Eine Art Schadensabwicklung? Der von Claudia Roth als Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien (kurz: BKM) eingeführte KulturPass für 18-Jährige ist nach zwei Durch- und Jahrgängen Ende November 2025 Geschichte. Leider eine unrühmliche – von der Umsetzung bei Roth bis zur Abwicklung unter Wolfram Weimers Kreativitätsarmut.
Aus für den KulturPass
Die Idee war nicht schlecht. Einem ganzen Jahrgang junger Menschen, die gerade „volljährig“ geworden sind, wollte man ein Budget „schenken“, mit der Auflage, dieses Geld für „kulturelle“ Zwecke einzusetzen. Im ersten Jahr waren es 200 Euro, beim zweiten Jahrgang sind es nur noch 100 Euro gewesen, jetzt, unter der Nachfolge Roths mit dem parteilosen Wolfram Weimer sind es nur noch 0 Euro. Damit lässt sich natürlich nichts erreichen. Die Probleme mit dem KulturPass waren substanziell: Schon mit dem bereitgestellten Etat hätte man nicht alle 18-Jährigen bedienen können. Der KulturPass hat also gerade diejenigen nur erreicht, die ohnehin an kulturellen Produkten interessiert sind, und vielleicht ein paar weitere junge Menschen on top. Problempunkt zwei war, dass die Auswahl der Kulturprodukte anfangs Dienstleistungen wie Fortbildungen oder Workshops ausgeschlossen hatte. Punkt 3: Die Entwicklung der Zugangssoftware über eine Smartphone-App war kostenintensiv und Punkt 4 kompliziert über die eID gestaltet. Der Bund scheint ohne Schwierigkeiten einen Weg zu finden, um mögliche Wehrpflichtige anzuschreiben und zur Musterung zu bestellen, aber Jugendliche in kulturellen Dingen niederschwellig zu informieren, ist offenbar unmöglich?
Vom ursprünglichen Gesamtetat von 100 Mio. Euro im Pilotjahr 2023 sind also „nur“ 24,4 Millionen Euro plus 6,9 Millionen Euro für die technische Umsetzung bisher tatsächlich verwendet worden. Die Folge aus der schlechten Nutzung: Man hat bereits im zweiten Jahr das Budget auf 100 Euro reduziert.
Wer hatte eigentlich dann vom KulturPass wirklich profitiert? Die wenigen Nutzer:innen natürlich, die das Budget hauptsächlich für Bücher, Kino und Bühne & Konzert ausgeben – und damit profitierten also vor allem Verlage, Filmproduktionen sowie Veranstalter von dem Budget als Hersteller. Und mit ihnen vor allem diejenigen, die diese Zugänge eingerichtet haben: Also teilnehmende Buchhandlungen, teilnehmende Kinobetreiber und teilnehmende Ticketverkäufer (hier vor allem die Firma Eventim und deren Provisionen, die sie abgreifen konnte). Man könnte auch sagen, es habe sich beim KulturPass vor allem um eine hinter der schönen Idee verdeckte Wirtschaftsförderung gehandelt, von der vor allem diejenigen profitierten, die entsprechende Lösungen anbieten konnten. Eine Streuung in die Breite blieb marginal. Statt Abwicklung hätte man offensiv in die Weiterentwicklung investieren müssen, falls einem die junge Generation wirklich etwas bedeuten würde.
Die Idee des Kulturpasses: Gut oder überflüssig?
Die Idee bleibt damit an sich gut, die Umsetzung war äußerst problematisch. Der KulturPass für 18-Jährige hätte ein deutliches Facelifting verdient gehabt. Wolfram Weimer, der den KulturPass ad acta legte, hat sich zu diesen Fragen nicht geäußert. Für ihn genügte ein kleiner Hinweis, dass beim Bundesrechnungshof der Verdacht geäußert wurde, der KulturPass sei möglicherweise mit dem Grundgesetz Deutschlands unvereinbar, da „Kultur“ Ländersache sei und nicht eine Angelegenheit des Bundes. Wörtlich: „Nach Auswertung des Nutzungsverhaltens und unter Berücksichtigung der Einschätzung des Bundesrechnungshofs ist eine Fortsetzung durch den Bund nicht vorgesehen.“ Allein, der Bundesrechnungshof gab nur eine Einschätzung ab. Die Aufgabe Weimers wäre gewesen, diesen Vorwurf aus der Welt zu schaffen, weil er ganz sicher auf falschen Annahmen beruht. Zu entscheiden hätte dies auch weder der Bundesrechnungshof noch ein untätiger Wolfram Weimer, sondern allein das Bundesverfassungsgericht.
Dass der KulturPass vor seiner Abschaffung stand, war aber auch zuvor längst in den Planrechnungen für die Haushalte 2025 und 2026 sichtbar. Hier haben die Akteure, die die Beendigung des Pilotprojektes nun bedauern, schlicht gepennt und ihr Bedauern dazu geäußert. Der Aufschrei blieb kurz und verhältnismäßig heftig. Am lautesten äußerten sich vor allem der Deutsche Kulturrat und der Börsenverein des Deutschen Buchhandels. Der sonst so euphorisch den KulturPass begrüßende Bundesverband der Musikindustrie hält dagegen die Füße still. So wichtig war er dann offenbar doch nicht.
Mit der Abschaffung des KulturPasses hat Weimer versprochen: „Wir werden fortan andere Projekte der Kulturförderung für Jugendliche intensivieren.“ Zu spüren ist davon leider gar nichts.
Was bleibt: Der Jahrgang 2006 hat nur noch bis zum 30. November 2025 Zeit, sein Budget einzusetzen. Ich hätte da auch eine Idee: Nutzen Sie Angebote für Musikbücher, Noten, Musikinstrumente, Konzerte und Schallplatten engagierter Unternehmen und Kulturinitiativen.
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