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Unendliche Liebe auf dem Holodeck - «Tristan und Isolde» in Cottbus

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Cottbus - Wie weit kann wahre Liebe gehen? Eine fulminante Inszenierung von Wagners «Tristan und Isolde» am Staatstheater Cottbus mit Opernstars bietet Antworten, aber auch überraschende Interpretationen.

Es ist wohl eine der berühmtesten, aber auch furchtbarsten Liebestragödien unter den Opern: An diesem Samstag (17.00 Uhr) hat Richard Wagners «Tristan und Isolde» im Staatstheater Cottbus Premiere. Ein Klassiker bei den Bayreuther Festspielen, und vielfach in anderen großen Opern- und Theaterhäusern der Welt aufgeführt, kommt mit der Inszenierung von Intendant und Regisseur Stephan Märki die Oper erstmals nach 33 Jahren wieder in der Lausitzer Stadt auf die Bühne. Begleitet wird der Premierentag von der Urenkelin des großen Komponisten. Publizistin und Dramaturgin Nike Wagner spricht am Samstag im Theater über die Oper, von der der Komponist einmal selbst meinte, sie müsse die Leute verrückt machen.

Regisseur Märki findet: Ein Theater muss sich auch diesem Werk stellen, das nicht nur als rätselhaft gilt, sondern auch den Einstieg in die atonale Harmonik wagt - eine Herausforderung für Musiker und Gesang. Wagner lote mit seinem Werk die Grenzen des Hörbaren und Machbaren aus, es sei faszinierend, das auf die Bühne zu bringen, sagte Märki der Deutschen Presse-Agentur.

Der Plot ist bekannt: Tristan reist nach Irland, um die schöne Isolde für König Marke von Cornwall als Gattin zu gewinnen. Auf der Rückfahrt trinkt Tristan mit Isolde einen Becher Wein - nicht ahnend, dass es sich um einen Liebestrank handelt. Das Unglück nimmt seinen Lauf: Da dürfen zwei kein Paar werden und wollen doch zueinander.

Für das Liebespaar hat sich der Regisseur große Opern-Stars ins Haus geholt. Mit Catherine Foster als Isolde, Bryan Register als Tristan und Annika Schlicht als Brangäne stehen hochkarätige, renommierte Wagner-Sänger und -Sängerinnen auf der Bühne. Foster etwa war bei den Bayreuther Festspielen 2022 als Isolde in der Neuproduktion von Roland Schwab zu erleben.

Wagner schuf eine Musik mit chromatisch erweiterter Harmonik und lässt in der Oper vor allem die Instrumente des Orchesters die dramatische Liebesgeschichte erzählen. Seine Musik setze da an, wo Worte nichts mehr sagen können, beschreibt Dramaturgin Julia Spinola. Die Musik sollte für Wagner nicht nur Begleitung sein, sondern mit eigener Sprache sprechen. Sein Text ist in der Aufführung trotzdem als Verständnishilfe über der Bühne zu lesen.

Spannend findet die Dramaturgin, dass Märki in seiner Inszenierung nicht wie andere Regisseure den tragischen Ausgang der Liebe von Tristan und Isolde als großes Scheitern interpretiert. Vielmehr sehe er ihn als Utopie einer großen Liebe. Er wolle die Sehnsucht des Publikums ansprechen - die unsterbliche Liebe bis zur Unendlichkeit, sagt Märki. «Es ist die Flucht in die Grenzenlosigkeit der Liebe. Liebe und Freiheit sind eins.» So ist in seiner Inszenierung die Liebe so stark, dass sie in eine andere Sphäre mündet.

Für diese Reise jenseits der Wirklichkeit ins «Ewige» hat der Regisseur Bühnenbildner Philipp Fürhofer gewinnen können. Der Künstler hat für das Paar und dessen unendliche, zeitlose Liebe einen eigenen Kosmos geschaffen. So befinden sich Tristan und Isolde unter anderem in einer wandelbaren Raumkapsel, in der eine Zeitreise stattfindet und sie nicht altern können. «Es ist wie ein Holodeck, das unterschiedliche Welten kreieren kann», beschreibt Fürhofer. Mit einem Holodeck können Protagonisten in einer inszenierten Umgebung mit Hilfe virtueller und realer Elemente in eine Scheinwelt eintauchen. Für das Paar ist es «der sprichwörtliche Griff nach den Sternen».

Fürhofer arbeitet mit Licht und spielt mit Metaphern - etwa der von der Nähe zu den Sternen, an denen man verglühen kann oder auch der Ambivalenz zwischen Licht und Dunkelheit. Bilder und szenische Umsetzung für das zu finden, was aus Wagners Musik heraus entsteht, sei eine Herausforderung gewesen, sagt der auch international erfolgreiche Künstler, der für seine Bildkästen-Installationen bekannt ist.

Und was hat es nun mit dem berühmten Tristan Akkord f-h dis-gis in der Oper auf sich, der sich durch das Stück zieht? Er sei ein Zeichen von unauslöschbarer Sehnsucht zwischen Schweben, Hoffen und Bangen, sagt Märki. Ganze Bücher zur Deutung seien darüber geschrieben worden. Für Dramaturgin Spinola ist der Akkord ein rätselhafter Klang aus zwei sich begegnenden chromatischen Linien - ein Ausdruck für ein menschliches Ursehnen.

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