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Unübersehbar #25 – nmz-Streaming-Empfehlungen vom 29.10. bis zum 5.11.2020
Unübersehbar #25 – nmz-Streaming-Empfehlungen vom 29.10. bis zum 5.11.2020
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Unübersehbar #25 – nmz-Streaming-Empfehlungen vom 29.10. bis zum 5.11.2020

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Vermutlich beginnt jetzt wieder eine Zeit, in der häufiger auf Streams zurückgegriffen werden wird. Manche, wie das Staatstheater Mainz, werden sich dem verweigern. Während die einen ihre Archive öffnen, gibt es durchaus auch Live-Streams. Eine Reimagination des Schwanengesangs ist dabei und „Unvoiced Diaries“ beim NOW-Festival Essen. Genrebrechend! Wexford, Hannover und Augsburg und Beethoven mit Boris Giltburg grüßen aus Archiven. [mh]


29. Oktober, 20:30 Uhr


United We Stream: Schwanengesang re-imagined
via UNITED WE STREAM Facebook, YouTube und über die United We Stream Website

„Am Donnerstag, 29. Oktober findet um 20:30 Uhr (MEZ) wieder ein United We Stream Live-Stream statt. Klassische Musik und progressive Clubsounds werden bei "Schwanengesang re-imagined" zu einer genre brechenden Neuinterpretation von Schuberts letztem Liederzyklus. Als Kulisse des Live-Streams dient ein außergewöhnlicher kulturhistorischer Ort der Hauptstadt, das ehemalige Stummfilmtheater Delphi. Herausragende Künstler*innen der elektronischen Musik, wie unter anderem Matthew Herbert, Seth Troxler oder Born In Flames zeigen in eigens dafür komponierten Arbeiten ihre sehr individuelle Herangehensweise an dieses Musikstück.“
[Martin Hufner]


31. Oktober, 17 Uhr


NOW! – „Von fremden Ländern und Menschen“
https://youtu.be/pWloBpuCqJ0

Während alle Welt momentan Probleme des Eurozentrismus und Strategien der Dekolonisierung diskutiert, hat das Essener NOW-Festival seine diesjährige, betont global und interkulturell aufgestellte Festivalausgabe, mit unnachahmlicher Betulichkeit einfach mal unter das Motto „Von fremden Ländern und Menschen“ gestellt. Frei nach Schumanns Klavierstück ist so auch die Veranstaltung der traditionell beteiligten Folkwang Universität der Künste bezeichnet, die sage und schreibe 27 Uraufführungen beinhalten wird, leider die einzige Live-Übertragung des Festivals. Doch keine Angst. Die Veranstaltung wird nicht bis zum nächsten Lockdown dauern, sondern knapp eine Stunde, denn die Kompositionen für Solovioline, die Önder Baloglu, Konzertmeister der Duisburger Philharmoniker, bei 24 türkischen Komponist*innen in Auftrag gab, sollen bestenfalls nicht länger als eine Minute dauern. Unter dem Titel „Unvoiced Diaries“ (merkwürdig, dass dies nicht der Veranstaltungstitel werden konnte) versammeln sich unterschiedliche Zugangsweisen und Stile zeitgenössischer Kammermusik mit und ohne Elektronik, verspricht das Programm. Komponiert haben Ahmet Tamer Topuz, Aslihan Kecebasoglu, Cem Esen, Deniz Nurhat, Didem Coskunseven, Emre Sihan Kaleli, Enver Yalcin Özdiker, Evrim Demirel, Hakan Ali Toker, Kamran Ince, Mahir Çetiz, Mehmet Can Özer, Murat Cem Orhan, Oguzhan Balci, Onur Türkmen, Orhan Veli Özbayrak, Orhun Orhon, Tolga Yayalar, Ugurcan Öztekin, Utku Asuroglu, Yunus Gencer, Yusuf Yalcin und Zeynep Gedizlioglu und Özkan Manav. Ergänzt wird der Zyklus durch Kammermusik-Premieren von drei Folkwang-Studenten (Celso V. Machado, Levin Zimmermann, Po-Chien Liu).
[Dirk Wieschollek]


