. Das Überschallflugzeug brauchte damals nur dreieinhalb Stunden für den Trip über den Atlantik. «Heute Nachmittag war ich noch in London», scherzte Collins, als er in Philadelphia die Bühne betrat. «Es ist eine verrückte Welt, oder?»

Zwei Milliarden Zuschauer und 127 Millionen Dollar

70.000 Menschen in Wembley, rund 90.000 im JFK-Stadion und sogar ganze zwei Milliarden Zuschauer an den Fernsehbildschirmen verfolgten «Live Aid» damals. Mehr als 127 Millionen Dollar für die Opfer der Hungersnot in Afrika sollen die Konzerte generiert haben.

Laut Geldof war «Live Aid» in mehrfacher Hinsicht ein Wendepunkt. «Wir haben schließlich die globalen politischen und wirtschaftlichen Strukturen beim G8-Gipfel in Großbritannien in die Pflicht genommen», sagte er im dpa-Interview, «und wir haben sie gezwungen, das zu tun, was wir gefordert hatten: die Hilfe für Afrika zu verdoppeln und die Schulden der ärmsten Länder zu streichen.»

Für sein Engagement erhielt Bob Geldof nicht nur Lob. Unter anderem unterstellten ihm Kritiker immer wieder einen «White Saviour Complex» - dass er sich als «weißer Retter» inszenierte. Geldof ärgert das sehr. «Um mich ging es doch gar nicht», sagte er jetzt der «Times». «Die Leute sterben dort, verdammt noch mal, weil sie nicht genug zu essen haben, obwohl es auf der Welt mehr als genug gibt. Darum geht es!»

Ein Ereignis für die Ewigkeit

Aus musikalischer Sicht war «Live Aid» das bedeutendste und größte Event seit Woodstock 1969. Offizielle Mitschnitte wurden aus rechtlichen und lizenztechnischen Gründen erst Jahre später veröffentlicht - allerdings nie komplett. Unter anderem Led Zeppelin verhindern eine Veröffentlichung ihres Auftritts, weil sie mit ihrer Performance nicht zufrieden waren.

20 Jahre nach «Live Aid» veranstaltete Geldof mit U2-Sänger Bono «Live 8», ein weiteres Charity-Event gegen weltweite Armut. Ein drittes Ereignis dieser Art hielt er lange für unwahrscheinlich. Im dpa-Gespräch im November 2024 klang es anders. «Ich werde mal versuchen mit Daniel Ek zu sprechen», sagte er, «um zu sehen, ob wir mit Spotify etwas Besonderes auf die Beine stellen können.»

 

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