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Eva Reiter mit ICTUS bei MaerzMusik 2015. Foto: Hufner
Eva Reiter mit ICTUS bei MaerzMusik 2015. Foto: Hufner
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MaerzMusik – Festival für Zeitfragen 2017: Decolonizing Time

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Vom 16. bis 26. März veranstalten die Berliner Festspiele in diesem Jahr MaerzMusik – Festival für Zeitfragen. In seiner dritten Ausgabe setzt der künstlerische Leiter Berno Odo Polzer in zehn komponierten Festivalabenden die Beschäftigung mit dem Phänomen Zeit fort. Bei MaerzMusik 2017 werden Arbeiten der Komponist*innen Catherine Christer Hennix, Julius Eastman, Eva Reiter, Jennifer Walshe, Alvin Lucier, Gérard Grisey, Georg Friedrich Haas, Arthur Kampela, Helmut Lachenmann, Liza Lim, Kara Lis-Coverdale, Daniel Moreira, Enno Poppe, Ana Maria Rodriguez, Chiyoko Szlavnics, Chris Watson u.v.a. präsentiert. Zentral sind dabei die Projekte der zum Festival geladenen Ensembles: Ictus Ensemble aus Belgien, Les Percussions de Strasbourg, Ensemble Modern, KNM Berlin sowie Arditti Quartett und Sonar Quartett.

Die Auseinandersetzung mit dem Phänomen Zeit ist dieses Jahr geprägt von politischen Aspekten wie Rassismus, Gender und Kolonisierung und geht Fragen der Normativität künstlerischer Praktiken und klanglicher Immersion nach. Außerdem werden in verschiedenen Formaten Themen wie Story-Telling, Erinnerungskultur, Science Fiction und Mystizismus reflektiert. Die Konzerte, Performances, Installationen, Filmpräsentationen, Diskursveranstaltungen und Ausstellungen bieten dabei einen jeweils spezifischen Zugang zu den unterschiedlichen Fragestellungen.

PRE-OPENING | CATHERINE CHRISTER HENNIX

Das diesjährige Festival startet am 16. März mit einem Pre-Opening und präsentiert eine Rarität: die Neurealisierung von Catherine Christer Hennix' „The Electric Harpsichord“ aus dem Jahr 1976. Dieser Abend im silent green Kulturquartier ist zugleich die Einweihung des Projektraums Kalam-i-Nur, der für sechs Tage der immersiven Klangpraxis der schwedischen Klangkünstlerin, Philosophin und Mathematikerin gewidmet ist.

ERÖFFNUNG MAERZMUSIK 2017

Die Eröffnung im Haus der Berliner Festspiele findet am 17. März mit einem zweiteiligen Abend statt. Der in Vergessenheit geratene amerikanische Komponist, Pianist und Vokalist Julius Eastman (1940–1990) steht im Zentrum des ersten Konzertteils. Zu erleben sind drei seiner Werke für vier Klaviere – eine überfällige Wiederentdeckung. Im zweiten Teil wird der Komponist und Schlagzeuger Uriel Barthélémi die Solo-Performance „The Unbreathing“ für Drum Set, Elektronik und Video mit Texten des ägyptischen Künstlers Hassan Khan und mit Illustrationen nach Bildern von Frantz Fanon von Elise Boual uraufführen.

ENSEMBLEPROJEKTE

Das Brüsseler Ensemble Ictus wird mit der österreichischen Komponistin und Solistin Eva Reiter ihr einstündiges Konzertstück „The Lichtenberg Figures“ realisieren. Graindelavoix, das belgische Gesangsensemble, das eine geradezu archäologische und politische Herangehensweise auszeichnet, interpretiert Werke des unbekannten Komponisten Jean Hanelle (ca. 1380 – ca. 1436). Das Kammerensemble Neue Musik Berlin präsentiert mit Musiker*innen der südindischen Metropole Chennai und dem Komponisten und Sänger Ramesh Vinayakam einen Abend, der sich zwischen oralen und schriftbasierten Kulturen, unterschiedlichen Formen des Lernens, der Tradition und der Moderne bewegt. Das Ensemble Modern beschäftigt sich in seinem aktuellen Projekt mit der faszinierenden Figur des nach Brasilien emigrierten Komponisten, Instrumentenbauers und Künstlers Walter Smetak (1913–1984). Das Schlagwerkensemble Les Percussions de Strasbourg bringt eine der zentralen Arbeiten des französischen Spektralisten Gérard Grisey nach Berlin: „Le Noir de l‘Étoile“ für sechs räumlich verteilte Schlagzeuger, Tonband und Sprecher wird in der Parochialkirche realisiert.

