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Gordon Kampe. Foto: Martin Hufner

Gordon Kampe.

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Was gibt’s?

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Cluster 2025/09
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Es ist ein bisschen peinlich … neulich hörte ich diesen Podcast mit den beiden Herren, die fast ununterbrochen die Welt erklären. Sie wissen schon. Meistens rege ich mich ein wenig über das Philosophenorakel auf, aber – verdammt – da jonglierte einer der beiden mit einem Begriff, den ich mochte: Abweichungskompetenz.

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Gemeint war nicht die Kompetenz der Länder, hier und da in der Gesetzgebung vom Bund abzuweichen. Gemeint war die Fähigkeit von Personen in Institutio­nen, gelegentlich von der Norm abzuweichen. In unserem Metier schafft man es ohnehin nur mit großer Abweichungskompetenz in den Kanon. Was nicht abweicht, ist fad. Haydn, Mozart, Beet­hoven – alle weichen ab! Wohin immer ich aber im Moment auch schaue: Es gewinnt die Abweichungsinkompetenz. 

Die Sprache in Institutionen wirkt genormt und damit auch die Verhaltensweisen. Musik weicht auch selten ab: Dauer, Besetzung, Tempo, Klamotte, Thema, Text – man bewegt sich gern, ich sage das auch zu mir selbst, innerhalb enger Grenzen. Vielleicht ist alles gerade so aus den Fugen, dass ein freiwilliges Abweichen noch mehr verunsichern würde. Vor drei Jahren starb mein Lehrer Hespos, den ich sehr vermisse. Wenn jemand Abweichungskompetenz hatte, dann er. 

Ich erinnere mich, wie er einmal die ganze Hochschule – von der Flötenstudentin bis zum Rektor – um sich versammelte. Alle Augen warteten. Was würde der Meister sagen? „Was gibt’s?“, sagte er nur – und verließ die Bühne. Abweichungskompetenz für Fortgeschrittene: sich selbst mal aus dem Spiel nehmen. Abweichungskompetenz sollte Prüfungsfach und Einstellungsvoraussetzung werden. Richtigtuer haben wir genug, jetzt weichen wir ab. „Was gibt’s?“ – Mal kucken.

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