Der Verband Deutscher Tonkünstler und Musiklehrer (VDTM), so der Name seit 1958, stand in den fünfziger und anfangs der sechziger Jahren in einer Krise. Die Neukonstruktion eines musikerzieherischen Gesamtverbandes für freiberufliche, angestellte und beamtete Musikerzieher in Schule, Musikschule, Hochschule und in freiberuflicher Tätigkeit, mit und ohne gewerkschaftliche Nähe, als schlagkräftige berufliche Standesvertretung beschäftigte die Verbandsfunktionäre in harten Diskussionen, aber ohne realistisches Ergebnis.
Der Verband Deutscher Tonkünstler und Musiklehrer (VDTM), so der Name seit 1958, stand in den fünfziger und anfangs der sechziger Jahren in einer Krise. Die Neukonstruktion eines musikerzieherischen Gesamtverbandes für freiberufliche, angestellte und beamtete Musikerzieher in Schule, Musikschule, Hochschule und in freiberuflicher Tätigkeit, mit und ohne gewerkschaftliche Nähe, als schlagkräftige berufliche Standesvertretung beschäftigte die Verbandsfunktionäre in harten Diskussionen, aber ohne realistisches Ergebnis.
So suchte der VDTM schließlich seine eigene Lösung. Am 6./7. Juni 1964 in Berlin, also unmittelbar nach Abschluss des Bundeswettbewerbes „Jugend musiziert“, beschlossen die Delegierten der Landesverbände des VDTM als Kompromiss eine Neukonstruktion des bundesweiten Zusammenschlusses unter dem neuen Namen „Verband Deutscher Musikerzieher und konzertierender Künstler“ (VDMK), weiterhin mit eingetragenem Vereinssitz Berlin (der Name VDMK wurde 1993 zu Gunsten des traditionellen Namens DTKV wieder aufgegeben). Als Präsident waren der Berliner Komponist Prof. Siegfried Borris gewählt worden, als Vizepräsidenten Fritz Büchtger (München) und Wilhelm Twittenhoff (Remscheid), als Schriftführer Prof. Reimar Dahlgrün (Hannover).
Die durch den Deutschen Musikrat erfolgte Einrichtung der Wettbewerbe „Jugend musiziert“ beschäftigte das Präsidium des jungen VDMK als vorrangigen Arbeitskomplex. So heißt es unter „Aufgaben“ in seiner neuen Satzung an erster Stelle: Mitarbeit an der Neugestaltung der Musikerziehung im Hinblick auf die Forderungen der Gegenwart, Förderung des Musizierens der Jugend, Veranstaltung von Wettbewerben, Konzerten, Arbeitstagungen und Lehrgängen.
Dem Gemeinsamen Aufruf zu „Jugend musiziert“ im Herbst 1963 waren schon um den Tag der Hausmusik im November die ersten regionalen Wettbewerbe für Streichinstrumente in der Einzel- und Gruppenwertung gefolgt. Die Dezember-Ausgabe des 1963-Jahrganges der „neuen musikzeitung“ (die damals noch „Musikalische Jugend“ hieß) berichtet auf einer (seither kontinuierlich beibehaltenen) eigenen Seite „Jugend musiziert“ ausführlich, mit welchem Elan der Wettbewerb in den Regionen aufgegriffen und mit Phantasie von den Musikerziehern der verschiedenen Ressorts durchgeführt wurde.
Die Leitungsgruppe
So startete „Jugend musiziert“ auf der Grundlage des vom Tonkünstlerverband entwickelten Konzeptes in diesen ersten drei Jahren 1963, 1964 und 1965 mit den ausgeschriebenen Wertungskategorien Streich- und Blasinstrumente im jährlichen Wechsel zunächst in drei Altersstufen bis zum 12., 13. bis 16., 17. bis 20.Lebensjahr als Einzel- und Gruppenwertung. Schon im zweiten Jahr war die Ausschreibung für Spieler der Holz- und Blechblasinstrumente modifiziert worden auf vier Altersgruppen in der Einzel- und Duowertung, in der Gruppenwertung auf eine 5. Altersstufe bis 24 Jahre.
