Stadt und Land setzen bei der Sanierung der Stuttgarter Oper den Rotstift an, damit nach den Kosten nicht auch die Bauzeit steigt. In einem Teil des Mega-Projekts soll es nun ans Eingemachte gehen.
Weil die milliardenschwere Sanierung der Stuttgarter Oper erneut ins Stocken zu geraten droht, werden die Planungen für einen Teil des großen Bauprojekts noch einmal auf links gedreht. «Wir müssen das Grundkonzept für den Interimsbau deutlich überarbeiten», kündigte Wissenschaftsministerin Petra Olschowski (Grüne) nach der Sitzung des Verwaltungsrats der Württembergischen Staatstheater an. Seit den ersten Planungen seien unter anderem die Baukosten in Deutschland deutlich gestiegen, die Haushaltslage von Kommunen und Land sei dramatisch.
Für den Bau der Ausweichspielstätte ist die Projektgesellschaft ProWST zuständig, sie hatte die Planungen im Sommer 2024 von der Stadt übernommen. Im Auftrag von Stadt und Land hatten die Experten zuletzt nach Möglichkeiten gesucht, den Bau zu beschleunigen. «Das Ergebnis dieser Prüfung ist aber leider ernüchternd», sagte Olschowski.
Spürbare Veränderungen
Zum einen sei selbst der aktuelle - ohnehin schon grob gefasste - Zeitplan äußerst ambitioniert. Zum anderen gebe es zwar noch keine konkreten Zahlen für die Interimsoper, aber: «Es deutet alles darauf hin, dass der bisher geplante Kostenrahmen nicht zu halten sein wird», sagte Olschowski weiter.
Die Ministerin kündigte eine «deutliche Richtungsänderung» und «spürbare Veränderungen» an. Unter anderem soll geprüft werden, ob auch andere Räume in der Stadt wie etwa Probestätten genutzt werden können, auch an Büros, Garderoben, Proberäumen, Logistikflächen und «Standards» soll gespart werden.
Die Staatstheater Stuttgart haben da klare Prioritäten - und schauen eher weiter. Wirklich entscheidend sei weniger, unter welchen Umständen in der rund zehnjährigen Übergangszeit gespielt werden müsse, sagte der geschäftsführende Intendant der Staatstheater Stuttgart, Marc-Oliver Hendriks. «Das, was dann am Ende entsteht nach der Sanierung in den 40er Jahren und was die nächsten Jahrzehnte Heimstatt sein wird für Theater, Oper und Ballett, das hat für uns Priorität. Wir schauen in die Zukunft.»
Olschowski und Nopper übernehmen die Verantwortung
Sie übernehme gemeinsam mit Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) die Verantwortung für die Realisierung des Gesamtprojekts, sagte Olschowski. Ziel sei es, den Zeitrahmen zu halten. «Das Kind ist jetzt noch nicht in den Brunnen gefallen», sagte sie. «Aber wir müssen da jetzt hart rangehen, damit es nicht in den Brunnen fällt.» Die Ministerin betonte aber auch, die bisherigen Planungen seien durchaus realistisch gewesen: «Goldene Wasserhähne haben wir von Anfang an nicht geplant.»
Zeitplan wurde bereits nach hinten geschoben
Eigentlich sollte der Bau der Interimsspielstätte 2026 starten und bis 2029 abgeschlossen sein. Doch bereits im vergangenen November musste dieser Fahrplan angepasst werden: Jetzt ist ein Baubeginn im Jahr 2028 und eine Fertigstellung im Jahr 2032 vorgesehen.
Das geplante Übergangsgebäude soll etwa zehn Jahre lang als Ausweichquartier dienen, während die eigentliche Oper umfassend saniert wird - ein Vorhaben, das dringend notwendig ist. Das 1911 eröffnete Opernhaus ist in einem stark renovierungsbedürftigen Zustand, die Leitung der Staatstheater fordert schon seit Jahren zügige Lösungen.
Wissenschaftsministerin fordert kleinere Spielstätte
«Das Interim muss kleiner und einfacher werden», forderte Olschowski nun angesichts der aktuellen Entwicklung. Es gehe vor allem darum, dass die Ersatzspielstätte bezahlbar bleibe. Immerhin handele es sich um eine temporäre Lösung - die Kosten müssten entsprechend im Rahmen bleiben. Die Projektgesellschaft soll nun prüfen, wie die Pläne entsprechend angepasst werden können. «Wir müssen vor allem auf die Kostenbremse treten», sagte OB Nopper. «Alles muss ohne Tabus auf den Prüfstand.»
Schon im November hatten die Verantwortlichen erklärt, dass die Sanierung der Oper nicht nur länger dauern, sondern wohl auch deutlich teurer werden wird. Durch den späteren Start der Interimsspielstätte muss der Littmann-Bau - das bestehende Bühnenhaus für Oper und Ballett - mindestens bis 2033 in Betrieb bleiben, also vier Jahre länger als ursprünglich geplant. Erst danach soll die eigentliche Generalsanierung starten, die sich über zehn Jahre ziehen dürfte.
Kostenplanung stammt noch von 2019
Die Kosten für das ganze Projekt teilen sich Stadt und Land. Bisher wird für die Sanierung rund eine Milliarde Euro veranschlagt - das ist allerdings eine Berechnung aus dem Jahr 2019. Und für den wichtigsten Teil des Projekts, die Sanierung des Littmann-Baus, gibt es noch gar keine Ausschreibung.
Kritiker befürchten, die Sanierung könnte nach der Kostenexplosion beim benachbarten Stuttgart 21-Tiefbahnhof zu einem weiteren Milliardengrab werden. Sie fordern ein Innehalten und neue Ideen wie ein abgespecktes Sanierungsprogramm und einen Neubau, der aber bereits umfassend geprüft worden war.