Bis auf weiteres verfügbar


Staatstheater Augsburg: vr-theater@home
Virtual-Reality-Videostreams on demand auf der Staatstheater-Webseite

Als Markus Söder seine erste Regierungserklärung als Ministerpräsident abgab, überraschte er das Theater Augsburg geradezu mit dessen Erhebung in den Rang eines Staatstheaters. Welche Konsequenzen das auch immer haben mag – zumal in Coronazeiten. Gleichwohl stellt sich das Team um Intendant Andre Bücker nicht nur krisenbedingt so offensiv der Suche nach neuen Formen, wie kaum ein anderes Haus. Natürlich gibt es die überbrückenden Streaming-Angebote an vielen Häusern – auf die hinzuweisen ist ein Hauptanliegen von „unübersehbar“. Aber in Zeiten, da mit der Gewöhnung an die Dauerkrise der Eifer (beim Angebot und der Nachfrage) nachlässt, zumal man landauf landab den Übergang in die neue Normalität mit Hygieneregeln und reduziertem Publikum probt, stellt sich die Frage, wie nachhaltig sich eine digitale Dimension, jenseits von Trailern und Backstage-Einblicken in der Rezeption einer Kunst, die vom Liveereignis lebt, daneben entwickeln und etablieren lässt. Abgesehen von den allerorts ausgebauten Trailerangeboten, geht man in Augsburg noch einen Schritt weiter. Dass diese neue Form auch den Zuschauern bzw. Nutzern einen finanziellen Obolus abverlangt, muss dabei (schon wegen des Vorurteils, dass etwas nur Wert hat, wenn es auch was kostet) kein Nachteil sein, sondern könnte eher für Chance auf Nachhaltigkeit sprechen.
Ein Musiktheatererlebnis, das nur mit VR-Brille rezipierbar ist (also durch eine Einschränkung des Rezipienten, die zu einer Erweiterung wird), bewegt sich per se auf der Schnittstelle zwischen Theater und Filmästhetik.Beim Auftakt mit John Clancys hinterfragendem „Event“ wird dieser Schritt ins Neuland auch inhaltlich thematisiert. Im Rahmen einer technisch bedingten 360-Grad-Perspektive. Theater im Wohnzimmer vom Sofa aus. Den ersten drei VR-Produktionen dieser Art – „Judas“, „shifting_perspective“ und „Tagebuch eines Wahnsinnigen“ – folgen weitere (siehe HP des Theaters).
Um hier als Zuschauer dabei zu sein, braucht es entweder eine VR-Brille im Pay-per-view Verfahren, die unter www.staatstheater-augsburg.de/vr bestellt werden kann. Für die Augsburger gibt es darüber hinaus die Möglichkeit einer Leihbrille unter www.boxbote.de. Diese Variante wird auch deutschlandweit geplant – dann allerdings dann nicht wie in Augsburg mit den Fahradboten…
Man darf gespannt sein, wie dieser Versuchsballon abhebt und ob und wo er landen wird.
[Joachim Lange]

Abschlusskonzert 2020 des Landesjugendblasorchester Niedersachsen
Video on demand via YouTube

Die Landesjugendorchester setzen sich aus musikalisch besonders begabten Jugendliche zusammen, die gemeinsam auf höchstem Niveau musizieren. Nicht wenige von ihnen schlagen eines Tages den Weg in die Professionalität ein. Die jugendlichen Mitglieder erarbeiten mit Dozent*innen und Dirigent*innen anspruchsvolle Konzertprogramme verschiedener Epochen und Stilrichtungen. In den gerade zu Ende gegangenen Herbstferien kam das Landesjugendblasorchester Niedersachsen in der Landesmusikakademie in Wolfenbüttel für eine Arbeitsphase zusammen. Normalerweise stehen am Ende einer solchen Phase Konzerte in ganz Niedersachsen und darüber hinaus an. Dieses Mal gab es stattdessen ein Livekonzert auf YouTube. Auf dem Programm standen u.a. Felix Mendelssohn Bartholdys „Ouvertüre für Harmoniemusik“, Philip Sparkes „Jubilee Overture“ und „Arcus“ von Thiemo Kraas.
Moderiert wurde das Ganze von zwei jugendlichen Mitgliedern des Orchester selbst, geleitet war es von Matthias Prock, dessen erste Zusammenarbeit es mit dem Ensemble war.
[Juana Zimmermann]

