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Komponist und musica-viva-Chef Udo Zimmermann vermisst neue Musik in Konzertprogrammen

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München - Zeitgenössische ernste Musik fristet nach Einschätzung des Komponisten und Musikmanagers Udo Zimmermann im allgemeinen Konzertleben immer noch eine Randexistenz. "Über weite Strecken hat hier immer noch die Tradition Priorität", sagte Zimmermann, der scheidende künstlerische Leiter der musica viva, der traditionsreichen Avantgardereihe des Bayerischen Rundfunks (BR), in München. "Das ist schade, weil hier viel vorhandenes Potenzial verloren geht."

Zimmermann zog zum Auftakt seiner letzten Spielzeit eine Bilanz seiner 15-jährigen Leitungstätigkeit für die musica viva. Fast überschwänglich lobte Zimmermann dagegen das Münchner Publikum der zeitgenössischen Musik. Der Publikumszuspruch in München sei ein "singulärer Glücksfall". In den vielen Jahren seit Gründung der Reihe durch den Komponisten Karl Amadeus Hartmann (1905-1963) im Jahre 1945 habe sich ein interessiertes und kenntnisreiches Publikum herangebildet, das in Deutschland einzigartig sei. "Schon in Berlin finden Sie diesen Zuspruch nicht." Dieses Publikum zeichne sich nicht nur durch große Offenheit aus, sondern auch durch "Toleranz für etwas, das man nicht sofort definieren kann".

In Zimmermanns letzter Spielzeit präsentiert die musica viva 19 Uraufführungen, so viele wie niemals zuvor innerhalb einer Saison. Für das BR-Symphonieorchester sei dies ein einmaliger Kraftakt, sagte Zimmermann. "Das Orchester hat dies nur mit Zögern unterstützt. Wir gehen da an die absolute Grenze der Belastbarkeit." Den Abschluss des Reigens von insgesamt acht Konzerten bildet im Juli 2011 die erstmalige Aufführung einer Komposition von Zimmermann selbst. In dem Stück "...sans cesser, je compte et somme..." für Vokalgruppe und Orchester verarbeitet er Lieder des burgundischen Komponisten Guillaume Dufay (1397-1474) mit den Mitteln der zeitgenössischen Klangsprache.

Unter der Ägide von Zimmermann wurden im Rahmen der musica viva etwa 200 Uraufführungen präsentiert, darunter Werke von "Klassikern" der neuen Musik wie Karlheinz Stockhausen, Pierre Boulez, Mauricio Kagel und Iannis Xenakis. Zimmermanns Nachfolger wird der Musikwissenschaftler Winrich Hopp. Er war von 1997 bis 2002 als Dramaturg mit der Programmplanung und künstlerischen Produktion der musica viva unter Zimmermanns Leitung betraut. Seit 2006 ist Hopp künstlerischer Leiter des "musikfest berlin", eines großen Orchesterfestivals in der Hauptstadt, das aus den traditionsreichen Berliner Festwochen hervorging und jedes Jahr im September stattfindet.


 

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