Die Liszt-Biennale 2019 endet mit einem ganz besonderen Konzert. Die beiden Thüringer Landesjugendensembles – Orchester und Chor – führen am Pfingstmontag, 10. Juni in Sondershausen die 2. Beethoven-Kantate von Franz Liszt in einer Version auf, die seit ihrer Entstehungszeit nicht mehr zu hören war. Des Weiteren wird das Publikum die Uraufführung einer neuen Arbeit von Clytus Gottwald erleben.
„Der Name Beethoven ist heilig in der Kunst“- so schrieb Liszt bereits 1840 im Vorwort zur Klavierfassung der 5. Sinfonie. Das zeigt: Beethoven nahm im Denken von Liszt eine Sonderstellung ein. Als Pianist, Dirigent, Bearbeiter, Komponist und Herausgeber Beethovenscher Werke hat Liszt zeitlebens sich nahezu mit dem gesamten Oeuvre beschäftigt. Und er vermittelte seine Beethoven-Interpretationen einem großen Schülerkreis, die wiederum weitere Generationen mit dieser Auffassung geprägt haben,
Die Aufführung der 2. Beethoven-Kantate von Franz Liszt ist eine kleine Sensation. Bisher war nur die Stichvorlage und die gedruckte Partitur des Werkes bekannt. Das komplette Aufführungsmaterial galt als verschollen. Der Projektleiter des Landesjugendchors Christoph Caesar machte während der Vorbereitung des Konzertes dann eine überraschende Entdeckung: Im Sächsischen Staatsarchiv Leipzig fand er das handschriftliche Orchestermaterial der Komposition. Es handelt sich dabei um jene Notenblätter, die die Musiker der Uraufführung in Weimar am 29. Mai 1870 genutzt und mit Korrekturen und Anmerkungen ergänzt hatten. Da Franz Liszt selbst die Uraufführung leitete, können diese Eintragungen und Ergänzungen als direkte Hinweise des Komponisten gelten.
In die einzelnen Orchesterstimmen fügten die Musiker bei den nachfolgenden Aufführungen weitere Anmerkungen ein, die letzten Eintragungen stammen von April 1899 in München. Nach sorgfältiger Analyse fließen nun all diese Zusatzinformationen in die Aufführung in Sondershausen ein. Hier wird das Publikum also eine Vorstellung davon erhalten, wie die Beethoven-Kantate in ihrer Entstehungszeit geklungen und wie der Komponist sie sich vorgestellt hat.
Dank der großzügigen finanziellen Unterstützung durch die Staatskanzlei Thüringen konnte die Deutsche Liszt-Gesellschaft bzw. Liszt-Biennale mit ihrem Gründer Wolfram Huschke die Neuerstellung einer digitalisierten Partitur realisieren. Auf dieser Grundlage wird der Verlag Ries & Erler eine praktisch-wissenschaftliche Neuausgabe publizieren, so dass alle Orchester-, Chor- und Solostimmen in einem modernen, leicht lesbaren Druckbild erscheinen. Grundlage für diese Neuausgabe sind die verschiedenen Archivalien in der Liszt-Abteilung der Stiftung Klassik Weimar, im Sächsischen Staatsarchiv Leipzig und in der Senckenberg-Bibliothek in Frankfurt am Main.
Im Beethoven-Jahr 2020 wird diese Neuausgabe der 2. Beethoven-Kantate einen prominenten Platz einnehmen: Nike Wagner hat den Landesjugendchor Thüringen eingeladen, zusammen mit dem Beethoven Orchester Bonn unter Leitung von Dirk Kaftan die Eröffnungsmatinée des Internationalen Beethovenfestes am 5. September zu gestalten. Dabei kommt es auch zu einer Premiere: Erstmals werden beide Beethoven-Kantaten Franz Liszts aus den Jahren 1845 (Bonn) und 1870 (Weimar) gemeinsam in einem Konzert aufgeführt.
Die Staatskapelle Weimar führt im Juni 2020 mit dem Landesjugendchor Thüringen unter Leitung von Kirill Karabits die 2. Beethoven-Kantate in Verbindung mit der Faust-Sinfonie von Franz Liszt auf.
Ein weiterer herausragender Programmpunkt des Konzerts am Pfingstmontag ist die Uraufführung eines Stücks von Clytus Gottwald. Der Doyen der zeitgenössischen Chormusik hat drei Klavierlieder von Clara Schumann ausgewählt und sie für sechsstimmigen Chor A-Cappella transkribiert. Diese drei Bearbeitungen sind eine Hommage an Clara Schumann zu ihrem 200. Geburtstag und dem Landesjugendchor Thüringen als Initiator gewidmet.
Im Liszt-Biennale Abschlusskonzert sind drei renommierte Solisten neben dem Chor und Orchester unter der Leitung von Nikolaus Müller in der Liszt Kantate „Zur Säcular-Feier Beethovens“ zu hören: Julia Wagner (Sopran), Annekathrin Laabs (Alt) und Tobias Berndt (Bariton).
Das Landesjugendorchester spielt zwei Werke des Biennale Namensträger: Die Symphonische Dichtung „Festklänge“ und die Bearbeitung der 2. Ungarischen Rhapsodie durch seinen Künstlerischen Leiter Juri Lebedev.
Der Thüringer Landesjugendchor umfasst 40 Sänger*innen, das Landesjugendorchester 50 junge Musiker*innen. Beide Ensembles haben für ihre künstlerische Qualität in vielen Konzerten im In- und Ausland – bis hin nach St. Petersburg – hohe Anerkennung gefunden.
Pfingstmontag, 10.06.2019, 17.00 Uhr, Sondershausen, Trinitatiskirche
Abschlusskonzert der Liszt-Biennale 2019
- Landesjugendorchester Thüringen, Leitung: Juri Lebedev
- Landesjugendchor Thüringen, Leitung: Nikolaus Müller
- Julia Wagner, Sopran | Annekathrin Laabs, Alt | Tobias Berndt, Bariton
Programm:
- Franz Liszt, Festklänge. Sinfonische Dichtung Nr. 7
- Clara Schumann, 3 Klavierlieder. (Transkription für Chor A-Cappella von Clytus Gottwald [Uraufführung])
- Franz Liszt, Ungarische Rhapsodie für Orchester Nr. 2 d-moll (Bearbeitung Juri Lebedev)
- Richard Wagner, Träume. | Im Treibhaus. Aus: Wesendonck-Lieder. (Bearbeitet für 16 Stimmen A-Cappella von Clytus Gottwald)
- Franz Liszt, Richard Wagner – Venezia. (Bearbeitet für Doppelchor von Clytus Gottwald)
- Franz Liszt, Zur Säcular-Feier Beethovens. Kantate für Soli, Chor und Orchester