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Mehr als 3.000 Nachwuchsmusiker*innen sind zur Bewerbung zu WESPE eingeladen, dem Wettbewerb für Kreative, Neugierige und Zukunftsforscher*innen. Foto: Marc Dorazillo
Mehr als 3.000 Nachwuchsmusiker*innen sind zur Bewerbung zu WESPE eingeladen, dem Wettbewerb für Kreative, Neugierige und Zukunftsforscher*innen. Foto: Marc Dorazillo
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Zuversicht sticht Corona

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WESPE – Wochenende der Sonderpreise in Freiburg wird geplant
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Auch wenn es wegen Corona im Kulturbereich noch immer Absagen hagelt, soll an dieser Stelle doch ein wenig Zuversicht verbreitet werden. Denn zwar mussten sich ausübende Musikerinnen und Musiker in den vergangenen Monaten allerhand einfallen lassen, um abseits realer Bühnen sichtbar und hörbar zu bleiben, aber allmählich stellt sich im Umgang mit der Epidemie eine gewisse Routine ein. Fachleute und staatliche Stellen kommen zu einer erfahrungsbasierten Einschätzung der Gefahrenlage. Und so fühlen sich auch Kulturschaffende und Veranstalter ermutigt, zarte Pläne für die nähere Zukunft zu schmieden. Die ermutigende Nachricht im Falle von „Jugend musiziert“ lautet WESPE.

Man erinnert sich: Im März hatte die epidemische Ausbreitung des Corona-Virus SARS-CoV-2 bereits zur Absage des Bundeswettbewerbs „Jugend musiziert“ 2020 in Freiburg/Br. geführt. Im Juni hatten alle in der Verantwortung stehenden Personen im Deutschen Musikrat und der Arbeitsgruppe Kammermusikkurs nach intensiver Beratung entschieden, den Deutschen Kammermusikkurs „Jugend musiziert“ 2020 abzusagen. Auch dies mit größtem Bedauern, denn da der Deutsche Kammermusikkurs nicht nur von den Kurseinheiten unter der Leitung namhafter Dozenten lebt, sondern vom intensiven Austausch, der zwanglosen Begegnung der Musiker*in­nen und Dozent*innen untereinander und der Präsentation der einstudierten Werke in öffentlichen Konzerten, war und ist dieser Bestandteil weiterhin nicht zu gewährleisten. Andererseits hatten zum Zeitpunkt der Absage des Bundeswettbewerbs „Jugend musiziert“ bereits alle Regionalwettbewerbe stattgefunden, mit über 20.000 Kindern und Jugendlichen. Über 8.000 von ihnen hatten sich mit hervorragenden Leistungen die Teilnahme an einem der 19 Landeswettbewerbe „Jugend musiziert“ erspielt. Zwei Landeswettbewerbe hatten sogar noch stattfinden können, bis behördlicherseits bundes- und europaweit alle Veranstaltungen untersagt werden mussten. Genaugenommen hatte es also „Jugend musiziert“ 2020 gegeben, wenn auch nur zu einem Drittel.

Der Traurigkeit über diese Tatsache zum Trotz planten die Verantwortlichen ein musikalisches Ereignis entgegen zu setzen, das ohnehin für September auf dem Veranstaltungskalender stand: WESPE – Wochenende der Sonderpreise: Aber anders als in den Jahren zuvor, beschloss man, WESPE in diesem Jahr einmalig für alle 1. Regionalpreisträger*innen ab AG III zu öffnen, die mit 24 oder 25 Punkten die Weiterleitung zum Landeswettbewerb erhalten hatten.

WESPE 2020: offen für alle

Seit nunmehr 13 Jahren setzt „Jugend musiziert“ mit WESPE neue Initiativen und Schwerpunkte. Denn während es im Wettbewerb „Jugend musiziert“ um die stilistische Vielfalt geht, steht bei WESPE die Auseinandersetzung mit nur einem Werk im Fokus, das vielleicht noch nie aufgeführt wurde, weniger bekannt oder besonders schwierig zu interpretieren ist.

Zu den wesentlichen Eigenschaften einer Teilnahme an WESPE gehört daher, sich mit Unbekanntem zu befassen und Neues zu wagen. Produktive Neugierde und Kreativität werden gefördert, und herausragende Leistungen werden übrigens auch mit attraktiven Geldpreisen belohnt. Die Trennung in Altersgruppen und Besetzungen, wie man sie von Teilnahmen an „Jugend musiziert“ kennt, ist bei WESPE aufgehoben. Hier treffen sich in den jeweiligen Kategorien unterschiedliche Besetzungen und alle Altersgruppen.

