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Absturzgefahr in Österreich.

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Triggerwarnung: Polemische Kritik

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Cluster 2025/04
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Das macht was mit uns, sagte mir neulich der Herausgeber der nmz, Theo Geißler. Die Zeit, genau genommen eher die gesellschaftlichen und politischen Verwerfungen im Kleinen und im Großen produzieren eine Dauerunsicherheit, die offenbar existentiell ist. Die Verlässlichkeit von Informationen ist im Dauergewitter von Propaganda und maschineller Texterstellung durch KI-Systeme in Gefahr. Kleinste Bewegungen können bereits einen Mordssturm von Empörung, Hass, Hetze und Niedertracht hervorbringen. Es sind meistens genügend wenige Menschen, die einen Trollpark hinter sich herziehen und Stimmung machen. Auf der anderen Seite eine bisher so nicht bekannte Masse von Sensibelchen und Mimöschen, die in formelhafter Verletztheit reagieren. Darin also soll Kritik, wie wir sie hier gegenüber dem Musik- und Kulturleben üben, noch funktionieren.

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Unsere Autorinnen und Autoren (oder auch unsere Autor*innen) versuchen mit jedem Text Fairness und Präzision im Umgang mit Kunst und Gesellschaft an den Tag zu legen. Das führt manchmal zu Berufszeugnis-Prosa. Warum, weil man sich eben nicht diesem Dauergebrüll anschließen mag. Darunter leiden einzelne Genres der Kritik.

Wer traut sich heute noch eine Polemik zu, die auch mal Wunden aufreißt, damit man den Schmodder unter dem von Sanftmut Zugekleisterten sieht, statt ihn notdürftig zu bepflastern?

Leider ist es längst so, dass man sich beispielsweise gar nicht mehr auf führende Kulturpolitiker*innen vor Ort als Kämpfer*innen für Kultur und Kunst verlassen kann, weil sie längst politisch umgesattelt haben und sich als „Insolvenzverwalter“, nein, korrekt formuliert, sagen wir es doch glatt heraus, als aktive Pleitegeier und Aaserzeuger verstehen. An diesen Verwesungsgenießern ist keine Freude. Man müsste sie hochkantig aus ihren Ämtern heraustriggern.

Umgekehrt gilt das auch für die parfümierten Kulturdampflaberer, die Kultur als systemrelevanten Demokratie-Bestandteil reklamieren wollen und sich dann wundern, dass ihre Maßnahmen kosmetischer Streiktechniken in einer Öffentlichkeit, die sich mehr Sorgen macht um ihre Heizung, aber offen faschistischen blaubraunen Parlamentsverwesern die Stimme leiht, ein laues Windchen im Zeitensturm bleiben. Kultur ist immer und überall, denn sie ist systemimmanent, die geht nicht weg, die geht kaputt und degeneriert. Um mit dem Geburtstagsopa Pierre Boulez zu sprechen, der um Worte nie verlegen war: „Oh Ihr engelgleichen Wesen! Habt die Güte und hängt eure Trugbilder an den nächstbesten Nagel.“

Das, was die Autokraten dieser Welt von Nordkorea über Russland, den Iran bis hin zum Land nördlich am Golf von Mexiko liegend treiben, ist eine gewaltsame Austreibung von Zivilisation und Kultur, ist tödliche gelebte Menschenfeindlichkeit. Diese Menschheitsverächter müssen weggetriggert werden, nicht die Kultur, die sie so herzhaft quälen wie ebenso die Menschen, die sie hervorbringen. Das lassen wir nicht mit uns machen.

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