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Dirigent Kober: Diskussionen machen die Oper spannend

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Der Dirigent Axel Kober stellt sich in Bayreuth einer heiklen Aufgabe - er ist bei der umstrittenen «Tannhäuser»-Produktion der dritte Dirigent im dritten Jahr. Doch er strahlt große Zuversicht aus. Zumal er den Grünen Hügel seit seinen Teenagerjahren kennt.

  Bayreuth (dpa) - Axel Kober (43) hat ein Heimspiel bei den Bayreuther Festspielen: Der Generalmusikdirektor der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf ist erstmal bei dem weltbekannten Festival als Dirigent engagiert. Da er aber im nur einige Kilometer entfernten Kronach aufgewachsen ist, kennt er den Grünen Hügel schon seit Teenager-Zeiten. Als dritter Dirigent im dritten Jahr der umstrittenen «Tannhäuser»-Inszenierung hat er in Bayreuth keinen leichten Job. Trotzdem strahlt er Zuversicht aus. Nur eines ist kein Thema für ihn: der «Tannhäuser»-Skandal in seinem Düsseldorfer Haus. Dort wurde die Inszenierung, die Kober musikalisch leitete, wegen brutaler Nazi-Szenen abgesetzt und nur konzertant fortgeführt. Kober mag in Franken nicht darüber reden. Hier gilt's alleine Bayreuth.

Frage: Sie stammen aus der gar nicht weit von Bayreuth entfernten Stadt Kronach. Wann kamen Sie das erste Mal mit den Festspielen in Berührung?

Antwort: Meine Eltern waren keine Musiker, aber sehr musikinteressiert. So sind die Festspiele schon immer ein Thema gewesen: Bekommt man Karten - oder vielleicht nicht? Insofern kann ich mich an kein bestimmtes Erlebnis erinnern, bei welchem ich mit den Bayreuther Festspielen in Berührung gekommen bin. Vielmehr waren sie mir schon immer als etwas sehr Besonderes bekannt.

Frage: Und wann waren Sie das erste Mal hier auf dem Grünen Hügel?

Antwort: Mit 14 oder 15 Jahren in einer Vorstellung. Da ich Unterricht an der Musikschule Bayreuth bekommen habe, war ich in dieser Zeit natürlich öfter hier - auch zu Probenbesuchen. Später als Student war ich Stipendiat des Richard-Wagner-Verbandes. So war ich in der späten Schul- und frühen Studienzeit relativ regelmäßig hier.

Frage: Und jetzt steigen Sie hinab in den berühmten Orchestergraben im Festspielhaus. Was geht Ihnen da durch den Kopf?

Antwort: Das ist natürlich ein Wahnsinnserlebnis und eine große Ehre, hier zu sein. Ich versuche aber, mich davon nicht ablenken zu lassen, so dass mir nichts als die Musik durch den Kopf geht und das Zusammenspiel zwischen den Sängern und den Orchestermusikern.

Frage: Wenn Sie als Schüler und Student hier waren: Ist das ein Ziel, dass man sich vornimmt: Irgendwann will ich hier als Dirigent herkommen?

Antwort: Am Anfang ist das schon extrem weit weg. Natürlich stellt man sich vor: Mensch, das wäre schon toll, wenn das klappen könnte. Aber man traut sich nicht, sich das fest vorzunehmen. Ich bin auch nicht der Mensch, der sich feste Ziele setzt und die dann abhakt. Aber das ist jetzt schon die Erfüllung eines großen Wunsches.

Frage: Wie erleben Sie den Betrieb am Grünen Hügel?

Antwort: Ich bin seit Mitte Juni hier und es ist ein sehr angenehmes Arbeiten. Es ist toll, dass alle Produktionen gleichzeitig probieren und daher so viele interessante Künstler hier vor Ort sind. Da gibt es einen regen Austausch auch weit über die eigene Produktion hinaus. Das macht Bayreuth zu einem besonderen Ort.

Frage: Die «Tannhäuser»-Produktion von Sebastian Baumgarten ist kontrovers aufgenommen worden und läuft jetzt im dritten Jahr – und Sie sind bereits der dritte Dirigent...