69th Wexford Festival Opera: Gala Concert - Remote voices
Auf Youtube als Video on demand

Eigentlich kam seit der Gründung des Wexford Festivals im Jahr 1951 dort so gut wie alles, was Enthusiast*innen aus dem ganz Kleingedruckten in Opernführern und Musikgeschichten 'echt' erleben wollen und (fast) nirgends finden. Diesen Herbst hätte die künstlerische Direktorin Rosetta Cucchi zum 69. Wexford Festival Opera mit besonders pittoresken Kleinoden aufgewartet: Alfredo Catalanis „Edmea“, Carl Goldmarks „Ein Wintermärchen“ und Ambroise Thomas' Fantasie „Le songe d’une nuit d’été“, in der auch Shakespeare selbst, Falstaff und sogar Königin Elizabeth I auftreten. Durch Corona wurde alles anders. Immerhin kam unter Mitwirkung des irischen Senders RTÉ ein Großteil des Alternativprogramms medial heraus. Neben einer Aufführung von Rossinis „Petite Messe solennelle“ auch zwei Musiktheater-Projekte: Zum einen die Auftragskomposition „What Happened to Lucrece“ von Andrew Synnott nach Shakespeares Verserzählung „The Rape of Lucrece“. Als überraschende digitale Komponente hat das neue Werk des Artist-in-Residence drei verschiedene Finali. Zum anderen eine Produktion von „Falstaff“ mit jungen Stimmen und Klavier. Die sechs zwischen 15 und 25 Minuten dauernden Bilder von Verdis Oper wurden in eine halbe Serienstaffel transformiert, ins Englische und (fast) in die Gegenwart versetzt (mitsamt dem im heutigen Musiktheater fast unvermeidbaren roten Telefonhäuschen). Originell auch der einheitliche Vorspann, der genrespezifisch hinein geleitet ins britische Mittelschichtsleben und dessen Störfälle.
Nur um keines dieser beiden jungen Projekte des Wexford Festivals zu priorisieren und das andere zwangsläufig zurückzusetzen, fällt die Entscheidung zur Stream-Empfehlung für die digitale Gala „Remote Voices“, moderiert von Rosetta Cucchi und Marty Whelan (RTÉ) – mit Bekanntem sowie Unbekanntem aus „Edmea“ und Umberto Giordanos „Siberia“.
[Roland H. Dippel]

Boris Giltburg: Beethoven 32
Videostreams on demand auf der Projektwebseite und via YouTube

Der israelische Pianist Boris Giltburg hat sich für 2020 vorgenommen, alle 32 Beethoven-Klaviersonaten einzustudieren und „live“ vor der Kamera einzuspielen. Nach der erzwungenen Zwangspause – da war er bei Opus 22 angekommen – ging es im Juli weiter, als er in einer „Beethoven summer madness“ – so sein Kommentar – 13 Sonaten in 9 Tagen einspielte. Hochgeladen sind bis jetzt insgesamt 13 Sonaten, allesamt von Kameramann Stewart French mit einfühlsamer Nähe eingefangen. Die Klangqualität ist hervorragend, Boris Giltburg bringt das interessante Timbre des Fazioli-Flügels in immer neuen Nuancen zum Schwingen. Seinen Interpretationen, die er sehr persönlich und kundig in kurzen Einführungstexten kommentiert, meint man bisweilen anzumerken, dass er sich einigen der Werke zum ersten Mal nähert, und so lässt er den Zuhörer und Zuschauer an seinen „Neuentdeckungen“ teilhaben. Als aparte Ergänzung gibt es zu bisher zwei Sonaten (Opus 2, Nr. 1 und Opus 10, Nr. 3) graphische Umsetzungen von Stephen Malinowski, die sich vielleicht für Musikvermittlungsaktivitäten eignen mögen.
[Juan Martin Koch]

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