Waren diese ersten drei Wettbewerbe auch in ihrer Außenwirkung enorm erfolgreich, so fühlten die Verantwortlichen der Leitung, also die Vorsitzenden der Fachverbände, sich zugleich konfrontiert von einer Vielzahl von Fragen, Problemen und Änderungs- beziehungsweise Verbesserungswünschen organisatorischer wie fachlicher Natur. Diese ersten Erfahrungen auszuwerten, Anregungen und Überlegungen für die weitere detaillierte Planung von „Jugend musiziert“ zu sammeln, dafür erbat sich der Geschäftsführer der Wettbewerbe ein kontinuierliches fachliches Beratergremium, das in der Struktur des Wettbewerbes fest verankert sei. Es sollte sich für das musikalische und pädagogische Konzept von „Jugend musiziert“ verantwortlich fühlen und all die Aktivitäten aufmerksam begleiten. So verständigten sich die Vorstände der vier Fachverbände mit dem Deutschen Musikrat im Anschluss an seine Generalversammlung im Herbst 1966 in Essen darauf, mit je einem ständigen Vertreter einen permanenten Hauptausschuss zu bilden, der, an eine Geschäftsordnung gebunden, die inhaltliche Ausrichtung im Sinne eines Fachbeirates steuert.
Die Wahrnehmung speziell dieser Aufgaben im VDMK-Präsidium war Fritz Büchtger zugedacht. So vertrat Büchtger im Hauptausschuss „Jugend musiziert“ die Interessen des VDMK für die Jahre 1966 bis 1971, abgelöst von Prof. Dr. Werner Müller-Bech (Saarbrücken, 1972–1996), Klaus Eidmann (1997–1999), Prof. Jürgen Ulrich (2000–2008), Ekkehard Hessenbruch (seit 2008). Im Zuge der Erweiterung von „Jugend musiziert“ durch neue Instrumentalkategorien (Blasinstrumente, Zupfinstrumente, Akkordeon) erweiterte sich dieser Fachbeirat bald um einen Vertreter dieser sogenannten Laienmusikinstrumente, die ihren Dachverband in der Arbeitsgemeinschaft der Volksmusikverbände sahen. Für weitere Kategorien (Orgel, Harfe, Schlagzeug, Gesang usw.) wurden und werden fall- und zeitweise Sachverständige aus den zuständigen Fachverbänden hinzugezogen. Es lag nahe, die Deutsche Stiftung Musikleben an den Beratungen zu beteiligen, ebenso die Sparkassen, als diese sich etwa ab 1997 als Hauptsponsoren einbrachten, und im Interesse der Medienkooperation die Mitwirkung eines Vertreters der AG der Rundfunkanstalten.
Nach dem geltenden Statut für „Jugend musiziert“ ist jedenfalls ein vom DTKV nominierter Delegierter geborenes Mitglied in jedem Regional- und ebenso im Landes- und Hauptausschuss (jetzt Fachbeirat). Das gleiche gilt für die weiteren beteiligten Verbände und Institutionen. Auch bei der Bildung der Jurygremien wird nach wie vor Wert darauf gelegt, dass diese, abgesehen von der selbstverständlichen Fachkompetenz deren Mitglieder, tunlichst gut gemischt aus möglichst vielen verschiedenen musikalischen und pädagogischen Bereichen zusammengesetzt sein sollten, also sich Beurteilung und Beratung auf fachliche Erfahrung in Orchester, Hochschule, Musikschule, Schule, freiberuflicher Tätigkeit und Laienmusikpflege stützen.
