Hauptrubrik
Banner Full-Size

Ohne Bombast und Pathos: Nürnbergs Staatsoper startet Wagners «Ring»

Autor
Publikationsdatum
Body

Nürnberg - Keine abgehobene Götterwelt will er zeigen, keinen Mythenzauber. Regisseur Georg Schmiedleitner inszeniert an der Nürnberger Staatsoper Richard Wagners Mammutwerk «Ring des Nibelungen». Los geht es an diesem Samstag (30. November) mit «Das Rheingold» - bis schließlich in der übernächsten Spielzeit die Tetralogie mit «Götterdämmerung» abgeschlossen wird.

Es ist ein Kraftakt für das Haus, doch in Sachen Wagner ist man inzwischen selbstbewusst in Nürnberg: Generalmusikdirektor (GMD) Marcus Bosch feierte 2011 einen umjubelten Einstand mit «Die Meistersinger von Nürnberg», ein Jahr später folgte eine gelungene Deutung von «Tristan und Isolde». Und nun also der «Ring» kurz vor Ende des Wagnerjahres, in dem die Klassikwelt den 200. Geburtstag des Bayreuther Meisters gefeiert hat.

«Große Brachialstücke reizen mich natürlich als Regisseur», sagt Schmiedleitner, der vor allem für die Theaterbühne arbeitet, in Nürnberg aber auch schon drei Opern inszeniert hat. Die Bilder der heutigen Zeit solle man erkennen, sein «Ring» solle die Probleme zeigen, «die wir heute empfinden. Wir leben an einer Kante, an der es jeden Tag Katastrophen geben kann - ob das Umweltkatastrophen oder Finanzkatastrophen sind».

Trotzdem - und das sei das Spannende - gehe das Leben scheinbar normal weiter: «Dieses Gefühl, dass wir trotz abgründiger Weltsituation die Probleme ignorieren, das kommt im "Ring" vor. Und das möchte ich erzählen.» Im «Rheingold»-Bühnenbild hat der Rhein zahllose leere Plastikflaschen angeschwemmt - ein deutlicher Hinweis auf die Zerstörung der Umwelt. Den Göttern verpasst Schmiedleitner menschliche Züge. «Ich erzähle die Hybris der Menschen heutzutage. Wir fühlen uns ja als Götter. Der Mensch ist heute ein selbsterwählter Gott. Jeder kann digital weltweit wirken.»

Bei der Musik nimmt GMD Bosch den Faden wieder auf, den er schon bei den «Meistersingern» und «Tristan und Isolde» gesponnen hat. «Mich interessiert: Wie war der Klang der Zeit, der Klang, den Wagner im Ohr hatte?» Oft werde so getan als sei Wagner eine Insel, als ob er nicht ein Komponist in einer bestimmten Zeit mit bestimmten Einflüssen gewesen wäre, sagt Bosch. Doch man müsse bei Wagner auch Weber, Lortzing und vor allem Mendelssohn als Bezugsgrößen sehen. Der Dirigent verspricht: «In den Köpfen hat sich ein bestimmtes Wagnerbild festgesetzt mit einem falschen Pathos und Bombast. Und genau das will ich wegdenken.»

Der so verkleisterte Wagner-Klang beschäftige ihn sehr. «Es gibt ja viele Erklärungen dafür, die Überhöhung Wagners etwa im Nationalsozialismus, Wagners Werke als Religionsersatz oder die Sehnsucht nach mehr "Tiefe"» Aber der «Ring» als Drama habe auch eine groteske Seite - «und da darf auch die Musik grotesk klingen». Anderes Beispiel: Am Anfang von «Das Rheingold» habe Wagner «heiter/bewegt» geschrieben - «ich möchte, dass man das hört», sagt Bosch, der erstmals in seiner Laufbahn die komplette Tetralogie dirigieren wird - und von «einem der 8000er» in der Musikwelt spricht: «Ich freue mich sehr, dass der "Ring" jetzt kommt.»

Kathrin Zeilmann

Ort
Autor
Musikgenre