STREICHQUARTETT

Ein weiteres Projekt von MaerzMusik 2017 ist ein Abend mit dem Arditti Quartett und Jennifer Walshe als Performerin, der mit ihrer Arbeit „Everything is important” und Werken von Peter Ablinger und Georg Friedrich Haas die Grenzen der Gattung Streichquartett auslotet. Jennifer Walshe ist außerdem mit ihrer ersten Filmarbeit „An Gléacht“ zu Gast, die live von der irischen Komponistin und Performerin sowie Tomomi Adachi, Chris Heenan und Mario De Vega begleitet wird. In zwei Programmen und einer Diskussionsrunde spürt das Sonar Quartett anlässlich seines 10. Jubiläums dem Begriff „Utopie” nach.

ALVIN LUCIER

Mit Alvin Lucier ist einer der prominenten Vertreter der amerikanischen Avantgarde beim Festival zu Gast. Wichtige Eckpunkte seiner Arbeit werden an vier Abenden präsentiert, darunter die Uraufführung einer neuen Version des Raumstücks „Clocker“ und die Performance „I am sitting in a room“ im 30-Stunden Abschluss-Event „The Long Now“ im Kraftwerk Berlin.

THE LONG NOW

Zum Abschluss von MaerzMusik 2017 lädt das Festival wieder zum Ausnahmezustand ins Kraftwerk Berlin: The Long Now verführt zu 30 Stunden Musik, Live-Performance und Installationen. Mit dabei sind u.a. Alvin Lucier (US), Graindelavoix (BE), Catherine Christer Hennix (SE), Zinc & Copper (DE), William Basinski (US), Chris Watson (UK), Kara Lis-Coverdale (CA) und Keith Fullterton Whitman (US).

STORY TELLING

Story Telling for Earthly Survival ist ein Abend mit Lesungen, Filmpräsentationen und Sound Performances, der sich rund um die hybriden Welten der amerikanischen Denkerin und Feministin Donna Haraway dreht. In ihrer jüngsten Arbeit entfaltet sie angesichts der außer Kontrolle geratenen Umweltzerstörung provokante neue Ideen zu einer Neukonfiguration unseres Verhältnisses zum Planeten Erde.

THINKING TOGETHER

Das Diskurs-Format Thinking Together widmet sich dem Phänomen Zeit in seinen gesellschaftlich-politischen, philosophischen und künstlerischen Dimensionen. Der diesjährige Fokus auf das Thema „Decolonizing Time“ ist eine Einladung, über westlich-zentrierte Zeitregime hinauszudenken. Zu den internationalen Gästen aus den Bereichen Philosophie, Politische Theorie, Kultur- und Sozialwissenschaften zählen Georgina Born, Kodwo Eshun, Jason Bahbak Mohaghegh, Timothy Morton, Chandra Kant Raju und Rolando Vázquez.

AUSSTELLUNGEN / QUERKLANG / MUSIC FUND

Zwei Austellungen begleiten das diesjährige Festival: Das SAVVY Contemporary wird zu einem Dokumentationsraum, der mit unterschiedlichsten Archivmaterialien von der Tonaufnahme bis zu Partituren eine Begegnung mit dem Œuvre von Julius Eastman (1940 – 1990) ermöglicht. In der daadgalerie spiegelt eine Ausstellung das vielseitige Schaffen von Walter Smetak u.a. mit einer Auswahl von seinen neu erfundenen Instrumenten, den „Plásticas Sonoras“.

Die Berliner Festspiele starten mit MaerzMusik einen Aufruf zur Spende von Musikinstrumenten, die dem Projekt Music Fund sowie Berliner Initiativen zugute kommen. Das Projekt QuerKlang wird wieder im Rahmen von MaerzMusik Kollektiv-Kompositionen von Schüler*innen Berlins in zwei Veranstaltungen zur Uraufführung bringen.

SPIELORTE

Neben dem Haus der Berliner Festspiele, dem Kraftwerk Berlin, dem Radialsystem V und der Akademie der Künste am Hanseatenweg sind dieses Jahr zahlreiche neue Veranstaltungsorte mit Konzerten und Ausstellungen dabei: die Kirche Am Hohenzollernplatz, die Parochialkirche, die daadgalerie, SAVVY contemporary und silent green Kulturquartier. 

Weitere Informationen www.berlinerfestspiele.de/maerzmusik

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