Sonderrolle Klavier
Eine Sonderbehandlung erfährt das Klavier übergangsweise. Parallel zu den Wettbewerben „Jugend musiziert“ der Jahre 1964 bis 1966 für Streicher und Bläser war die Fortführung der Jugend-Klavierspiel-Wettbewerbe weiterhin das Anliegen von VDMK und der deutsche Jeunesses Musicales. Im Konsens mit dem deutschen Musik-rat blieben diese vorläufig weiterhin gemeinsam verantwortlich für deren Fortführung unter dem Titel „Ewig junges Klavier“, so lange der Fachverband Deutsche Klavierindustrie das Projekt unterstützt. So startete der 3. Deutsche Jugend-Klavierspiel-Wettbewerb im April 1964 in München für Kinder und Jugendliche (bis 12 und bis 16 Jahren) als Preisträger aus den vorangehenden 21 regionalen Klavierwettbewerben des VDTM zwischen Augsburg und Wuppertal. In gleicher Form folgte für Klavier solistisch und vierhändig der 4. Bundeswettbewerb im November 1966 in Marl, dieses Mal schon angepasst an „Jugend musiziert“ mit einer weiteren Altersgruppe bis zu 20 Jahren. Die volle Integration von Klavier als Solowertung in „Jugend musiziert“ erfolgte schließlich einvernehmlich erst ab 1970 im 9. Bundeswettbewerb in Erlangen/Nürnberg.
Allerdings gab es zwischenzeitlich für den VDMK noch einen weiteren Klavier-relevanten Schwerpunkt, der zugleich brisante Themen der fachlichen Verbandsarbeit betraf. Schon ein knappes Jahr später, vom 25. bis 30. Mai 1965 war der VDMK angesprochen, den musikalischen und pädagogischen Teil des Europiano-Kongresses in Berlin zu gestalten, initiiert von Seiten der europäischen Vereinigungen der Klavierhändler und der Klavierindustrie, wobei Fragen des Baus, der Pflege und der Vermarktung von Tasteninstrumenten im Vordergrund standen. Neben Konzerten von Preisträgern der Jugend-Klavierwettbewerbe und jungen Künstlern Berliner Klavierklassen mit Programmen neuer europäischer Klaviermusik war die vielseitige Schlüsselrolle des Klaviers und des Klavierspielers in den unterschiedlichsten Berufsfeldern ein wichtiges Thema. Studios widmeten sich unter anderem neuer Cembalomusik (Franzpeter Goebels), Klavier und Jazz (Georg Gruntz) und avantgardistischer Klaviermusik (Peter Roggenkamp). Workshops beschäftigen sich mit den damals besonders aktuellen Themen „Klavier als Partner-instrument“ und Didaktik und Methodik beim Klaviergruppenunterricht mit Gegenüberstellung verschiedener internationaler Erfahrungen. Im Zusammenhang mit neuer Spiel- und Unterrichtsliteratur stellte der Verband der Jugend- und Volksmusikschulen angesichts des zunehmend gefragten Unterrichtsfaches Klavier seinen ersten Lehrplan für das Unterrichtsfach Klavier vor – für die besonders starke Garde der meist freiberuflich tätigen Klavierlehrer im VDMK mindestens ebenso spannend wie hilfreich, weil angesichts der in den Wettbewerben spürbar höheren Leistungsanforderungen eine intensivere Unterrichtsgestaltung nach einem Stufenplan für notwendig erachtet werde. Brisant auch die Podiumsdiskussion zur „Rechtslage des Musizierens in Wohnungen“ aus der Sicht von Architekt, Akustiker und Juristen.
Geschäftsführung: drei in einem
Der Schreiber dieser Zeilen war in mehrfacher Form sowohl in die Wettbewerbe wie in die Verbandsstrukturen eingebunden. Als amtierender Generalsekretär der Musikalischen Jugend Deutschlands seit 1959 – Selfmademan im kulturellen Management (das man damals noch nicht studieren konnte) – besorgte er in Kooperation mit dem VDTM die Organisation der Klavierwettbewerbe seit 1960. 1963 bekam er vom Deutschen Musik-rat auch die Geschäftsführung der gemeinsam entwickelten Wettbewerbe „Jugend musiziert“ angetragen, deren Projektleitung ihm dann für 33 Jahre bis 1996 oblag.
