Bach vs. Scheibe. Marie-Sophie Pollak (Sopran), Concerto Köln, Max Volber +++ De Profundis. Werke für Sopran & Orgel. Gudrun Sidonie Otto (Sopran), Andreas Liebig (Mathis Orgel, Münster Basel)
unüberhörbar 2025/09
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Bach vs. Scheibe. Marie-Sophie Pollak (Sopran), Concerto Köln, Max Volbers. Berlin Classics
Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten. So auch in der fortschreitenden ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, als sich die Stilwende vom Hochbarock zur Empfindsamkeit abzeichnete. Erst aus der sicheren Entfernung Hamburgs wagte Johann Adolph Scheibe (1708–1776) in seinem „Critischen Musicus“ eine Generalkritik am Leipziger Thomaskantor. Der schriftliche Disput ist in die Musikgeschichte eingegangen – während die Werke Scheibes in Vergessenheit gerieten oder verschollen sind. Den Versuch einer klingenden Klärung unternimmt dieses Album mit Auszügen aus Kantaten und Oratorien sowie einzelnen Instrumentalnummern. Tatsächlich hört man in den Partituren einen Unterschied der Generationen – und doch kommen mir einzelne, nicht minder „modern“ anmutende Sätze von Bach in den Sinn. Einfach ist die Sache also nicht, aber sie regt mit diesen gelungenen Interpretationen zum Nachlesen und Nachdenken an. [Michael Kube]
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De Profundis. Werke für Sopran & Orgel. Gudrun Sidonie Otto (Sopran), Andreas Liebig (Mathis Orgel, Münster Basel). Arcantus
Der Gegenwart bedrohlicher Kriege stemmen sich der Organist Andreas Liebig und die Sopranistin Gudrun Sidonie Otto mit sakralem „De Profundis“ (aus der Tiefe) seelischen Widerstands entgegen. Zentral ist dabei das „Friedenskonzert“ des niederländischen Komponisten D. Manneke, das aus diskreten Diskant-Trillern und Mezzo-Melismen mit Glissandi im Sopran distinguiert an Opfer erinnert. Ebenso das expressive Sopran-Solo von L. Nono, der gefolterten algerischen Freiheitskämpferin „Djamila Boupacha“ gewidmet. Ein Pendant dazu sind die eindringlichen Exklamationen „Aus den Visionen der Hildegard von Bingen“ von S. Gubaidulina. Gerahmt ist dieses Recital mit der Ehrfurcht heischenden „Fantasie & (grazioso) Fuge g-Moll“ sowie dem gravitätisch swingenden Choral „Aus tiefer Not“ von J. S. Bach, in sanft gedämpfter Version von M. Reger, und der Orgelsonate c-Moll von J. Reubke, dunkle Ahnungen und skeptische Hoffnung verbreitend. Pax nobiscum. [Hans-Dieter Grünefeld]
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