WESPE 2020 soll vom 17. bis 19. September 2020 in Freiburg i.Br. stattfinden, so der derzeitige Planungsstand. Die Musikhochschule Freiburg ist zentraler Veranstaltungsort, zusammen mit zwei weiteren Wettbewerbsorten. Rund 3.000 Einladungen für die Bewerbung in einer der folgenden Kategorien wurden durch die Bundesgeschäftsstelle „Jugend musiziert“ bereits versendet:

Beste Interpretation eines eigenen Werks – Beste Interpretation eines Werks einer Komponistin  – Beste Interpretation eines Werks der verfemten Musik – Beste Interpretation eines zeitgenössischen Werks – Beste Interpretation eines Werks der Klassischen Moderne – Beste Interpretation eines für „Jugend musiziert“ komponierten Werks – Jumu open. In den genannten Kategorien können die Musiker*innen ein Werk ihrer Wahl vorstellen. Dieses Werk muss zwar den Bedingungen der jeweiligen WESPE-Kategorie entsprechen, es muss jedoch nicht Teil ihres Programms im Regionalwettbewerb gewesen sein.

Der Jumu open-Erklärfilm

Aufmerksame Leser*innen werden in der oben stehenden Aufzählung auch die Kategorie „Jumu open“ wiederentdeckt haben. Ihr war in der Juni-Ausgabe der nmz bereits ein Artikel gewidmet worden. „Jumu open“ wurde erst 2016 in die WESPE-Familie aufgenommen und entfaltet ihr ungeheures kreatives Potenzial erst ganz allmählich. Aus Sicht der Erfinder verdient „Jumu open“ deutlich mehr Zuspruch, denn die Kategorie bietet schier grenzenlose Möglichkeiten für die Entfaltung eigener Ideen. Im Gespräch mit den Erfindern von „Jumu open“ fällt denn auch oft der Begriff „Zukunftsmusik“, die sich hier realisieren lässt. Viele, meist junge, Musikprofis bewegen sich inzwischen souverän und sehr erfolgreich auf diesen Pfaden, auf die die „Jugend musiziert“-Preisträger*innen gelockt werden sollen. Der Tubist Andreas Martin Hofmeir oder auch der Geiger und Komponist Florian Willeitner sind ermutigende und exzellente Beispiele für Neuschöpfungen im Rahmen musikalischer Grenzgänge, Anverwandlungen bekannter Stücke aus dem klassischen Repertoire, in denen Anregungen aus dem Jazz oder Improvisatorische Anteile in völlig neue Musikformen gegossen werden. „Jugend musiziert“ ist es gelungen, Florian Willeitner zur Mitwirkung an einem Video zu gewinnen, in dem ehemalige „Jumu open“-Preisträger*innen, die beiden Erfinder und eben auch er, der erfolgreiche Profi, zu Wort kommen. In Kürze wird das Video auf www.jugend-musiziert.org zu sehen sein. Allen Interessenten für die Kategorie „Jumu open“ wurde deshalb auch eine verlängerte Bewerbungsfrist bis 9. Juli eingeräumt, während der Bewerbungsschluss für alle anderen WESPE-Kategorien bereits Ende Juni ist. Ob das Video vielleicht sogar für einen Ansturm auf „Jumu open“ sorgt?

Ohne Geld keine Musik

Von Anbeginn sorgten attraktive Geldpreise zahlreicher Stifterinnen und Stifter für den zusätzlichen Reiz bei WESPE. „Jugend musiziert“ ist allen preisstiftenden Institutionen zutiefst dankbar, dass sie WESPE auch in diesem Ausnahmejahr die Treue halten. Traditionell sind dies die Bertold Hummel Stiftung, das Bundesminis­terium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, die Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten (GVL), die Harald-Genzmer-Stiftung, die Fondation Hindemith, die Irino-Foundation, die neue musikzeitung, die Stadtwerke Schwerin und der Verband deutscher Musikschulen (VdM). Darüber hinaus haben sich einige Institutionen bereit erklärt, ihren Geldpreis, der eigentlich hätte im Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ 2020 vergeben werden sollen, für WESPE umzuwidmen. Aktuell sind dies die „Freunde Junger Musiker München“, die Stiftung Gesang des BDG, Gretel Sütterlin und YAMAHA Music Europe GmbH. Besonderer Dank gilt auch den zuletzt genannten vier. So stehen also derzeit 35.000 Euro als Preisgeld zur Verfügung und warten darauf, an hervorragende Interpret*innen ausgezahlt zu werden.

Und hier sind dann doch zwei Wermutstropfen: Denn zum einen ist der Charakter der Preisverleihung derzeit noch nicht klar. „Jugend musiziert“ plant ein oder zwei Abschlussveranstaltungen in der Musikhochschule Freiburg, in deren Rahmen die Preise vergeben werden. Ob sie gestattet sind, kann nur vor dem Hintergrund der im September geltenden Hygienevorschriften und Regelungen geklärt werden. Und – Wermutstropfen Nummer zwei – es könnte durchaus sein, dass WESPE kurzfristig doch komplett abgesagt werden muss. Beiden Einschränkungen wird „Jugend musiziert“ Rechnung tragen und doch voll Zuversicht hoffen, dass die musikalische Begegnung miteinander möglich sein wird.

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