Es war Büchtgers wohl überlegte Initiative, die Geschäftsstelle des VDMK zu sich nach München zu verlegen und die Geschäftsführung zusätzlich dem MJD- und „Jugend musiziert“-Sekretär anzuvertrauen, natürlich ehrenamtlich, wie auch Büchtger all seine verschiedene Funktionen unentgeltlich wahrnahm. Unter Siegfried Borris als Präsidenten und Fritz Büchtger als Vizepräsidenten übte er die VDMK-Geschäftsführung in der Tat 13 Jahre ehrenamtlich aus. Immerhin so lange hielt die 1964 in einer Nymphenburger Villa gemeinsam eingegangene Bürogemeinschaft und Zweckehe, die allen Beteiligten zu Gute zu kommen schien. Das galt vor allem für die Realisierung der von dem unschlagbar kreativen Büchtger eingebrachten besonderen VDMK-Projekte wie die drei Allgemeinen Deutschen Musikfeste in München 1967, Hannover 1970 und Stuttgart 1974 und die gestartete LP-Reihe Musik der Gegenwart (vom Deutschen Musikrat übernommen und weitergeführt). Zusammen mit der langgedienten Mitarbeiterin Gertrud Prietzl betreute er zugleich den Bayerischen Landesverband und den Münchner Tonkünstler-Verband, die sich auch für die Durchführung von Bayerns Landes- und Münchens Regionalwettbewerb „Jugend musiziert“ verantwortlich fühlten. Beobachter sagen, diese mehr als 13 durchaus stressigen Jahre im gemeinsamen Haus seien für alle Beteiligten, Jeunesses Musicales, „Jugend musiziert“ samt Anschlussmaßnahmen und VDMK, die ergiebigsten gewesen, gemessen an den jeweiligen Ergebnissen und der sich durch eine selbstverständliche Zusammenarbeit gestaltenden Arbeitsatmosphäre. Vierter Partner war in dieser Bürogemeinschaft der Bosse-Verlag mit der Redaktion „Musikalische Jugend“, die „Jugend musiziert“ von der ersten Stunde an mit einer eigenen Seite bedachte, ab 1969 als „Neue Musikzeitung“ auch den VDMK Bayern und NRW bediente.
(Neben-)Wirkungen
Wenn man die Folgerungen und Nebenwirkungen bedenkt, dann beantwortet dieses „integrierte Förderprojekt Jugend musiziert“, das ja nicht nur den reinen Wettbewerb, sondern ein Paket weiterer Fördermaßnahmen einschließt, in schlüssiger Weise den einstigen Notruf zur „Notlage von Musikerziehung und Musikpflege“ in unserem Lande. Zweifellos hat „Jugend musiziert“ die musikalische Ausbildung in unserem Lande herausgefordert und bewegt. Ensemblearbeit findet zunehmend Zuspruch und erreichte einen erhöhten Stellenwert. Die Beschäftigung mit Musik unserer Zeit ist gewachsen. Erweiterte Spielrepertoires haben sich Spielern und Lehrern erschlossen. Für alle Beteiligte wurde „Jugend musiziert“ zum vielseitigen Begegnungsfeld mit regem Austausch von Projekten und Erfahrungen, führt zu interessanten Kontakten auf allen Ebenen vor Ort bis weit über die Grenzen hinaus. Mehrere Generationen sind mittlerweile durch „Jugend musiziert“ gegangen; jetzt bereiten sie ihre Kinder und Schülerenkel auf „Jugend musiziert“ vor. Für die Rolle der Musik in Erziehung und Bildung registrieren wir eine kultur- und gesellschaftspolitisch zunehmend freundlichere Aufmerksamkeit. Jetzt nach 50 Jahren mag man befriedigt feststellen: „Jugend musiziert“ als Aufruf, Aufgabe, Auftrag ist angenommen worden und wirkt vielfältig weiter. Die Tonkünstlerverbände und ihre Mitglieder haben daran großen Anteil, insbesondere jene große Zahl mehr oder weniger freiberuflich tätiger Pädagogen und Musiker, die sich Jahre hindurch als Mentoren von abertausend „Jugend musiziert“-Aspiranten betätigten.
Eckart Rohlfs
Rohlfs war Mitinitiator der Wettbewerbe „Jugend musiziert“, die er 33 Jahre als Projektleiter betreute, 1964 bis 1977 war er ehrenamtlicher Geschäftsführer des VDMK. Seit 1952 gehört er dem nmz-Redaktionsteam an.