Wenn zu einem Ausflug in neueres Klavierliedgut der Sänger ausfällt und ihn drei anderer Stimmlagen kurzfristig ersetzen, sind Verluste zu erwarten. Dass es bei dem Konzert im Konzertsaal des Leopold-Mozart-Zentrums bei überschaubaren Abstrichen blieb, ist dem Engagement und Können der Beteiligten zu verdanken.
Wenn zu einem Ausflug in neueres Klavierliedgut der Sänger ausfällt und ihn drei anderer Stimmlagen kurzfristig ersetzen, sind Verluste zu erwarten. Dass es bei dem Konzert im Konzertsaal des Leopold-Mozart-Zentrums bei überschaubaren Abstrichen blieb, ist dem Engagement und Können der Beteiligten zu verdanken.
Begonnen wurde mit der Uraufführung der ersten und letzten der Sechs Nachtstücke („Träume“) für Bariton und Klavier des 20-jährigen Augsburgers Patrick Schäfer auf Gedichte seines Altersgenossen Thomas Laschyk. Dem israelischen Tenor Yoed Sorek mag das erste mit dem Titel „Bereschit“ („im Anfang“: hebräisch für das 1. Buch Mose) vertraut geklungen haben. Er widmete sich beiden Liedern einfühlsam, mit weicher Intonation, lyrischen tiefen Tönen; eine Kostprobe aus dem Werk des jungen Komponisten, die neugierig auf den Gesamtzyklus macht. Sorek setzte seinen Einsprung fort mit den „5 Bruheim-songar“ des Norwegers Kjell Mork Karlsen. Dass Soreks Engagement durchaus weiter zu verstehen war, zeigte sich darin, dass er persönlichen Kontakt mit dem Komponisten aufnahm, um sich das Werk erläutern zu lassen. Dass es sich dabei aber um Liebeslieder handeln soll, mochte angesichts einiger Schroffheiten im Klaviersatz befremden.
Den geradezu provozierend unterschätzten Musiker und Schauspieler Robert Owens zu würdigen, ist hier leider kein Platz. Seine Hofmannsthal-Lieder trug die Mezzosopranistin Liat Himmelheber gradaus kantabel vor. Dafür, dass die eher dunkel gefärbte, quasi brahms’sche Klavierbegleitung besser zu einer eine Oktav tieferen Stimme gepasst hätte, konnte sie nichts. Die abschließend gebotenen Villon-Balladen in der Vertonung des Enjott-Schneider-Schülers Holger A. Jung lassen dem Sänger viel interpretatorische Freiheit: Allein die Marsellaise-Travestie zum Auftakt signalisiert eine Art Brecht/Eisler-Stil, der dem Tenor Gerhard Werlitz auch trefflich gelang.
Königin des Abends war die Pianistin Stephanie Knauer, die nicht nur den Ausfall ihres Kollegen verkraften musste, sondern auch drei Klavierwerke zwischen den Liedern bot. Karl Friedrich Gerbers „Loops“ waren ein guter Kontrast zu den Liedern Schäfers: im Notentext trocken wirkende Rhythmus-Studien in überwiegend mittlerer Lage für eine konzentrierte Interpretin, die daraus im Hörgedächtnis Haftendes macht.
Ein Klavier-Dreiakter von Daniele Gasparini war nach den Karlsen-Liedern der Schluss des ersten Teils, eine wuchtige Erkundung des Klavierklangspektrums, entwickelt aus zweistimmigen Kontrapunkten, die in ekstatische Läufe, Arpeggienfolgen und Akkordschläge explodierten, eine Virtuosin ebenso erfordernd wie eine Klangregisseurin. Vom eher bärbeißigen Liedkomponisten Karlsen war das letzte Solo-Werk des Abends. Mag auch der Titel „Les anges de Chagall“ (nicht ganz falsche) Messiaen-Assoziationen wecken: Sie versanken hinter den modalen Unisoni, die eher weiter, nämlich an Debussy, zurückdenken ließen.