Antwort: Es ist immer eine besondere Sache, wenn man in eine bereits laufende Produktion einsteigt. Denn was mir als Dirigent wichtig ist, mitzuerleben, ist vor allem die Arbeit des Regisseurs mit den Sängern. Etwa bei der Frage, wie erarbeitet der Regisseur die Rollencharaktere? Doch nun kenne ich Sebastian Baumgarten schon länger. Wir haben zusammen in Mannheim vor einigen Jahren eine vielbeachtete Produktion von Berlioz' «Die Trojaner» herausgebracht. So macht mir die Zusammenarbeit sehr viel Freude.

  Wir haben sehr intensiv an der Personenregie gearbeitet. Das ist sehr, sehr gut. Natürlich kann man über die Gesamtästhetik, das Bühnenbild und das Konzept dieser Inszenierung diskutieren. Ob man ihr nun positiv oder negativ gegenübersteht - wichtig ist ja, dass eine Diskussion stattfindet! Sie soll ja stattfinden. Das ist es, was Oper spannend macht. Die Arbeit mit den Sängern entspricht mir sehr und wir haben auch eine tolle Besetzung. Das ist wirklich das Schöne an Bayreuth: Die Regisseure kommen wieder, um noch einmal an ihren Stücke zu arbeiten. Der Kostümbildner verändert einiges und auch Teile des Bühnenbildes werden stetig weiterentwickelt. Es bleibt nichts so, wie es zur Premiere gezeigt wurde. Das ist das Besondere an dem Werkstattcharakter von Bayreuth.

Frage: Sie gelten als Wagner-Experte. Gerade der «Tannhäuser» ist ein Projekt, das Sie in Ihrer Laufbahn schon lange begleitet. Hat sich da bereits Routine eingestellt?

Antwort: Nein, es ist in jedem Fall immer etwas Neues. Das Interessante ist einfach, dass ich in der Phase vor zwölf, dreizehn Jahren den «Tannhäuser» sehr regelmäßig dirigiert habe und zwar an verschiedenen Häusern: Dortmund, Mannheim und Leipzig. Im Anschluss kam eine relativ lange Pause - und für Bayreuth habe ich das Stück wieder aufgenommen. Von Routinen ist da überhaupt keine Spur. Im Gegenteil, es ist interessant, wie sich die Sichtweise auf so ein großes Werk über Jahre hin verändert.

Frage: Welche Veränderungen meinen Sie?

Antwort: Es ist spannend, den «Tannhäuser» nun wieder zu dirigieren, nachdem ich mittlerweile das komplette Werk Wagners im Repertoire habe. Das war damals noch nicht der Fall war. Doch das finde ich wichtig, weil im «Tannhäuser» noch so viele verschiedene musikalische Richtungen und Erfahrungen Wagners mit hineinspielen. «Tannhäuser» sehe ich noch sehr in der italienischen Tradition, aber auch vor allem in der Tradition der deutschen romantischen Oper. Zum anderen kommt aber auch der späte Wagner schon sehr deutlich hervor. Das jetzt besser einordnen zu können, wenn man das Gesamtwerk genauer erfahren hat als vor 13 Jahren, ist schon sehr aufregend.»

Frage: Das Bayreuther Festspielhaus gilt als einzigartig in seiner Akustik. Wie stellen Sie sich darauf ein?

Antwort: Ich kannte das Haus ja zunächst nur aus dem Zuschauerraum. Doch ich wusste nicht, wie es am Platz des Dirigenten klingen muss, um draußen gut zu klingen. Das findet sich jetzt in den Proben. Und das war die spannendste und schwierigste Aufgabe.

Kathrin Zeilmann

Der Bayreuther «Tannhäuser»
Bayreuth - 2011 feierte die Richard-Wagner-Oper «Tannhäuser» in der Inszenierung von Sebastian Baumgarten Premiere bei den Bayreuther Festspielen - und erntete fast ausschließlich Ablehnung. Das Publikum war verärgert, die Kritiker urteilten negativ. Das Konzept, die Handlung in einer riesigen Biogasanlage anzusiedeln, ging für die meisten Beobachter nicht auf. Am Pult stand damals Thomas Hengelbrock, mit dem aber für das Folgejahr kein neuer Vertrag zustande kam. Also sprang Christian Thielemann ein. Auch einige Hauptrollen wurden neu besetzt. Für dieses Jahr ist nun Axel Kober, Generalmusikdirektor der Düsseldorfer Rheinoper, als Dirigent verpflichtet worden.

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