Den Bayreuther Festspielen haftet nach wie vor ein etwas elitärer Ruf an. Wagner auf dem Grünen Hügel – das ist nach Ansicht vieler etwas für die älteren Semester. Doch es scheint so, als wolle Festspiel-Chefin Katharina Wagner das jetzt ändern.
Bei den Bayreuther Festspielen zeichnet sich ein Generationenwechsel ab: Der neue Bayreuther „Ring“ wird jung. Der österreichische Regisseur Valentin Schwarz (Jahrgang 1989) wird Richard Wagners vierteiliges Mammutwerk „Der Ring des Nibelungen“ im kommenden Jahr auf dem Grünen Hügel inszenieren.
Am Pult wird der Finne Pietari Inkinen (Jahrgang 1980) stehen, wie Festspiel-Chefin Katharina Wagner am Mittwoch in Bayreuth bekanntgab.
Der Chefdirigent des Deutschen Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern wird die vier Opern „Rheingold“, „Die Walküre“, „Siegfried“ und „Götterdämmerung“ im Festspielhaus dirigieren.
Inkinen hatte bereits 2013 mit einer gefeierten „Ring“-Aufführung in Melbourne auf sich aufmerksam gemacht. Schwarz und sein Bühnenbildner Andrea Cozzi hatten 2017 beim Internationalen Regiewettbewerb „Ring Award“ Graz den Hauptpreis, den Publikumspreis und diverse Sonderpreise gewonnen. Wagner sagte, sie sei vor allem durch die Inszenierung von Mauricio Kagels „Mare Nostrum“ an der Oper Köln auf Schwarz aufmerksam geworden. Die Chefin selbst wird ihren im kommenden Jahr auslaufenden Vertrag wohl verlängern. „Wir sind auf einem guten Weg“, sagte Wagner. „Ich denke, wir werden uns schon verhandlungseinig werden.“
Bei der Sänger-Besetzung bleiben die Festspiele im neuen „Ring“ dagegen bei altbekannten Gesichtern und sehr etablierten Stars.
Günther Groissböck wird den Wotan singen, Stefan Vinke den Loge und Klaus Florian Vogt den Siegmund in der „Walküre“.
Im Vorfeld der Bekanntgabe war über einen „weiblichen Ring“ spekuliert worden. Die Regisseurin Tatjana Gürbaca galt als mögliche Kandidatin. Mit ihr habe es auch Verhandlungen gegeben, sagte Wagner.
Aber ein Vertragsabschluss sei an den Bayreuther Probenzeiten gescheitert, die nicht zur Arbeitsweise der Regisseurin gepasst hätten. „Das hat sich relativ früh schon rausgestellt“, sagte Wagner.
Doch aufgeschoben heißt nicht aufgehoben. Mehr Weiblichkeit auf dem Grünen Hügel bleibt ein Ziel von Festspiel-Leiterin Wagner. Im Jahr
2021 solle dann erstmals in der Festspielgeschichte eine Frau in Bayreuth am Pult stehen, kündigte Wagner an. Sie werde eine Neuinszenierung der Oper „Der Fliegende Holländer“ dirigieren. Um welche Dirigentin es sich handelt, verriet die Festspielchefin nicht. Bis es soweit ist, sind nun erstmal die jungen Herren an der Reihe.
Auch der Regisseur der diesjährigen „Tannhäuser“-Neuproduktion, Tobias Kratzer (39, ebenfalls „Ring-Award“-Preisträger), gehört eher zu den jungen Wilden und gilt im Moment als eines der größten Regie-Talente seiner Generation.
Er wird – das ist ein Novum in der Festspiel-Geschichte – mit seinem „Tannhäuser“ aus dem Festspielhaus hinausgehen. In der ersten Pause singt eine schrille schwarze Dragqueen am Teich im Park des Festspielhauses unter anderem den Soundtrack des Disney-Klassikers „Arielle“. Kratzers Inszenierung beschäftigt sich vor allem mit dem Spannungsfeld zwischen kanonisierter, etablierter Hochkultur und der Avantgarde. Ein Zukunftsthema für die Festspiele – wie auch die Entscheidung für die jungen „Ring“-Verantwortlichen zeigt.