Berlin - Die Premiere von Igor Strawinskys Oper «The Rake's Progress» ist am Freitagabend an der Berliner Staatsoper im Schillertheater mit großem Applaus gefeiert worden. Die Geschichte um den unmoralischen Wüstling Tom Rakewell, der am Ende dem Wahnsinn verfällt, wurde von dem polnischen Regisseur Krzysztof Warlikowski in Szene gesetzt.
Er wurde ebenso mit Beifall bedacht wie das junge schauspielfreudige Sängerensemble um Florian Hoffmann als Tom und Anna Prohaska als seine große Liebe Anne. Beide gehören zum festen Ensemble der Staatsoper. Zum ersten Mal dirigierte Ingo Metzmacher eine Operninszenierung in Berlin. Der «Dirigent des Jahres» ist ein Spezialist für Neue Musik und wurde für seine Interpretation von Strawinskys einziger, 1951 uraufgeführter Oper begeistert gefeiert.
Warlikowski inszeniert das Schicksal des jungen Tom Rakewell als Geschichte des amerikanischen Traums vom Aufstieg aus dem Nichts zu Reichtum und Glück. Anne im jungen Elizabeth-Taylor-Look und Tom wie einst Marlon Brando mit weißem T-Shirt und in Jeans lieben einander, doch Tom strebt nach Größerem. Da taucht ein unbekannter Mann auf, verspricht ihm Reichtum und entpuppt sich am Ende als der Teufel, der seine Seele will. Er führt ihn ein in eine schillernde Nachtwelt mit Prostituierten und Tansvestiten, schließlich heiratet Tom sogar ein «Jahrmarktwunder», die bärtige Türken-Baba (großartig: der Countertenor Nicolas Zielinski). Aber Tom verspielt binnen Jahresfrist Geld und Glück, denn der Teufel fordert seinen Tribut. Noch einmal kann Tom ihn überlisten, doch er landet schließlich im Narrenhaus.
Im Bühnenbild von Malgorzata Szczesniak spiegelt sich die Entstehungszeit der Oper, die 50er Jahre: In einem amerikanischen Diner essen die Mitspielenden Hamburger aus braunen Papiertüten, rauchen ununterbrochen und auch Cowboystiefel und karierte Hemden fehlen nicht. Wie in einem Stadion-Popkonzert projiziert ein Videofilmer während der dreistündigen Aufführung laufend Handkamera-Nahaufnahmen der Mitspielenden auf eine große Leinwand.